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Agent lieferte einmal pro Woche

Der am Mittwoch verhaftete Mitarbeiter des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) hat nach Informationen der „Bild am Sonntag“ für den US-Geheimdienst CIA gearbeitet. Bis vor wenigen Tagen soll er geheime Dokumente zum NSA-Untersuchungsausschuss an die Amerikaner geliefert haben, berichtet die Zeitung in einer Vorabmeldung.

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Die US-Behörden hätten den 31-jährigen BND-Mitarbeiter offenbar genau gesteuert, hieß es in dem Bericht weiter. Sein letzter Auftrag habe darin bestanden, Informationen aus dem NSA-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages zu besorgen. Drehscheibe für den Informationstransfer in die USA soll Österreich gewesen sein.

Spion bot selbst seine Dienste an

Der Agent habe einmal pro Woche geheime Dokumente an die USA geschickt. Von den insgesamt 218 gelieferten Dokumenten hätten die letzten beiden Sendungen den NSA-Ausschuss betroffen. Dabei handelte es sich dem Bericht zufolge um interne Zusammenstellungen des BND für den Untersuchungsausschuss.

Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“, Sonntag-Ausgabe) berichtete, arbeitete der Mann im Stab der Abteilung Einsatzgebiete/Auslandsbeziehungen (EA), wo er für die technische Unterstützung zuständig gewesen sei. Zu seinen Aufgaben zählten das Entgegennehmen und Einscannen von Dokumenten und die Ausgabe von Funkgeräten. Laut „FAZ“ hatte er sich selbst der US-Botschaft in Berlin per E-Mail angeboten.

Gauck: „Jetzt reicht’s auch einmal“

Der deutsche Präsident Joachim Gauck äußerte sich im ZDF-Sommerinterview empört über den Fall. „Wir hatten wirklich eine lange und intensive Debatte darüber, mit welchen Rechten die NSA ausgestattet ist gegenüber anderen Ländern und den Bürgern aus unserer Nation“, sagte Gauck. Wenn der BND-Mitarbeiter tatsächlich für den US-Geheimdienst spioniert haben sollte, sei das „ein Spiel mit Freundschaften und enger Verbundenheit“. „Dann ist ja wohl wirklich zu sagen: Jetzt reicht’s auch einmal.“

Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton hat sich besorgt gezeigt. „Das ist ganz klar ein ernstes Thema“, sagte sie am Sonntag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Clinton hob die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit auch im Sicherheitsbereich hervor. „Sie sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden“, mahnte sie auch mit Blick auf die aktuelle Spionageaffäre. Gleichzeitig sprach sie sich dafür aus, den Geheimdiensten neue Grenzen aufzuzeigen. „Wir sind in einer Phase, in der wir anfangen müssen, einige Linien zu ziehen.“

Konsequenzen für US-Diplomaten gefordert

Die deutsche Regierung fordert nach Informationen der „Bild am Sonntag“ nun, die Agenten des Joint Intelligence Staff (Integrierter Geheimdienststab) in der Berliner US-Botschaft auszuwechseln. Auch ein Austausch des US-Botschafters gelte nicht mehr als ausgeschlossen. Der Fall des mutmaßlichen Agenten sorgt in Deutschland für große Empörung. Quer durch alle Parteien verlangen Politiker Aufklärung und warnten vor negativen Folgen für das transatlantische Verhältnis.

NSA-Spionage regt seit über einem Jahr auf

Die Affäre um das massenhafte Ausspähen der Kommunikation unbescholtener Bürger durch den US-Geheimdienst NSA überschattet die Beziehungen zu Washington seit mehr als einem Jahr. Im März hatte der NSA-Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen. Er soll nicht nur die Rolle des NSA, sondern auch des BND in der Affäre klären.

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