Hunderte Milliarden stehen auf dem Spiel
Die USA und Russland feilen seit Jahren an hochmodernen Kampfflugzeugen. Doch sowohl bei der Lockheed Martin F-35 („Joint Strike Fighter“) als auch bei der Suchoi T-50 gibt es immer wieder Probleme. Die Zeit bis zur Auslieferung wird immer länger, die Entwicklung immer teurer. Dennoch pumpen die Supermächte - aus einer ganzen Reihe von Gründen - astronomische Summen in die Projekte.
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In den USA hatte das Pentagon erst Anfang des Monats eine Hiobsbotschaft zu verkünden und einen PR-Gau zu verdauen. Nachdem Ende Juni auf der Eglin Air Base in Florida eine F-35 in Brand geraten war, wurde ein Startverbot für die gesamte Flotte verhängt. Der Befehl hätte wohl „zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können“, analysierte das US-Magazin „Foreign Policy“ („FP“). Schließlich hätte die F-35 gerade ihren großen Auftritt haben sollen, etwa bei einem Überflug über den neuen Flugzeugträger der britischen Royal Navy, die „HMS Queen Elizabeth“, am 4. Juli. Daraus wurde nichts.

Reuters/US Air Force
Eine F-35A Lightning II beim Start zu einem Trainingsflug auf der Eglin Airbase in Florida (2012), wo zuletzt eine Maschine in Brand geriet
In Russland sieht es nicht viel besser aus. Eine Suchoi T-50, der erste Kampfjet der fünften Generation und die erste Neuentwicklung ihrer Art nach dem Ende der Sowjetunion überhaupt, war knapp zwei Wochen vor dem Vorfall in Florida während des Anflugs auf den Moskauer Flughafen Gromow in Brand geraten. Über die F-35 urteilte die „FP“, das „teuerste Flugzeug der amerikanischen Geschichte“ sei faktisch „zu gefährlich, um geflogen zu werden“. Außerdem steige der Stückpreis immer weiter - auf mittlerweile rund 112 Mio. Dollar (rund 82 Mio. Euro).
Ein politischer und wirtschaftlicher „Moloch“
An dem Projekt, das mittlerweile zu einem „Moloch, der jedem Sturm widersteht“, geworden sei, werde nicht gerüttelt - aus mehrerlei Gründen. Da wären einmal die Unsummen von Geld, die auf dem Spiel stünden: Laut „FP“ steckt das Pentagon „grob 399 Mrd. Dollar“ (rund 293 Mrd. Euro) in Entwicklung und Kauf von 2.443 der Jets. Die Erhaltungskosten würden sich über den Lebenszyklus hin auf über einer Billion Dollar summieren.
Außerdem haben sich die Projektbetreiber aus Wirtschaft und Politik offenbar sehr gut vernetzt. „Lockheed hat sorgfältig in fast allen Stadien Zulieferer und Subunternehmer engagiert, um sicherzugehen, dass nahezu alle Senatoren und Mitglieder des Kongresses ein Interesse daran haben, dass das Programm - samt den Arbeitsplätzen, die daran hängen - am Leben erhalten wird“, schrieb die „FP“. Zulieferer und Subunternehmer verteilten sich auf „zumindest 45“ US-Bundesstaaten. Folglich gebe es auch keine Zweifel daran, dass weiter Geld in das Programm fließt, „obwohl die gesamte Flotte binnen 17 Monaten zum dritten Mal auf dem Boden bleiben muss“. Die Regierung in Washington wolle sogar mehr Jets ankaufen, als das Verteidigungsministerium beantragt hatte.
Rückschläge nagen an Marktpotenzial
Bei der F-35 geht es nicht nur für die US-Regierung, sondern auch für den Hersteller Lockheed Martin um sehr viel. Es müssten möglichst viele Jets ins Ausland verkauft werden, um den Stückpreis nicht noch weiter in die Höhe schnellen zu lassen. Es gibt tatsächlich eine lange Liste von Interessenten, darunter etwa Großbritannien, die Niederlande, Australien, die Türkei und Südkorea. Allein in Italien könnten die Pläne, für 14 Mrd. Euro F-35 anzuschaffen, am Sparkurs der Regierung nach der Staatsschuldenkrise wackeln. Doch vorerst sieht es trüb aus, weil auch renommierte und „hoch profitable“ Flugzeugmessen für den US-Jet vorerst ausfallen, etwa die Royal International Air Tattoo and the Farnborough International Airshow (Air Tattoo) in Großbritannien.
Russland rechnet sich gute Chancen aus
Die F-35 wird in den USA nicht nur für die Marineinfanterie (Marines), sondern auch die Kriegsmarine (Navy) und die Luftwaffe (Air Force), also für drei der fünf Teilstreitkräfte (dazu gehören außerdem noch die Armee und die Küstenwache (Coast Guard), Anm.) des US-Militärs gebaut. Die Ausführungen sind - bis auf die Triebwerke - unterschiedlich hinsichtlich Startfähigkeit (Kurzstart, Senkrechtlandekapazität) und Bewaffnung. Alle Typen sind Tarnkappenflugzeuge - genau wie die russische Suchoi.

Reuters/Maxim Shemetov
Eine Suchoi T-50 während eines Landemanövers auf dem Internationalen Luft- und Raumfahrtsalon (MAKS) in Schukowski nahe Moskau im August 2013
Die war eigentlich als Gegenpart zur Lockheed Martin F-22 („Raptor“) gedacht. Nachdem diese aber seit 2011 nicht mehr gebaut wird und ein US-Exportverbot dafür besteht, rechnet sich Russland mit seinem modernen Tarnkappenjagdflugzeug international sehr gute Marktchancen aus. Die Entwicklung erfolgt gemeinsam mit Indien. In Russland selbst steht der Jet im Mittelpunkt der Modernisierung der Streitkräfte und soll 2016 im regulären Flugbetrieb stehen.
„Bellen lauter als Beißen“
In den USA erhielt die F-35 schon einmal Startverbot, nachdem bei einer Routineinspektion auf der Luftwaffenbasis Edwards (Kalifornien) Risse in einem Triebwerkbauteil entdeckt worden waren. Zuvor hatten Probleme mit den Reifen und ein Ölleck, das zu einer Notlandung führte, für Rückschläge gesorgt. Die sorgten auch immer wieder für innenpolitische Debatten in Washington. Ein prominenter Kritiker des F-35-Programms sei etwa der republikanische Senator John McCain, seinerzeit im Wahlkampf 2008 Präsident Barack Obama unterlegen. McCain, Vietnam-Veteran und seinerzeit selbst Jagdbomberpilot, sei „berühmt für seine Tiraden“ gegen den Jet.
Aber bisher sei stets „auch sein rhetorisches Bellen“ lauter gewesen „als sein parlamentarisches Beißen“, wenn es um den jährlichen Beschluss des Verteidigungsbudgets gehe, so die „FT“. Egal, wie viel Geld Washington noch in das Milliardengrab schaufeln muss, irgendwann werde „das Flugzeug ins Nichts“ in die Luft gehen, war sich das US-Magazin sicher und zitierte dazu den Militärexperten und früheren Sicherheitsberater des US-Senats, Winslow T. Wheeler: „Die politische Panzerung der F-35 ist so dick wie die Schädel der Menschen, die das Flugzeug und seinen Anschaffungsplan entwickelt haben.“
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