An Bill Gates ein Beispiel nehmen
Österreich brauche Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern genauso wie eine Anpassung der Grundsteuer. Das forderten namhafte reiche Österreicher vergangene Woche im „profil“, wenn im Gegenzug Arbeit niedriger besteuert werde. Damit befeuerten sie den Streit der Regierung über das Wie und Wann einer Steuerreform. Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) lehnte das Angebot reicher Österreicher nun ab.
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Viele reiche Österreicher sind offenbar bereit, ihren Beitrag zu leisten und Vermögenssteuern zu zahlen - von Erste-Group-Chef Andreas Treichl über den Papierindustriellen Alfred Heinzel, Unternehmer Ronny Pecik, ÖIAG-Aufsichtsrätin Brigitte Ederer, den Industriellen Hannes Androsch bis zu Bauunternehmer Richard Lugner.
„Wunsch nach weiterer Steuer ablehnen“
„Ich muss Ihren Wunsch nach einer weiteren Steuer, die Sie bezahlen wollen, ablehnen“, schrieb Spindelegger nun in einem Brief an Österreichs Reiche. Er halte von den von der SPÖ geforderten Vermögenssteuern nichts. Er wolle statt Vermögenssteuern vielmehr Reformen etwa bei Förderungen und staatlichen Beteiligungen, schrieb er in dem Brief, der dem „Kurier“ vorliegt.
Zudem müssten noch effektivere Anreize geschaffen werden, um Menschen wieder länger in Beschäftigung zu halten, heißt es in dem Brief. „Gerade Sie (...) wissen, dass ein Unternehmen in finanzieller Schieflage nicht durch einen weiteren Kredit (gemeint sind wohl Vermögenssteuern, Anm.) gesunden kann“, zitierte der „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe) aus dem Brief. Spindelegger verweist dabei auf Probleme wie den Schuldenstand Österreichs, die Hypo-Pleite und die Finanzkrise.
Engagement für „Wohl der Gemeinschaft“
Er bat die österreichischen Reichen, sich nach dem Vorbild von US-Milliardären wie Warren Buffett und Bill Gates „für das Wohl der Gemeinschaft“ zu engagieren, „indem sie die Forschung unterstützen“. Deshalb möchte er Österreichs Millionäre „herzlich einladen, eine ähnliche Tradition in unserem Land zu begründen“ und etwa Forschungseinrichtungen wie das Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften, die Eliteuni Gugging (IST Austria) und die Wirtschaftsuniversität Wien zu unterstützen.
Unterstützung könnte der Staat offenbar auch im Bereich der gekürzten Entwicklungshilfe gebrauchen. Denn bei der „Weiterentwicklung benachteiligter Regionen der Welt“ könnten die Reichen nach dem Wunsch Spindeleggers ebenfalls helfen, „die humanitäre Tradition unseres Landes aufrechtzuerhalten“.
Empörte Reaktionen
Unter den angesprochenen Reichen, die sich bisher zu Wort meldeten, herrschte angesichts des Briefes Empörung. „Er (Spindelegger, Anm.) sollte wissen, dass ich längst gespendet habe“, zeigte sich der Industrielle Hannes Androsch verärgert. Seinen Angaben zufolge sollen es gerade für die Akademie der Wissenschaften zehn Millionen Euro gewesen sein. Ähnlich argumentierte auch Immobilienentwickler Ariel Muzicant. Unabhängig von einer Steuerreform spende er schon „mein ganzes Leben lang erheblich“.
Der Obmann des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Christoph Leitl, griff hingegen Spindeleggers Brief auf - er will für Spenden von Reichen etwa für die Wissenschaft einen „Innovationsfonds“ schaffen. Spenden an den Fonds sollen zu 20 Prozent steuerlich absetzbar sein. Er plädierte aber dafür, schon heuer mit der Steuerreform zu beginnen. Die Lohnsteuersenkung solle schrittweise ab 2015 oder 2016 starten. Vermögenssteuern lehne er aber ab.
Sponsoren für Österreichs Unis sind nicht neu, aber auch nicht unumstritten. Denn bevorzugt kommen wirtschaftsnahe Institute in den Genuss von Unternehmensgeldern, die auch gerne Namenspaten werden. So investierte etwa der Automobilzulieferer Magna seit 2004 über 23 Millionen Euro in das Frank Stronach Institute (FSI) an der Technischen Universität Graz.
5,5 Mrd. Euro für Steuerreform einsparen
Wie die „Kronen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) aus einem ÖVP-Positionspapier berichtete, will Spindelegger 5,5 Milliarden Euro einsparen, um die Steuerreform zu finanzieren. Vieles wie die seit März fällige Förderreform ist aus dem Regierungsprogramm bereits bekannt. Bei den Pensionen will der Finanzminister „ambitionierter werden“. Mit der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters um ein weiteres Jahr will er eine weitere Milliarde Euro einsparen.
Mit einer Verwaltungsreform will er bis zu eine Milliarde Euro lukrieren. Überstandpersonal bei ÖBB, Post und Telekom Austria solle sinnvoll eingesetzt, der Finanzausgleich ab 2016 solle neu verhandelt werden. Eine Vereinfachung des Steuersystems etwa durch die Streichung „steuerrechtlicher Privilegien einzelner Berufsgruppen“ und die Streichung von Förderungen sollen jeweils 1,5 Mrd. Euro bringen. Ein Vorschlag für die Reform des Förderwesens hätte vonseiten des Finanzministeriums bereits bis Ende März vorliegen sollen.
ÖBB-Einschnitte „kein Thema“ für SPÖ
Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Arbeiterkammer-Chef Rudolf Kaske (beide SPÖ) erteilten den ÖVP-Plänen zu Einschnitten bei den ÖBB, der Telekom Austria und der Post eine Absage. Das sei „kein Thema“, so Kaske gegenüber der APA. Er verwies - wie Hundstorfer auch - auf die Steuerexpertengruppe. „Ich habe beschlossen, das nicht zu kommentieren“, so Hundstorfer zu den jüngsten Aussagen Spindeleggers. „Jetzt müssen wir einmal die Expertengruppe arbeiten lassen“, meinte der Sozialminister.
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