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Bereits Millionen von Tieren verendet

Erstmals im Mai letzten Jahres im Bundesstaat Indiana nachgewiesen, breitet sich eine Viruserkrankung, an der Schweine binnen Tagen verenden, rasant in den ganzen USA aus. Der Preis für Schweinefleisch steigt, aber für die betroffenen Farmer wird die Seuche vielfach zur Existenzfrage.

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Auslöser der Krankheit Epidemische Virusdiarrhö (EVD) ist das „Porcine Epidemic Diarrhea Virus“ (PED oder PEDV) der Schweine aus der Familie der Coronaviren, die bei Menschen und Tieren für unterschiedliche Symptome verantwortlich sind: von leichten Erkältungen bis eben zu schweren Durchfallerkrankungen bei Schweinen. Ferkel verenden - dehydriert und geschwächt - oft binnen weniger Tage.

Wie viele Schweine der Epidemie in den USA in den letzten 14 Monaten zum Opfer gefallen sind, ist nicht bekannt. Das US-Landwirtschaftsministerium erließ erst Anfang Juni eine Meldepflicht. Schätzungen gehen von bis zu acht Millionen aus - was einem Zehntel der gesamten US-Bestände entsprechen würde. Veterinärexperten gehen davon aus, dass es in den nächsten zwölf Monaten noch einmal bis zu 2,5 Millionen Tiere sein werden - trotz eines neuen Impfstoffs.

Angst vor neuer Welle im Herbst

Der Impfstoff, entwickelt von der Pharmafirma Harrisvaccines aus Iowa, wurde erst im Juni vom US-Landwirtschaftsministerium genehmigt. Ob man damit demnächst wirklich „über den Berg“ ist, wie US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack zuletzt hoffte, steht in den Sternen. Grund sei, dass sich das Virus besonders in der feuchten und kühlen Jahreszeit stark ausbreite, wie auch der Marketingchef von Harrisvaccines, Joel Harris, Mitte Juni gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Die Pharmafirma stellt vor allem Impfstoffe für Schweine und Rinder her.

„Die Epidemie da draußen ist noch groß genug und sie wird im Herbst mit aller Macht zurückkehren“, sagte Eric Neumann, ein Veterinärexperte, der die Ausbreitung der Seuche erforscht. Für Menschen ist das Virus keine Gefahr. Dennoch haben mehrere Länder, darunter Großabnehmer wie China und Russland, Einfuhrverbote für US-Schweinefleisch erlassen. Das Virus war ursprünglich erstmals in Europa nachgewiesen worden, breitete sich dann aber vor allem in Asien stark aus. Es führt bei den Tieren zu starkem Durchfall und Erbrechen.

Impfstoff noch „eine Blackbox“

Dale Polson, Veterinärexperte beim Pharmahersteller Boehringer Ingelheim, zeigte sich nach der Zulassung des Serums „vorsichtig optimistisch“. Ein solches könne die Immunität der Herden stärken, inwieweit es tatsächlich die Epidemie stoppen kann, sei „ein bisschen eine Blackbox“. Einige Herden erkrankten mehrfach an der Virusinfektion. Die aus europäischer Sicht oft riesigen Mast- und Schlachtbetriebe produzierten laut „Süddeutscher Zeitung“ („SZ“) 2012 noch rund 2,3 Mio. Tonnen Schweinefleisch für den Export - im Wert von 6,3 Mrd. Dollar (rund 4,6 Mrd. Euro). 2013 seien die Exporterlöse um etwa 300 Mio. Dollar zurückgegangen.

Die Preise stiegen dagegen kräftig und dürften es weiter tun, laut „SZ“ von derzeit 4,10 auf 4,64 Dollar pro amerikanisches Pfund (0,454 Kilogramm) bis Jahresende. Der Future (Terminkontrakt) auf Schweinefleisch („Lean Hog“) an der Chicago Mercantile Exchange (CME) für August stieg seit April von 1,15 auf fast 1,32 Dollar pro Pfund - also um fast 15 Prozent. Ein Kilogramm Bacon, die allgegenwärtige US-Speckvariante, kostet laut „SZ“ inzwischen sechs Dollar pro Pfund, um einen Dollar mehr als noch vor einem Jahr.

Wohin mit den Kadavern?

Wegen der Epidemie überlege die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bereits, ob der Preissprung bei Schweinefleisch für die Feststellung der Inflationsrate relevant sei. Die Lebensmittelpreise würden in diesem Jahr in den USA um 2,5 bis 3,5 Prozent steigen, wobei die allgemeine Teuerungsrate unter zwei Prozent liegt. Zum Vergleich: 2013 waren es in Österreich 2,0 Prozent. Allerdings zögere die Fed „noch bei der Anpassung der Messung“, schließlich sei der Preisanstieg „vor allem an verzerrenden Faktoren“ wie PEDV, dazu noch einer Dürre, die den Rinderzüchtern zusetzte, gelegen und „nicht an steigender Nachfrage und Wirtschaftskraft“.

Auch die Hunderttausenden Kadaver seien mittlerweile ein riesiges Problem geworden, berichtete die „SZ“ unter Berufung auf die Umweltschutzorganisation Waterkeeper Alliance. Sie forderte die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die toten Tiere - unter Aufsicht - sachgerecht entsorgt werden. Die Umweltschützer hegen offenbar den Verdacht, dass ein großer Teil der toten Tiere aus Kostengründen irgendwo verschwindet. Das Vergraben der Kadaver in großer Zahl könne außerdem zu einem ernsten Problem für die Grundwasserversorgung werden.

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