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Auch Achtjährige betroffen

Über 700 Millionen Frauen weltweit sind bereits als Kinder verheiratet worden. Diese Zahlen seien in den vergangenen 30 Jahren kaum zurückgegangen, kritisiert das Kinderhilfswerk UNICEF Mitte Juli. Die UNO-Organisation will beim ersten „Girls Summit“ gemeinsam mit Großbritannien die weltweit verbreiteten Zwangsheiraten eindämmen.

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Rund 250 Millionen Mädchen würden sogar vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet, so UNICEF. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) dokumentierte etwa für den Jemen, dass selbst Achtjährige zur Heirat gezwungen werden. Mehr als die Hälfte der jemenitischen Mädchen werden Untersuchungen zufolge unter 18 verheiratet, meist an wesentlich ältere Männer.

Jeder dritte Fall in Indien

Werden Mädchen unter 18 Jahren verheiratet, wird laut UNICEF häufiger die Schule abgebrochen und sie sind mehr häuslicher Gewalt ausgesetzt. „Mädchen sind kein Eigentum“, betonte UNICEF-Geschäftsführer Anthony Lake. „Sie haben das Recht, über ihr Schicksal zu bestimmen.“ Schwangerschaften im Teenageralter führen häufiger zum Tod als bei jungen, volljährigen Frauen. Fast die Hälfte aller zwangsverheirateten Frauen weltweit lebt in Südasien. So entfällt jeder dritte Fall auf Indien. Mit 77 Prozent hat allerdings der afrikanische Staat Niger den höchsten Anteil an Kinderehen. Besonders betroffen sind Mädchen, die in Armut aufwachsen.

Demonstration gegen Zwangsheirat in Baghdad

Reuters/Thaier al-Sudani

Demonstration im März in Bagdad gegen einen von der irakischen Regierung gebilligten Gesetzesentwurf, der die Heirat neunjähriger Mädchen zulässt

Auch unter syrischen Flüchtlingen in Jordanien nahm die Zahl der Früh- und Zwangsverheiratungen drastisch zu, wie ein erst vor wenigen Tagen veröffentlichter Bericht der US-Organisation Save the Children zeigt. Demnach waren vor Beginn des bewaffneten Konflikts in Syrien vor drei Jahren 13 Prozent der Mädchen bei ihrer Heirat jünger als 18 Jahre alt. Diese Zahl stieg auf mittlerweile 32 Prozent. Bei 48 Prozent der Frühehen handelt es sich dem Bericht zufolge um Zwangsehen mit mindestens zehn Jahre älteren Männern.

130 Millionen genitalverstümmelt

Neben den Zwangsheiraten von Kindern geht es bei dem Gipfel in London auch um die Genitalverstümmelung (FGM) von Mädchen. Aktuellen Daten zufolge leben weltweit 130 Millionen Mädchen und Frauen, denen die äußeren Geschlechtsorgane ganz oder teilweise entfernt wurden. Besonders verbreitet ist diese Praxis in 29 Ländern in Afrika und im Nahen Osten.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, beschnitten zu werden, in den vergangenen 30 Jahren um ein Drittel zurückging, ist in Dschibuti, Ägypten, Guinea und Somalia noch fast jedes Mädchen von Genitalverstümmelung etwa durch Messer, Rasierklingen und anderen scharfen Gegenständen betroffen. Aufgrund des Bevölkerungswachstums könne diese Zahl bei gleichbleibenden Rückgangsraten bis 2050 auch noch zunehmen, warnte das Kinderhilfswerk - obwohl sich laut der Organisation der Großteil der Bevölkerung mittlerweile dagegen ausspreche. Der „starke soziale Druck“ führe aber zu „einer Fortsetzung der grausamen Prozedur“. Die Zahl von Genitalverstümmelungen könnte sich demnach um 63 Millionen Fälle erhöhen.

GB: Eltern müssen Töchter schützen

Die Regierungen sind hier gefragt, per Gesetz einzugreifen. „Wir ermuntern die Mitgliedsstaaten, Gesetze zur Abschreckung und Bestrafung zu verabschieden“, forderte Phumzile Mlambo-Ngcuka, Direktorin der UNO-Organisation UN Women, gegenüber BBC. Großbritannien etwa will künftig Ärzte, Lehrer und Sozialarbeiter verpflichten, Verstümmelungen zu melden. Zudem ist ein Gesetz geplant, dass sich Eltern strafbar machen, wenn sie ihre Töchter nicht schützen.

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