Urteil „keine große Überraschung“
Der deutsche Demonstrant Josef S., der am Dienstag im Akademikerball-Prozess unter anderem wegen Landfriedensbruchs zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt worden war, wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Das erklärte sein Anwalt Clemens Lahner gegenüber dem Magazin „Datum“ sowie in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.
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Lahner sowie die zweite Anwältin Kristin Pietrzyk teilten mit, sie würden im Namen ihres Mandanten Rechtsmittel gegen das Urteil anmelden. Josef S. war im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an den Demonstrationen gegen den rechten Akademikerball im Jänner wegen Landfriedensbruchs, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung nicht rechtskräftig zu zwölf Monaten Haft, vier davon unbedingt, verurteilt worden. Zuvor befand er sich knapp sechs Monate in Untersuchungshaft.
„Urteil genau ansehen“
„Wir werden Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung anmelden“, sagte Lahner gegenüber „Datum“. Gefragt, welche Chancen er sich ausrechne, sagte der Anwalt gegenüber dem Magazin, wenn ein Verurteilter innerhalb von drei Tagen nach der Urteilsverkündung ein Rechtsmittel anmelde, müsse das Gericht ein schriftliches Urteil ausfertigen.
„Ab Zustellung des Urteils läuft dann die Frist zur Ausführung des Rechtsmittels. Wir werden uns das schriftliche Urteil genau ansehen und im Rechtsmittel versuchen, die Fehler herauszuarbeiten. Ich bin gespannt, wie das Urteil genau begründet wird.“
„Halte Urteil für falsch“
Das Urteil war für Lahner „keine große Überraschung“: Die Belastung durch einen Polizisten wiege vor Gericht immer schwer, und auch die lange Untersuchungshaft habe schon eine Schuldspruch vermuten lassen.
Er halte das Urteil für falsch, „weil in einem Strafverfahren die Staatsanwaltschaft die Aufgabe hat, zweifelsfrei nachzuweisen, dass ein konkreter Mensch eine konkrete Straftat begangen hat, das hat die Staatsanwaltschaft versucht, aber es ist ihr, meines Erachtens, nicht gelungen“, so Lahner im „Datum“. Gleichzeitig plädierte er dafür, den Paragrafen für Landfriedensbruch zu reformieren, abzuschaffen oder zu ersetzen.
Dass S. während des Prozesses sich der Aussage entschlagen habe, verteidigt Lahner: Das sei ein Recht, das ihm die Europäische Menschenrechtskonvention garantiere. Bei Aussagen wäre seinem Mandanten nur „das Wort im Mund verdreht“ worden, und dessen Aussagen wären als „Schutzbehauptung ausgelegt“ worden. Somit habe man sich auf kurze Statements des Angeklagten zu Beginn und zum Prozessende geeinigt.
Kritik auch von ATTAC
Kritik am Urteil gegen Josef S. kam indes auch von der globalisierungskritischen NGO ATTAC, die sich „schockiert“ zeigte. Das Urteil stehe „in der Tradition von Prozessen wie jenen gegen die Refugees und die TierschützerInnen“. Mit „Gummiparagraphen“ (wie dem Mafiaparagraphen §278 und dem Landfriedensbruch-Paragraphen §274) würden „progressive Bewegungen und nun auch einzelne Personen mit Prozessen überhäuft“, so ATTAC. Besonders „beklemmend“ sei im jüngsten Fall, dass Josef S. „aufgrund eines einzelnen, sich widersprechenden Zeugen verurteilt wurde“.
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