Unbegrenzt Speicher in der Cloud
Lange hat die Gerüchteküche gebrodelt, bevor Amazon Mitte Juni sein erstes eigenes Smartphone offiziell vorstellte - wagt sich der Internethändler mit dem Marktstart doch in neues Territorium vor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das „Fire Phone“ getaufte Gerät.
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Es hat einen 4,7 Zoll großen Bildschirm und eine 13-Megapixel-Kamera. Die Kamera enthält einen Bildstabilisator und eine extra lichtstarke Linse für Aufnahmen im Dunkeln. Nutzer sollen uneingeschränkten Onlinespeicherplatz für ihre Fotos bekommen, wie Bezos ankündigte.
„Dynamische Perspektive“ zeigt 3-D
Wie im Vorfeld erwartet, kann das Display mit einem 3-D-Effekt aufwarten. Vier Kameras reagieren auf die Bewegungen des Users und schaffen eine „dynamische Perspektive“, wie Bezos vorführte. Die Kameras rund um den Bildschirm verfolgen permanent die Kopfposition des Nutzers und passen die Darstellung auf dem Display entsprechend an. Das soll eine nahezu dreidimensionale Optik ermöglichen. Infrarotsensoren folgen den Bewegungen auch in der Dunkelheit. An der Funktion sei vier Jahre gearbeitet worden, sagte Bezos.
„Firefly“: Ein Scanner für praktisch alles
Mit der Scanfunktion „Firefly“ knüpft Amazon sein Smartphone an seinen Produktkatalog an - es erkennt Musik, Filme und Barcodes in seiner Umgebung durch Zuhören und Zusehen. Der Nutzer wird direkt auf die Amazon-Seite geleitet. Die Funktion kann aber auch bis auf die einzelne Serienfolge erkennen, welche Sendung gerade im Fernsehen läuft, und funktioniert ebenso für Telefonnummern oder Kunstwerke.
Bezos erklärte, dass „Firefly“ hundert Millionen Artikel erkenne. „Können wir ein besseres Smartphone für unsere treuesten Kunden bauen? Ich bin begeistert, Ihnen zu sagen, dass die Antwort Ja lautet“, sagte der Amazon-Chef. Das Gerät kommt zunächst nur in den USA auf den Markt.
Billigststrategie durchbrochen
Während Amazon bisher dafür bekannt war, seine Geräte deutlich günstiger als die Konkurrenz zu verkaufen und sich das Geld später über den Verkauf von Inhalten zurückzuholen, läuft es beim „Fire Phone“ anders. Das Gerät kostet in den USA 199 Dollar mit einem Vertrag beim Mobilfunkanbieter AT&T und liegt damit auf dem Niveau anderer Premium-Smartphones. Nach Informationen der „Financial Times“ verhandelte Amazon mit O2 und Vodafone auch bereits über einen Start des Geräts in Großbritannien.
Hart umkämpfter Smartphone-Markt
Der Versandhändler wagt sich mit seinem Handy auf einen hart umkämpften Markt. Selbst bekannte Marken wie Microsoft und Blackberry haben es nie in den umkämpften Smartphone-Markt geschafft bzw. wurden längst wieder verdrängt. Klarer Platzhirsch ist der südkoreanische Hersteller Samsung, der ein Drittel (31,3 Prozent) des Smartphone-Marktes hält, wie die Marktforscher von IDC berichten.
Samsung hat also mehr als doppelt so viele Smartphones verkauft wie Apple. Der US-Konzern belegt Platz zwei (15,3 Prozent). Damit wird nahezu die Hälfte des Marktes bereits von den beiden größten Anbietern besetzt. Huawei, LG und Lenovo auf den weiteren Rängen weisen jeweils nur noch unter fünf Prozent Marktanteil auf. Insgesamt wurden 2013 erstmals mehr als eine Milliarde Smartphones weltweit verkauft.
Kunden sollen via Handy einkaufen
Amazon hat sich mit der Vorstellung eines eigenen Smartphones vor allem einen weiteren Kanal zum Kunden eröffnet. Denn die Nutzung von Smartphones geht weit über die eines herkömmlichen Computers hinaus. Das Smartphone ist ständiger Begleiter im Alltag, die User nehmen es regelmäßig in die Hand und rufen aktiv Websites auf, checken E-Mails und Soziale Medien oder spielen Games. Das Onlineshopping via Smartphone steckt zwar noch in den Kinderschuhen, hat aber großes Potenzial.
Das weiß auch Amazon-Chef Bezos. Die rund 250 Millionen Amazon-Kunden weltweit sollen über die Handyplattform nicht nur reale Konsumgüter wie Bücher, DVDs und Spielzeug ordern, sondern möglichst die gesamte Palette an Amazon-Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Einen entscheidenden Baustein in der Amazon-Strategie stellt dabei der kostenpflichtige Premiumdienst Amazon Prime dar.
Prime-Nutzer kaufen doppelt so viel
Bei dem Zusatzdienst bekommen Kunden für 49 Euro im Jahr unbeschränktes Video- und Musikstreaming, E-Book-Ausleihe und eine Expresslieferoptionen - allerdings nur in bestimmten Ländern. Prime-Nutzer kaufen laut Schätzungen etwa doppelt so viel wie normale Amazon-Nutzer. In Österreich ist das Angebot trotz gleichen Preises nur sehr eingeschränkt nutzbar. Weder Expressversand noch Video- und Musikstreaming können hierzulande genutzt werden, übrig bleibt einzig die Kindle-Leihbücherei.
Gleicher Preis, kaum Funktionen in Österreich
Konsumentenschützer kritisieren, dass österreichische Nutzer auf diese Einschränkungen nur gut versteckt im Kleingedruckten hingewiesen werden. Auch ein Test von ORF.at zeigt, dass man bei der Anmeldung für Prime mit einem österreichischen Amazon-Konto im Glauben gelassen wird, die Prime-Services in vollem Umfang zu erhalten. „Da in der Werbung für die Prime-Services der deutliche Hinweis darauf fehlt, dass Kunden aus Österreich das Angebot nicht im beworbenen Umfang nutzen können, hat der VKI Amazon wegen irreführender Geschäftspraxis geklagt,“ so der Verein für Konsumentenschutz (VKI) Mitte März.
Bald auch Babysitter via Amazon
Amazon arbeitet unterdessen weiterhin an einer Vergrößerung des Angebots. Zuletzt wurde bekannt, dass noch in diesem Jahr in den USA ein neues Service gestartet werden soll. Berichten zufolge soll der Onlinehändler die Vermittlung von lokalen Dienstleistern wie Friseuren, Babysittern und Handwerkern planen. Eine offizielle Bestätigung der Dienstleistungsvermittlung gibt es bisher nicht.
Amazon wollte zu den Informationen keine Stellung nehmen. Experten halten die Pläne jedoch für durchaus realistisch und gut mit dem neuen Smartphone vereinbar. So könnten US-Nutzer künftig etwa einen passenden Nachhilfelehrer oder den Installateur für die Thermenwartung mittels Fingerwischens finden.
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