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Gespräche festgefahren

Zu einer „Bestandsaufnahme“ der stockenden Verhandlungen der Atomgespräche mit dem Iran hat EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton für Sonntag nach Wien geladen. US-Außenminister John Kerry ist bereits in der Nacht auf Sonntag in Wien gelandet. Gegen Mittag folgten zudem Kerrys Amtskollegen aus Deutschland und Frankreich.

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„Wir haben immer noch erhebliche Differenzen“, sagte Kerry vor einem Treffen mit Ashton. Es gehe nun darum zu sondieren, ob in den verbleibenden Tagen bis zum 20. Juli entscheidende Fortschritte in den Gesprächen mit dem Iran gemacht werden könnten. Zuletzt hieß es zwar, dass bei den Gesprächen in mehr als 60 Prozent Fortschritte beim Entwurf für ein endgültiges Abkommen erzielt worden seien. Laut den Worten des Vizechefs des iranischen Verhandlerteams, Abbas Araktschi, gebe es in Schlüsselfragen aber keine Annäherung, so Araktschi am Samstag nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur FARS.

Der iranische Vizeaußenminister äußerte die Hoffnung, dass durch die Teilnahme der Außenminister an den Verhandlungen zwischen den UNO-Vetomächten plus Deutschland (5+1-Gruppe) und dem Iran eine Verständigung über die offenen Hauptpunkte erreicht werden könne. Der Iran sei entschlossen, die Verhandlungen fortzusetzen, werde aber auf seinen atomaren Rechten bestehen, betonte Araktschi. „Wir werden nicht von unseren Positionen abweichen“, sagte er.

„Kritische Phase“

Bei den Gesprächen am Sonntag soll zuerst bei einem Mittagessen mit allen Verhandlungspartnern der Status quo ermittelt werden, danach soll vermittelt werden. Ashtons Sprecher Michael Mann sprach in diesem Zusammenhang gegenüber der APA von Inventur. Es werde bei den Beratungen nicht darum gehen, eine Verlängerung der Frist auszuhandeln, sagte ein hoher US-Regierungsbeamter am Samstagabend.

Kerry werde vielmehr sehr genau sondieren, ob in der verbleibenden Woche eine Einigung möglich sei. „Wir sind ganz klar in einer kritischen Phase.“ Sollte es bis 20. Juli keine Einigung geben, müssten alle Optionen geprüft werden. Ein anderer US-Vertreter betonte, dass die Verhandlungspartner des Iran in diesen Fragen eine gemeinsame Position vertreten würden, auch wenn es unterschiedliche nationale Standpunkte gebe.

China und Russland werden an den Gesprächen auf Ebene der Vizeaußenminister oder ranghohen Diplomaten teilnehmen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow weilt mit seinem Chef, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, in Südamerika und könnte bei Bedarf im Laufe der nächsten Woche ebenso wie sein chinesischer Kollege Wang Yi nachfliegen.

Westen fürchtet iranische Atombomben

Das schwierigste Kapitel dürfte am Sonntag weiter die Frage sein, wie weit der Iran seine Kapazitäten zur Urananreicherung ausbauen darf. Der Westen will Teheran nur eine geringe Zahl von Gaszentrifugen zur Anreicherung von spaltbarem Uran-235 zugestehen. Der Westen befürchtet, dass das Material genutzt werden könnte, um daraus atomwaffenfähiges Material herzustellen.

Erst bei absolut friedlicher Nutzung sollen im Gegenzug die bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Teheran stufenweise reduziert werden. So alles gut läuft, könnten die Minister in einer Woche erneut nach Wien reisen, um ein finales Abkommen zu unterzeichnen. Von diesem „Idealszenario“ sei man derzeit aber noch „weit entfernt“, hieß es aus Verhandlerkreisen gegenüber der APA.

Naher Osten und Irak als weitere Themen

Bei dem Treffen wird es aber auch um andere internationale Streitfragen gehen. So werden Kerry und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif wohl über die Lage im Irak sprechen, wo Washington und Teheran in der radikalsunnitischen Terrorgruppe Islamischer Staat (IS, früher ISIS) einen gemeinsamen Feind haben. Laut dem britischen Außenminister William Hague wollen die vier westlichen Spitzendiplomaten auch die Lage im Nahen Osten erörtern. Man werde dabei sehr deutlich die Rolle des Iran als Waffenlieferant der Hamas ansprechen, so ein US-Beamter.

Belastet Spionageaffäre die Gespräche?

Spannend dürfte es beim Zusammentreffen zwischen dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem US-Kollegen Kerry werden. Im deutsch-amerikanischen Spionagestreit werden fast täglich neue Details bekannt, die Stimmung zwischen Deutschland und den USA ist in den letzten Tagen deutlich abgekühlt. Nach den jüngsten Berichten, wonach die US-Botschaft in Wien ein Angelpunkt für die Spionageaktivitäten der Amerikaner in Deutschland sein könnte, könnte sich auch Österreich in die Gespräche einmischen. Das heimische Außenministerium hat bereits angekündigt, den Berichten nachgehen zu wollen.

Inwieweit die Spionagevorwürfe rund um die USA die Beziehungen mit Deutschland und den anderen Ländern belasten, wird sich zeigen. Am Freitag noch hatte Steinmeier erklärt: „Wir wollen unsere Partnerschaft, unsere Freundschaft auf ehrlicher Grundlage neu beleben.“ Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am Samstag allerdings, zwischen den beiden Staaten gebe es „grundsätzlich unterschiedliche Ansichten“ zur Arbeit der Nachrichtendienste. Die USA reagierten verstimmt auf die Kritik: Meinungsverschiedenheiten müssten in vertraulichen Runden diskutiert werden und nicht über die Medien, hieß es.

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