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Für USA weiter bloß „Medienberichte“

Die US-Regierung hat verstimmt auf die öffentliche Ausreiseaufforderung an den CIA-Chef in Deutschland reagiert. „Differenzen“ im Bereich der Geheimdienste sollten über „bewährte interne Kanäle“ und nicht über die Medien beigelegt werden, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, am Freitag.

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Außerdem deutete er an, dass Washington die deutsche Reaktion auf die Spionagevorwürfe für überzogen hält. „Verbündete mit hochentwickelten Geheimdiensten wie die USA und Deutschland haben eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was diese nachrichtendienstliche Zusammenarbeit und die Aktivitäten beinhalten“, sagte Earnest.

Zu der mutmaßlichen Spionage selbst nahm das Weiße Haus erneut keine Stellung. Auch die von der Bundesregierung offiziell verkündete Aufforderung an den obersten Vertreter der US-Geheimdienste zur Ausreise wollte Earnest weiterhin nicht bestätigen. „Ich habe diese Medienberichte gesehen“, sagte der Sprecher lediglich. Die US-Regierung beantworte aber grundsätzlich keine Fragen zu Mitarbeitern des Auslandsgeheimdienstes CIA.

„Respektieren Wünsche“

Allerdings erklärte Earnest indirekt, dass der Topgeheimdienstler wohl aus Deutschland abgezogen werde. Washington respektiere die „Wünsche“ der deutschen Regierung bei der Akkreditierung von Diplomaten, sagte er.

Der sogenannte Legal Resident ist an der US-Botschaft in Berlin angesiedelt und für die Kontaktpflege zu den deutschen Geheimdiensten zuständig. Nach Informationen der „Washington Post“ handelt es sich bei dem Mann um einen altgedienten Agenten, der unter anderem in der Europaabteilung im CIA-Hauptquartier eingesetzt war und auch Deutsch spricht. Laut „New York Times“ war er seit rund einem Jahr auf dem Posten in Berlin.

Kooperation geht weiter

Earnest betonte, dass die Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder und der Austausch von Informationen weitergehe. Die „starke und dauerhafte“ Sicherheitspartnerschaft zwischen Deutschland und den USA werde „trotz der berichteten Differenzen“ fortgesetzt. Ranghohe Vertreter der jeweiligen Dienste stünden in „regelmäßigem“ Kontakt. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass das Kanzleramt eine Weisung an die deutschen Geheimdienste erlassen habe, die Zusammenarbeit mit US-Partnerdiensten bis auf Weiteres auf das Notwendigste zu beschränken.

„Gekünstelte Empörung“

Zugleich gab es in US-Medien am Freitag erstmals scharfe Kritik an den Reaktionen in Berlin. In einem Kommentar in der Zeitung „Wall Street Journal“ war von „gekünstelter Empörung“ die Rede. Deutschland wisse, dass auch befreundete Staaten einander ausspionieren. Deutschland habe etwa zu Russland und dem Iran engere Beziehungen als die meisten anderen westlichen Länder. „Die USA müssen diese Beziehungen verstehen, und dazu braucht es Geheimdienste. Die USA würden unverantwortlich handeln, wenn sie deutsche Regierungsbeamte nicht aushorchten.“

Verbindung zwischen Spionageaffären

Unterdessen berichten deutsche Medien, dass es zwischen den Spionageverdachtsfällen im deutschen Verteidigungsministerium und beim Bundesnachrichtendienst (BND) einen neuen Zusammenhang gibt. Eine Anfrage des Verfassungsschutzes zum betroffenen Mitarbeiter des Ministeriums in Berlin sei ausgerechnet bei dem später festgenommenen BND-Mann gelandet, berichteten mehrere Medien am Freitag.

Der Verfassungsschutz hatte dem Bericht zufolge den Verdacht, dass der Ministeriumsmitarbeiter für Russland spionieren könnte. Das habe sich aber offenbar später als falsch erwiesen. Der Mann, der beim Auslandsgeheimdienst in der Poststelle arbeitete, habe jedoch die Anfrage dem russischen Generalkonsulat in München geschickt - mutmaßlich, um zu zeigen, welches Geheimmaterial er beschaffen könne, berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ sowie der Norddeutsche und der Westdeutsche Rundfunk. Beide Männer stehen im Verdacht, für die USA spioniert zu haben.

Scharfe Töne gegen die USA

Mit scharfen Worten in Richtung USA setzten deutsche Regierungsmitglieder am Freitag nach der - zwischen engen Alliierten höchst ungewöhnlichen - Ausweisung des höchsten US-Geheimdienstvertreters aus Deutschland noch nach. „Irgendwann muss auch mal gut sein“, sagte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) auch mit Blick auf die Spähaffäre um die massenhafte Sammlung von Daten unbescholtener Bürger. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nannte die amerikanische Geheimdienstpolitik ein „Förderprogramm für den Antiamerikanismus in Europa“. Die Spionageaffäre sei „nicht nur Dummheit, sondern auch ein schwerer Vertrauensbruch“, sagte Oppermann.

Linken-Chefin Katja Kipping reicht die Ausweisung dagegen nicht. Sie forderte gegenüber der „Berliner Zeitung“ spätestens zum Ende der Sommerpause die Vorlage eines abgestimmten Aktionsplans gegen US-Spionage.

Steinmeier trifft Kerry in Wien

Zugleich laufen hinter den Kulissen bereits Bemühungen, die hohen Wogen diplomatisch zu glätten: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kündigte an, mit seinem US-Kollegen John Kerry über die Affäre zu sprechen. Treffen wollen sich die beiden am Rande der Iran-Gespräche am Sonntag in Wien.

Vor dem Gespräch mit seinem US-Kollegen Kerry forderte Steinmeier einen Neustart in den transatlantischen Beziehungen. „Ohne Vertrauen und gegenseitigen Respekt geht es nicht“, so der SPD-Politiker gegenüber der „Welt am Sonntag“. Beides lasse sich leicht verspielen und nur langsam wiedergewinnen.

Er setze darauf, dass in den anstehenden Gesprächen „alle Verantwortlichen bereit sind, dabei mitzumachen, und die transatlantische Freundschaft zwischen Deutschland und den USA ehrlich neu beleben“. Die deutsche Regierung erwarte dabei von Washington „einen tatkräftigen Beitrag“.

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