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Schwere Unglücke und eigene Fehler

Selbst im schlimmsten Alptraum ist so etwas fast undenkbar: Das südostasiatische Schwellenland Malaysia erlebt in weniger als fünf Monaten gleich zwei Flugzeugkatastrophen mit zusammen mehr als 500 Opfern. Nie zuvor ist eine Airline mit einer Doppeltragödie dieses Ausmaßes konfrontiert gewesen.

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Zwar gibt es bis jetzt keinen Hinweis auf ein Versagen der malaysischen Behörden oder der Fluggesellschaft. Trotzdem bleibt ein beispielloser Imageschaden, und den haben sich Regierung und Airline auch selbst zuzuschreiben.

Unabhängig von Schuld und Verantwortung sind die Katastrophen für die Fluggesellschaft der Super-GAU. Die staatliche Airline ist seit drei Jahren in den roten Zahlen, bedrängt von der erfolgreichen heimischen Billigkonkurrenz Air Asia. Die Kunden laufen davon, erst recht seit dem Verschwinden von MH370. Die Aktien sind seit Monaten im Sinkflug, am Freitag stürzten sie weiter ab. Das Unternehmen machte im ersten Quartal einen Verlust von umgerechnet 102 Mio. Euro - fast doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Beileidsschreiben der Malaysian Airlines auf einem Monitor im Flughafen

APA/EPA/Ahmad Yusni

In Kuala Lumpur ruft die Airline die Menschen dazu auf, für die Opfer von MH17 zu beten

„Kann eine Marke so etwas überstehen?“

Der staatliche malaysische Vermögensfonds Khazanah Nasional Berhad, mit 69 Prozent größter Aktionär, hat schon vor der jüngsten Katastrophe massive Restrukturierung angemahnt.

„Selbst wenn es reiner Zufall ist: Keine Fluggesellschaft hat je innerhalb von ein paar Monaten zwei große Maschinen verloren“, zitiert die BBC den Analysten der MAS-Bank DVB, Bertrand Grabowski. „Man muss sich fragen, ob eine Marke so etwas überstehen kann“, sagt Maybank-Analyst Mohshin Aziz der BBC. Air-Berlin-Großaktionär Etihad hat Spekulationen über eine Beteiligung an Malaysia Airlines mehrfach zurückgewiesen.

Bei Kommunikation versagt

Der PR-Berater Anthony McClellan sagte im März nach dem Verschwinden der Malaysia-Airlines-Boeing MH370 beispielsweise zur Kommunikation der Fluglinie damals: „Das war das schlimmste Beispiel von Krisenkommunikation, das ich je gesehen habe.“ US-Medienberater Gerard Braud nutzt die verheerende Öffentlichkeitsarbeit beim Training für Krisenmanager heute als abschreckendes Beispiel.

Nach dem mysteriösen Verschwinden von MH370 wirkten Airlinevertreter und Minister konfus, uninformiert und ständig in der Defensive. Sie liefen Medieninformationen hinterher, korrigierten Angaben mehrfach, ließen sich in Spekulationen verwickeln und widersprachen sich. „Wir hatten die Kommunikation anfangs nicht im Griff, aber wir haben uns zusammengerauft“, räumte Ministerpräsident Najib Razak später in einem CNN-Interview ein.

Mann unterschreibt auf Gedenkwand für Flug MH370

APA/EPA/Azhar Rahim

Bei dem am 8. März verschwundenen Flug MH370 drückten Tausende Menschen in den folgenden Tagen ihre Hoffnung aus, dass die Maschine, Passagiere und Besatzung gefunden werden - doch vergeblich

Anders als bei MH370

Nach dem Absturz von MH17 in der Ukraine läuft die Kommunikation besser. Aber dieses Mal ist Malaysia auch vereint mit der Welt im Abscheu gegenüber den Verantwortlichen. Bei MH370 stand die Airline selbst am Pranger. Die Boeing verschwand am 8. März auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking. Erst Tage später wurde klar, dass die Maschine wahrscheinlich Stunden später im Indischen Ozean abgestürzt war. Vom Wrack fehlt bis heute jede Spur. Es ist auch nach wie vor unklar, ob das Flugzeug einen Defekt hatte, das malaysische Militär involviert war oder die Piloten die Maschine ins Verderben lenkten.

Weitreichendes Stornoangebot

Die Fluglinie will nun offenbar mit Großzügigkeit versuchen, das schwer erschütterte Vertrauen ihrer Kunden zu erhalten oder zurückzugewinnen: Am Sonntag räumte Malaysia Airlines den Kunden weitreichende Umbuchungs- und Stornierungsmöglichkeiten ein - und zwar für alle Destinationen. Außerdem wird die Flugnummer MH17 „aus Respekt“ vor der Crew und den Passagieren zurückgezogen. Die täglichen Flüge von Amsterdam nach Kuala Lumpur würden von nun an unter der Flugnummer MH19 laufen, erklärte die Airline.

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