„Folgen“ für Medien bei Missachtung
Kommende Woche tritt die Koalition zu einer großen Verhandlungsrunde in Sachen Reform des U-Ausschusses zusammen. Einige Punkte sind noch umstritten, in anderen herrscht bereits Eintracht. So überlegt die Koalition ein „Verwertungsverbot“ für geheime Unterlagen durch Medien. Das bestätigten die Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Andreas Schieder und Reinhold Lopatka, bei einer Pressekonferenz am Freitag.
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Die Regierungsparteien wollen also die geplante Geheimschutzordnung im Parlament mit der U-Ausschuss-Reform verknüpfen. Die Geheimschutzordnung soll den Umgang mit vertraulichen Unterlagen regeln und ist für die Koalition eine Voraussetzung für das Minderheitenrecht auf Einsetzung von U-Ausschüssen, wie Lopatka betonte: „Für uns ist das eine Grundbedingung, dass der Untersuchungsausschuss neu kommen kann.“ Der ÖVP-Klubchef sprach sich klar für ein Verwertungsverbot vertraulicher Dokumente für Medien aus.
Offener Umgang „innerhalb des Parlaments“
Als Beispiel nannte SPÖ-Klubobmann Schieder einen möglichen Geheimdienstuntersuchungsausschuss. Sollte hier vertrauliches Material veröffentlicht werden, dann sollte das seiner Meinung nach auch „Folgen“ für die Medien haben. Schieder betonte seinerseits, dass man das Verwertungsverbot bewusst „mit einem Fragezeichen“ versehen habe, weil es noch zu diskutieren sei.
In der Punktation der Klubchefs heißt es dazu, dass die Behandlung von klassifizierten Unterlagen schon ab der niedrigsten Geheimhaltungsstufe („Eingeschränkt“) in vertraulicher Sitzung durchgeführt werden müsste. Grundsätzlich gehe es aber darum, einen offenen Umgang mit geheimen Dokumenten innerhalb des Parlaments (ohne Furcht vor Veröffentlichung, Anm.) zu ermöglichen und die in der Vergangenheit üblichen Aktenschwärzungen zu vermeiden, wie es heißt.
Grüne sehen Reform gefährdet
Die Grünen sehen durch die Koalitionspläne zur Geheimschutzordnung die U-Ausschuss-Reform gefährdet. „Wenn die Geheimschutzordnung nicht sicherstellt, dass so wie bisher öffentliche Verhandlungen stattfinden können, dann wird es keine Einigung geben“, so Chefverhandler Dieter Brosz am Freitag gegenüber der Austria Presse Agentur (APA). Die Verknüpfung mit einem medialen Verwertungsverbot findet er „absurd“.
„Das kann heißen, dass es bei all den Skandalen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, eine massive Beeinträchtigung der öffentlichen Berichterstattung gegeben hätte“, so Brosz. Schließlich hätten sowohl in der Eurofighter- als auch in der BUWOG-Affäre und im Banken-U-Ausschuss „massive Geschäftsinteressen“ der betroffenen Firmen eine Geheimhaltung begründen können.
Brosz lehnt die Geheimhaltung bestimmter Akten nicht grundsätzlich ab. „Diese Akten kann es geben, in Ausnahmefällen, mit Begründung und ganz selten“, so der Grüne, der auf eine „äußerst enge Definition“ drängt. Den Beteuerungen der Koalition, dass nur wenige Dokumente wirklich klassifiziert würden, vertraut er angesichts der vorliegenden Punktation nicht: „Wenn die Regierungsparteien der Meinung sind, dass eh alles zugänglich sein wird, dann wird man es so formulieren müssen.“
Kritik als „Überinterpretation“ zurückgewiesen
Befürchtungen, die geplante Geheimschutzordnung könnte dazu führen, dass Untersuchungsausschüsse künftig großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden, hatte Schieder bereits zuvor als „Überinterpretation“ zurückgewiesen. Er geht aber davon aus, dass das nur einen Bruchteil der Unterlagen betreffen würde: „97 Prozent aller Akten wären nicht eingeschränkt und öffentlich.“
Erstmals angesprochen wurde das Verwertungsverbot von der Koalition in der vorigen Dienstag publizierten Punktation der beiden Klubchefs für eine Geheimschutzordnung im Parlament. Verhandelt werden soll über diese am kommenden Dienstag in einer Sonderpräsidiale mit allen Parlamentsparteien. Sollte es dabei keine Einigung geben, dann sind weitere Verhandlungsrunden über U-Ausschuss und Geheimschutz am 2. und am 8. Juli vorgesehen.
Vier Vertraulichkeitsstufen
Erst in der Vorwoche legten die Klubchefs den neuen Vorschlag zur Geheimschutzordnung vor. Die Punktation orientiert sich an den vom Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) entworfenen Vorschlägen. Nicht klassifizierte Dokumente sollen aber grundsätzlich öffentlich sein.
Anders als das Kopf-Papier enthält der in der Präsidiale vorgelegte Koalitionsvorschlag nur noch vier Vertraulichkeitsstufen: „Eingeschränkt“ wäre eine Information, wenn ihre Weitergabe für vom Amtsgeheimnis (oder der allfälligen Nachfolgereglung) geschützte Interessen „nachteilig“ sein könnte. „Vertraulich“ wäre sie, wenn bei Veröffentlichung Schaden drohte. Droht „schwerer Schaden“, dann wäre die Information „geheim“, bei „äußerst schwerem Schaden“ wäre sie „streng geheim“.
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