Die schwierigen Jahre bis zum Comeback
Dass in Spielberg jemals wieder Formel-1-Grands-Prix gefahren werden, hätten sich vor Jahren wohl die wenigsten gedacht. Nachdem Österreich 2003 aus dem Rennkalender gestrichen worden war, schien das Areal des ehemaligen A1-Rings dem Verfall geweiht zu sein. Doch im Jahr 2014 - unmittelbar vor dem ersten Rennwochenende seit elf Jahren - sieht man dem nunmehrigen Red Bull Ring sein ehemals drohendes Schicksal nicht mehr an.
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Die blauen Tribünen leuchten frisch herausgeputzt in der Sonne, auch der gigantische Terminal, der den Start-Ziel-Abschnitt flankiert, scheint nur eines sagen zu wollen: Spielberg ist bereit für die Formel 1. Die Schirmherrschaft, unter der das gigantische Bauprojekt realisiert wurde, manifestiert sich in einem 15 Meter hohen Bullen. Geschaffen haben die Skulptur zwei steirische Künstler, denen es nach eigenen Angaben um mehr ging als den reinen Bezug zum Emblem des Hauptsponsors - auch wenn das verwendete Aluminium teils aus recycelten Red-Bull-Dosen stammt.
Ein Ort hübscht sich auf
Doch nicht nur auf dem F1-Areal erstrahlt alles, auch der Ort Spielberg hat sich die vergangenen Wochen über aufgehübscht: Im Rahmen des von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz initiierten Projekts „Werkberg“ renovierten Anrainer ihre Häuser und Gärten mit fünf Millionen Euro - zur Verfügung gestellt vom Konzern. Schnell wurden Stimmen laut, Mateschitz wolle mittels der finanziellen Freizügigkeit die Kritiker für das laute Rennwochenende milde stimmen. Mit dem Blick in die Vergangenheit lässt sich das nicht ausschließen.

APA/EPA/Erwin Scheriau
Der mächtige Start-Ziel-Abschnitt auf dem Red Bull Ring
So war die schlussendliche Errichtung des Projekts „Spielberg Neu light“ ab dem Jahr 2008 nach jahrelangen Querelen gestartet. Mateschitz’ ursprüngliche Vision war eine 700 Millionen Euro schwere „Motorsport & Aviation Academy“ mit Unterstützung des Landes Steiermark. Doch mit der Einleitung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den Ringumbau im Oktober 2003 formierte sich der Widerstand unter den Anrainern. Im Juni 2004 wurde das Projekt in erster Instanz genehmigt, letztlich durchkreuzte aber der Umweltsenat die Pläne. Mateschitz zog sich zurück.
Überraschende Einigungen
Mit großem landespolitischem Anschub wurde das Projekt - wieder mit Mateschitz - als „Projekt Spielberg Neu“ reanimiert. Mit Industriepartnern sollte eine Prüf-, Test- und Incentivestrecke um 100 bis 150 Millionen Euro gebaut werden. Im September 2005 unterzeichneten Red Bull, KTM, Magna und VW (stieg später aus) eine Absichtserklärung. Bis rechtlich alles in trockenen Tüchern war, wollte das Land die Federführung übernehmen. Alles schien nach Plan zu laufen, auch die UVP fiel positiv aus, zudem war es zu einer überraschenden Einigung mit ehemals wütenden Initiativbürgern und der Umweltanwältin gekommen.
Obwohl „Spielberg Neu“ fertig genehmigt war, blieb die Umsetzung aber noch in Schwebe. Der Paukenschlag erfolgte am 4. Februar 2008: Nach einem Gespräch zwischen Landesregierung und potenziellen Investoren wurde das Projekt abgeblasen. Knapp zwei Monate später verkündete Red Bull den Bau einer „abgespeckten“ Variante, einer Art „Spielberg Neu light“, wie es hieß - das ist das heutige Projekt. Die Rückkehr der Formel 1 nach Österreich wurde schließlich im Juli 2013 offiziell. Seither herrscht in der Region Aufbruchstimmung.
Politik und Wirtschaft jubeln
Entsprechend euphorisch verkünden Politik und Wirtschaft die Wertschöpfung und die Nachhaltigkeit des Projekts. Alleine am Rennwochenende würden aus Nächtigungen, Eintrittspreisen, Verpflegung und Verkehr 34 Millionen Euro lukriert, zitierte der steirische Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) zuletzt eine von ihm beauftragte Studie des International Central European Institute Vienna (icei). Insgesamt entstehe aus den Investitionen und dem Veranstaltungstourismus am Rennwochenende eine Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen im Wert von 74,5 Millionen Euro im Bundesland.
„Jeder Euro Fördergeld des Landes löst durch das Rennwochenende eine private Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in der Höhe von 16 Euro aus“, sagte Buchmann, der auch auf die zusätzlichen Steuereinnahmen verwies. Mit dem Grand Prix seien zusätzliche Steuereinnahmen von über 13 Millionen Euro verbunden. Außerdem würden durch die Formel-1-Rückkehr fast 500 neue Vollzeitarbeitsplätze geschaffen, 400 davon in der Steiermark. In den vergangenen Monaten seien insgesamt über 60 Millionen Euro an zusätzlichen Investitionen in die Region geflossen.
Streit über Abgaben
Doch Red Bull ist sich seiner Bedeutung bewusst, schließlich weigerte sich der Konzern bisher, die von der Gemeinde Spielberg geforderte Lustbarkeitsabgabe auf die Grand-Prix-Eintrittskarten zu bezahlen, wie der steirische KPÖ-Gemeinderat Erich Wilding zuletzt kritisierte. Er nimmt auf Angaben des Finanzreferenten Bezug, der die Summe mit etwa vier Millionen Euro bezifferte. Zwar habe die Gemeinde Spielberg ohnehin ein viel günstigeres Angebot gemacht, trotzdem wurde dieses von Red Bull ausgeschlagen. Nun soll das Land Steiermark den Steuerstreit zwischen dem Mäzen und der Gemeinde schlichten - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Dank an die „liebe Fee“
Seine Freude zeigte zuletzt hingegen Erich Neuhold, Geschäftsführer des Steiermark Tourismus. Er orte einen Impuls für die Region, es herrsche „Aufbruchsstimmung“. „Das wäre nicht möglich gewesen, wenn in der Region nicht so viel mit dem Event als Aufhänger investiert worden wäre“, sagte Neuhold. Damit meine er nicht nur das Investment von Red Bull, sagte der Touristiker, und verwies auf „über 50 private Initiativen, wo Hoteliers oder Gastwirte in Qualität und Kapazitätsausweitung“ investierten. Und was würde sich der Tourismuschef von einer guten Fee wünschen? „Dadurch, dass die Formel 1 wieder in Spielberg stattfindet, würde ich sagen, ist die Fee schon dagewesen. Danke, liebe Fee.“
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