Ein Griesgram zum Lachen
Er war grimmig, tollpatschig und pedantisch, Eigenschaften, die eher zur Weißglut bringen statt zum Lachen - doch Louis de Funes war in seinen Rollen als tyrannischer Familienvater, bösartiger Restaurantkritiker und rassistischer Fabrikchef zu komisch. Alle seine Versuche, die Welt nach seinen Vorstellungen zu ordnen, endeten im Chaos und machten den vor genau 100 Jahren geborenen Franzosen zum Superstar.
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Als Gendarm von Saint-Tropez, der Nudisten jagt, als tanzender Rabbi Jacob oder beflissener Kommissar Juve, der vergeblich „Fantomas“ verfolgt, strapazierte Frankreichs Starkomiker die Lachmuskeln des Kinopublikums. Das Geheimnis seines Erfolgs lag in seiner außergewöhnlichen Fähigkeit, in Sekundenschnelle die Mimik zu ändern, und in Rollen zu schlüpfen, die ständig wechselten. Rollen, in denen er jedoch immer am Brummen und Schimpfen war - gleich ob als Schuldirektor in „Balduin der Ferienschreck“ oder als Familienoberhaupt in „Oskar“.
Mit Grimassen und Wutanfällen zum Erfolg
Während die meisten Figuren internationaler Komiker liebenswert schwach sind und das Publikum vor allem dadurch zum Lachen bringen, dass sie an ihrer Schwäche wieder und wieder scheitern, spielte De Funes stets starke und dominante Figuren. Doch gerade das machte ihn zum unverwechselbaren Original.
Er hatte nicht die subtile Gesellschaftskritik eines Jacques Tati, die Schlitzohrigkeit eines Fernandel oder die freundliche Naivität von Bourvil. Stattdessen war er ein Energiebündel par excellence, nie stand er still, und der nächste Wutanfall - begleitet von seinen legendären Grimassen - ließ selten lange auf sich warten.

AP/Eustachie Cardenas
„Die dummen Streiche der Reichen“ („La folie des grandeurs“, 1971) zählt in Frankreich zu den beliebtesten Filmen von Louis de Funes
Der im Pariser Vorort Courbevoie geborene Sohn eines emigrierten spanischen Adligen und bankrotten Diamantenhändlers hatte eine lange Durststrecke hinter sich, bevor er zum Star und internationalen Kassenschlager wurde. Nach der Schule begann er eine Ausbildung zum Fotografen und verdiente sein Geld unter anderem als Zeichner, Dekorateur, Buchhalter und Jazzpianist.
Vom „Schauspieler vierter Kategorie“ zum Superstar
Ab 1941 nahm er Schauspielunterricht, unter anderem im Cours Simon, einer renommierten Ausbildungsstätte für Komödianten. Lange spielte er Nebenrollen und war, wie er selber sagte, nur „ein Schauspieler vierter Kategorie“ gewesen. Erst als er 1963 den diensteifrigen und cholerischen Polizisten in der Komödie „Der Gendarm von St. Tropez“ darstellte, gelang ihm der Durchbruch.
Nach dem Tod der Leinwandhumoristen Bourvil im Jahr 1970 und Fernandel 1971 hielt De Funes lange allein die Fahne des französischen Filmlustspiels hoch und wirkte in rund 100 Streifen mit. Zu seinen größten Erfolgen als wichtigtuerischer und zänkischer Typ gehören „Balduin der Sonntagsfahrer“, „Die dummen Streiche der Reichen“, „Hasch mich, ich bin der Mörder“ und „Die Abenteuer des Rabbi Jacob“. Auf der Bühne feierte er 1974 Triumphe in der Jean-Anouilh-Komödie „Der Walzer des Toreros“.
Mitte der 1960er Jahre wuchs De Funes’ Fangemeinde auch im europäischen Ausland an. Nicht zuletzt dank seines langjährigen Synchronsprechers Gerd Martienzen (der unter anderen auch Frank Sinatra seine Stimme lieh) war De Funes bald auch im deutschsprachigen Raum sehr beliebt.
Rosenzüchter und fürsorglicher Familienvater
Der nur 1,60 Meter große De Funes war in zweiter Ehe mit einer Großnichte des französischen Schriftstellers Guy de Maupassant verheiratet und hatte das Loire-Schloss Chateau de Clermont in Cellier bei Nantes von der Familie seiner zweiten Frau erworben. Dort züchtete er Rosen und machte seinen Park zu einem Vogelschutzgebiet.

Corbis/Sunset Boulevard
Louis de Funes ungewohnt heiter, 1977 in einer französischen Fernsehshow
Zeit seines Lebens hielt er sich über sein Privatleben eher bedeckt, doch nicht zuletzt durch Interviews mit seinen Söhnen Patrick und Olivier weiß man heute, dass sich hinter dem zappeligen Giftzwerg ein zurückgezogener, ordnungsliebender Mensch und fürsorglicher Vater verbarg.
Im ständigen Kampf mit den Widrigkeiten des Alltags
Sein ganzes Image sei neu zu schreiben, so Patrick de Funes vor einigen Jahren. Und doch habe sein Vater mit seinen Leinwand-Alter-Egos einiges gemeinsam gehabt: „Er konnte sich furchtbar aufregen über die Widrigkeiten des Alltags! Zum Beispiel, wenn er meiner Mutter ein elektrisches Schneidemesser oder einen Mixer gekauft hatte. Während der Lektüre der Bedienungsanleitung schimpfte er, und zwar stundenlang: ‚Was sind das alles für Idioten! Das versteht ja kein Mensch!‘“
Obwohl seine Figuren ständig auch am Nörgeln und Meckern waren, eroberten sie die Herzen des Publikums. „Ich mag diese miesen Typen“, sagte der glatzköpfige Komiker mit der Hakennase und den buschigen Augenbrauen einst und fügte hinzu: „Ganz mies und doch ganz liebenswert.“ De Funes starb am 27. Jänner 1983 im Alter von 68 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. In der Orangerie seines Schlosses ist seit heuer ein Museum zur Würdigung des Komikers untergebracht.
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