Enteignung ohne Entschädigung
Im ersten Privatgutachten zum geplanten Hypo-Sondergesetz kommt der Rechtsexperte Jörg Zehetner zu dem Schluss, dass das Gesetz verfassungswidrig ist und vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Das berichtet „Die Presse“ am Mittwoch. Zehetner glaubt, dass der VfGH schon im kommenden Jahr eine Entscheidung treffen könnte.
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Das 50 Seiten starke Gutachten wurde von der Wiener Anwaltskanzlei KWR im Auftrag eines deutschen Finanzunternehmens erstellt. Nach Ansicht von Zehetner, unter dessen Leitung das Gutachten erstellt wurde, wird das Gesetz aus mehreren Gründen nicht halten.
So greife es zu massiv in Eigentumsrechte ein. „Grundsätzlich kann Österreich schon Enteignungen vornehmen, doch das ist ohne Entschädigung nicht ohne Weiteres zulässig“, wird Zehetner zitiert. Er verweist dabei auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der eine entschädigungslose Enteignung für im Allgemeinen unzulässig hält.
„Vertrauensschutz gebrochen“
„Genauso schwer wiegt aber auch, dass mit dem Gesetz der in der Verfassung verankerte Vertrauensschutz gebrochen wird“, so der Anwalt. „Die Anleger haben die Anleihen erworben, weil sie den Haftungen des Landes Kärnten vertraut haben.“
Sobald das Hypo-Gesetz und die im Gesetz vorgesehene Verordnung der Finanzmarktaufsicht in Kraft getreten sind, sollen die ersten Klagen eingereicht werden. Laut Zehetner bestehen zwei Möglichkeiten: die Investoren klagen die Hypo Alpe Adria oder das Land Kärnten.
Konträre Einschätzungen
Im Finanzausschuss, den das Hypo-Sondergesetz am Dienstag mit den Stimmen der Regierungsparteien passierte, hatten vier geladene Experten völlig unterschiedliche Einschätzungen zum Besten gegeben. Der Wirtschaftsprüfer und Hypo-Gutachter Fritz Kleiner, von den Grünen eingeladen, und die Präsidentin des „Friedrich A. von Hayek“-Instituts und Direktorin des Austrian Economics Centers, Barbara Kolm, von der FPÖ in den Ausschuss gebeten, sprachen sich neuerlich für eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria aus.
Kolm hinterfragte mehrmals, ob es rechtlich halten werden könne, nur einen Teil der Gläubiger, nicht aber alle am Hypo-Abbau zu beteiligen. Kleiner sprach von einem „mutigen Gesetz“. Gläubiger würden nicht bewogen, einen Beitrag zu leisten, sondern „gezwungen“. Außerdem würde zum Teil in nicht österreichisches Recht eingegriffen. Kleiner würde sich, „wenn ich beginne Krieg zu führen, mit den besten Waffen rüsten“. Er fragte weiter: „Warum nicht die Insolvenz?“ Dann bekomme man den Hebel, beispielsweise einen Schnitt von 30 Prozent bei allen Gläubigern zu machen - „da braucht man nur kopfrechnen“.
Keine Regeln für Landesinsolvenz
Der von den Regierungsparteien in den Ausschuss geladene Hypo-Gesetz-Mitautor Markus Fellner warnte hingegen davor, dass das Land Kärnten von einer Hypo-Pleite „in der Sekunde, unmittelbar“ als Ausfallsbürge betroffen sei. Und es gebe keine Regeln für eine Insolvenz eines Bundeslandes. „Das würde ich nicht ausprobieren.“ Rein prinzipiell gelte das für alle Landeshaftungen, Kärnten könne auch für jedes andere Bundesland stehen.
Schließlich hatte der vierte Experte, Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny, vorgerechnet, dass es in Österreich insgesamt Landeshaftungen über 77,2 Mrd. Euro gibt. Der oberste Nationalbanker ortete hier Reformbedarf. Es handle sich um implizite Haftungen des Bundes, daher sollten die Gesamtregeln für Haftungen von Gebietskörperschaften wie Ländern und Gemeinden tendenziell reformiert werden.
„Sicher problematisch“
Zum Hypo-Gesetz sagte Nowotny, es sei vor allem wichtig, dass es keine Insolvenz der Hypo gibt. „Sicher problematisch“ seien aber die nachträgliche Regelung der Gläubigerbeteiligung via Gesetz. Nowotny erinnerte daran, dass die Nationalbank im Vorfeld bereits auf die Risiken einer Einbeziehung von Gläubigern in die Hypo-Rettung hingewiesen habe. „Umgekehrt stellen wir aber fest, dass der Bund uneingeschränkt seine Verpflichtungen erfüllt.“ Daher sei auch das Republiksrating nicht in Gefahr.
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