Kreditvergabe soll angekurbelt werden
Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) ist seit Mitte Juni auf einem Rekordtief von 0,15 Prozent. Für EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch war die Maßnahme erfolgreich, wie er am Sonntag im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte.
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Die meisten Zinsen hätten sich im kurzfristigen Bereich nach unten bewegt. Das sei genau in der Größenordnung der Leitzinssenkung der EZB geschehen: „Und in der Hinsicht glaube ich, dass unsere Maßnahmen den gewünschten Erfolg hatten.“ Er räumte aber ein, das Instrument der Zinsen sei weniger wirksam, wenn man schon nahe null sei. Deshalb seien auch zusätzliche Schritte unternommen worden.
Zum einen kündigte die Notenbank etwa mehrere Geldspritzen für die nächsten Monate an, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Zugleich wurden auch Strafzinsen für Banken eingeführt, wenn sie ihr Geld lieber bei der EZB lassen, als Kredite zu vergeben. Dass Sparer im Gegenzug niedrigere Zinsen haben, dafür sei die EZB nicht zuständig, so Mersch. Sie müssten dann ihr Geld länger oder risikoreicher anlegen.
Angst vor Deflation
Als eine Chance für kleinere und mittlere Unternehmen sieht er etwa die Wiederbelebung des Marktes für Kreditverbriefungen. Dabei werden Kredite von Banken gebündelt und können an Investoren weiterverkauft werden, so dass Banken Spielraum für neue Kreditvergaben gewinnen können.
Der deutsche Bundesbank-Chef Jens Weidmann steht diesem Instrument skeptisch gegenüber, hatten doch massenhafte Verbiefungen und eine intransparente Weitergabe der Pakete vor allem in den USA mit zur Finanzkrise 2008 beigetragen. Mersch ist aber überzeugt, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen, die sonst nur zurückhaltend Kredite bekommen, davon profitieren könnten.
Ein Grund für die starke Zinssenkung war für die EZB auch eine Deflationsgefahr aufgrund der geringen Geldentwertung im Zuge der Wirtschaftskrise vor allem in Südeuropa. Durch diese Abwärtsspirale von Preisen und Löhnen kann die Wirtschaft schrumpfen. Die Inflation liegt derzeit im Euro-Raum bei 0,5 Prozent. Die EZB peilt aber eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an.
Niedrige Zinsen bis 2016?
Nach den Prognosen der EZB gebe es derzeit keine gesteigerte Deflationsgefahr in der Hinsicht, dass die Menschen Käufe verschieben würden, weil sie auf weiter sinkende Preise hofften, sagte Mersch. „Was wir sehen, ist eben eine längere Periode von sehr niedriger Inflation.“ Dann sei das Risiko allerdings für den Fall eines externen Schocks für die Wirtschaft größer. Ein Puffer fehle dann.
Bis 2016 könnten die Zinsen nach Aussage Merschs daher ohne neue Entwicklungen niedrig bleiben: „Aber Sie wissen, dass die Realität oft sehr viel komplexer ist.“ Die EZB wolle jedenfalls ihrem Inflationsziel von knapp zwei Prozent „so schnell wie möglich“ näherkommen.
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