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China kann Bedarf nicht decken

Schwalbennester, Fischmägen und angebrütete Kükenembryos - in China kommt manches auf den Tisch, was in Europa nicht unbedingt als Delikatesse gilt. Dazu gehören auch Kaninchenköpfe, die vor allem in der Provinz Sichuan eine Delikatesse sind. Weil China den Bedarf nicht decken kann, kaufen Importeure immer häufiger bei großen Kaninchenzüchtern in Frankreich und anderen europäischen Ländern.

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„Französische Kaninchenköpfe: das neue Modegericht der chinesischen Küche“, titelte kürzlich das „Wall Street Journal“ („WSJ“, Onlineausgabe). Ganz so neu sei dieser Trend allerdings nicht, sagte Andre Bonnet, der bei Loeul et Piriot, dem größten europäischen Kaninchenbetrieb Frankreichs und Europas, für den Handel zuständig ist. „Tatsächlich liefern wir bereits seit zehn Jahren Kaninchenköpfe über Hongkong nach China“, so Bonnet.

Lukratives Geschäft

Für die Züchter ist das ein durchaus lukratives Geschäft, denn auf dem heimischen Markt können sie diese Art von Restprodukten nur billig an die Tiernahrungsindustrie verkaufen, die daraus Hunde- oder Katzenfutter herstellt. Allein das 1886 gegründete Familienunternehmen Loeul et Piriot im westfranzösischen Städtchen Thouars exportierte im vergangenen Jahr 15 Container mit tiefgekühlten Kaninchenköpfen in Richtung China.

Insgesamt wurden nach Angaben der Zollbehörden aus Frankreich im vergangenen Jahr 74 Tonnen Kaninchenköpfe nach Hongkong ausgeführt - im Jahr davor waren es nur vier Tonnen. Die Einnahmen aus den Hongkong-Exporten stiegen im gleichen Zeitraum von 16.000 auf 71.000 Euro, jene nach China von 168.000 auf 443.000 Euro.

Auch Betriebe in Spanien und Italien profitieren

Es handle sich nur um ein Saisongeschäft, das sich vor allem auf den Frühling konzentriere, relativierte Bonnet. Frankreich sei auch nicht das einzige Land, dem die Vorliebe der Chinesen für Kaninchenköpfe zugutekomme. Auch Züchter in Spanien und Italien, wo ebenfalls viel Kaninchenfleisch gegessen wird, profitierten.

Die Chinesen verzehren bei den Kaninchenköpfen bis auf die Schädelknochen so gut wie alles: „Zuerst den Kiefer aufknacken und den Kopf in zwei Teile teilen“, gab das „WSJ“ die Anleitung einer Bedienung in einem Sichuan-Restaurant wieder. „Dann die Wangen essen, die Zunge und das Kinn. Das ist der einfachste Teil. Der schwierigste Teil ist der Schädel. Am Ende werden die Augen gegessen; das ist eine Herausforderung, denn sie müssen aus den kleinen Knochen um sie herum gelöst werden.“

Schweineohren und Hühnerfüße

Auch andere „essbare Restprodukte“, die von den meisten westlichen Konsumenten verschmäht werden, sind in China beliebte Delikatessen. Dazu gehören etwa Schweineohren und Hühnerfüße, die knusprig gegrillt und mit scharfen Saucen verspeist werden. „Ein Huhn kann gar nicht genug Beine haben, so beliebt sind seine Füße in China“, bestätigte ein Sprecher des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft in Berlin. Zahlen über die Ausfuhren in das asiatische Land habe der Verband allerdings nicht. „Die chinesischen Importeure decken sich direkt bei den großen Züchtern ein - und die reden nicht gerne über ihre Geschäfte.“

Jutta Hartlieb-Braun, AFP

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