Erster Öltanker auf dem Weg
Anfang August hat das erste Mal nach vierzig Jahren ein Schiff voll mit amerikanischem Rohöl einen Hafen in den USA verlassen. Die US-Regierung hatte zuvor grünes Licht für die ersten Exporte von nicht raffiniertem amerikanischem Öl gegeben. Wie das „Wall Street Journal“ im Juni berichtete, sei der Richtungswechsel in aller Stille erfolgt.
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In nicht öffentlich bekanntgegebenen Beschlüssen hat das US-Handelsministerium laut „Wall Street Journal“ den Firmen Pioneer Natural Resources und Enterprise Products Partners die Erlaubnis erteilt, unverarbeitetes Öl an ausländische Käufer zu liefern. Das Rohöl könne dann von den Abnehmern in Benzin, Diesel und Kerosin weiterverarbeitet werden.
Öl als aufbereitet deklariert
Möglich wurde das, weil die beiden Unternehmen ihr Öl als „aufbereitet“ deklarierten. Der Vorgang, bei dem Gase wie Propan und Butan abgetrennt werden, ist allerdings auf den meisten Ölfeldern der USA Standard. Unklar ist, wie viel Öl die beiden Unternehmen ausführen dürfen. Die Lieferungen dürften wahrscheinlich aber ein eher geringes Volumen haben, zitierte das „Wall Street Journal“ Insider.
Denn vorerst haben nur die beiden Unternehmen die Sondererlaubnis, Kraftstoff aus Schieferölvorkommen im Süden von Texas zu exportieren. Die Anträge anderer Branchenvertreter wurden laut jüngsten Medienbereichten vorerst auf Eis gelegt. Nach Angaben des „Wall Street Journal“ arbeite das US-Handelsministerium aber an Richtlinien, die für die gesamte Branche gelten sollen.
Exportverbot aus den 1970er Jahren
Auf einer Energiekonferenz im Dezember hatte US-Energiemister Ernest Moniz auf die Frage nach einer Lockerung des Exportverbots geantwortet: „Es gibt eine Reihe von Themen im Energiebereich, die im Kontext einer Energiewelt, die nicht mehr die gleiche ist wie in den 1970ern, eine neue Analyse und Überprüfung erfordern.“

AP/Ralph Wilson
Die Ölförderung mit Fracking-Technik stieg in den letzten Jahren sprunghaft an
Das Exportverbot war 1973 verhängt worden, nachdem arabische Länder ein Ölembargo gegen westliche Länder verhängt hatten, die Israel im Jom-Kippur-Krieg unterstützten. Wegen des arabischen Embargos hatten sich damals die Ölpreise vervierfacht, an den Tankstellen musste Kraftstoff rationiert werden. Seither dürfen US-Unternehmen raffinierte Kraftstoffe wie Benzin und Diesel ausführen, nicht aber unverarbeitetes Öl. Von dem Verbot ist lediglich Kanada ausgenommen.
Schieferölproduktion wächst stark
Die Ölproduktion in den USA ist in den vergangenen Jahren dank Fracking stark gewachsen und hat die Preise für Schieferöl um bis zu zehn Dollar unter den Preis herkömmlichen Rohöls gedrückt. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die USA die Fördermenge an Schieferöl auf fünf Millionen Barrel pro Tag verdoppeln und um das Jahr 2020 zum größten Ölproduzenten der Welt aufsteigen werden. „Bis Ende des Jahrzehnts wird es Nordamerika möglich sein, zum Nettoexporteur von Ölflüssigkeiten zu werden“, sagte IEA-Chefin Maria van der Hoeven.
Politik unter Druck
Pioneer-Chef Scott Sheffield warnte davor, dass die US-Raffinerien des Überflusses an Schieferöl möglicherweise nicht mehr Herr werden könnten. Daher habe er Anfang des Jahres den Antrag gestellt, das Exportverbot zu lockern. Bei ausländischen Käufern könnten zudem höhere Preise erzielt werden als bei US-Raffinerien.
Wie das „Wall Street Journal“ berichtete, hätten Spitzenvertreter der US-Regierung seit Monaten ihre Bereitschaft signalisiert, das Exportverbot zu lockern. Der jetzige Beschluss ist für die US-Produzenten nur ein erster kleiner Schritt. Harold Hamm, der Chef von Continental Resources, dem größten Bohrunternehmen in North Dakota, erwartet laut „Wall Street Journal“, dass das Exportverbot als Ganzes aufgehoben wird, so dass alle Sorten amerikanischen Rohöls international verkauft werden können.
Kongress und Branche skeptisch
Im US-Kongress ist die Idee, mehr Öl zu exportieren, jedoch umstritten - vor allem aufgrund der Sorge, dass höhere Exporte die Benzinpreise in den USA nach oben treiben könnten. Die neue Linie der Regierung könnte außerdem wegen der Entwicklung auf dem internationalen Ölmarkt, der unter der instabilen Lage im Irak, in Libyen und in der Ukraine leidet, unter Beschuss geraten.

AP/David J. Phillip
US-Raffinerien profitieren vom niedrigen heimischen Ölpreis
Auch viele Industriezweige, insbesondere die Raffinerien, sind wenig an Konkurrenz durch ausländische Käufer interessiert, weil sie seit Jahren von den niedrigen heimischen Ölpreisen profitieren. Viele sind darauf ausgelegt, Schweröl aus Lateinamerika oder Kanada zu verarbeiten und zu verkaufen. Seit 2008 sind Exporte von verarbeiteten Ölprodukten wie Diesel und Benzin, für die es keine gesetzlichen Beschränkungen gibt, um fast 60 Prozent gewachsen.
Ähnliche Sorgen wie jetzt habe in den vergangenen Jahren bereits eine Debatte über Erdgasexporte aus den USA ausgelöst, erinnert das „Wall Street Journal“. Unternehmen aus Branchen mit hohem Gasverbrauch, etwa Chemieproduzenten, hätten gewarnt, dass Exporte der mittlerweile reichhaltigen US-Gasproduktion die Preise im eigenen Land anheizen könnten. Trotzdem genehmigte die Regierung inzwischen sieben weitreichende Gasexportvorhaben.
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