„Dürftige“ Pensionsaussichten zum Start
Jeden Tag werden es nun an die 30.000 Österreicher mehr, für die das Pensionskonto Realität ist. Seit Wochenbeginn läuft, beginnend bei Arbeitern und Angestellten mit lückenlosem Versicherungsverlauf, die Information über den Stand der „Erstgutschrift“ auf dem eigenen Pensionskonto. Für die Arbeiterkammer war das am Mittwoch Anlass genug, vor unüberlegten Reaktionen zu warnen.
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„Keine Panik, wenn die Kontoerstgutschrift der Pensionsversicherungsanstalt auf den ersten Blick ein wenig dürftig wirkt“, wurde Oberösterreichs AK-Präsident Johann Kalliauer in einer Aussendung zitiert. Die vorerst ausgewiesene Pensionshöhe werde nur dann tatsächlich so gering bleiben, wenn die oder der Versicherte bis zum Pensionsantritt keine weiteren Pensionszeiten erwirbt, also vor allem nicht mehr arbeiten würde. Es gelte daher: „Je jünger der oder die Versicherte, desto geringer die Aussagekraft der Kontoerstgutschrift.“
„Nur eine Momentaufnahme“
Ein Pensionskonto bekommen alle Versicherten diesseits des Jahrgangs 1955, die bisher mehrheitlich unter eine gemischte Pensionsberechnung zwischen altem und neuem System fielen. Sie werden nun nach und nach, jeweils einzeln, von der Freischaltung ihres eigenen Pensionskontos informiert. Von Beginn an im neuen Pensionskonto sind Versicherte, die erst ab 2005 anrechenbare Zeiten gesammelt haben. Das Pensionskonto kann künftig per Bürgerkarte, Handysignatur oder die Zugangsdaten von FinanzOnline eingesehen werden.
Parallel zum Start der jeweiligen persönlichen Pensionskonten ging auch ein Pensionskontorechner online. Die AK betont jedoch, dass die darin angeführten Beträge „nur eine Momentaufnahme“ seien. Man solle „sich von einer möglicherweise gering erscheinenden Kontoerstgutschrift und den schweren Werbegeschützen der Versicherungskonzerne nicht unüberlegt zu einer langfristigen privaten Zusatzvorsorge animieren zu lassen“. Tatsächlich bewerben Versicherungskonzerne zum Start des Pensionskontos intensiv ihre privaten Vorsorgemodelle.
Private Vorsorger auf Kundenfang
Am Mittwoch warnte etwa Wüstenrot-Chefin Susanne Riess vor einem „bösen Erwachen“ durch das Pensionskonto. Die Entwicklung der Pensionskontoidee fällt in die Regierungszeit der schwarz-blau/orange Koalition unter Wolfgang Schüssel (ÖVP), die die frühere FPÖ-Chefin und Vizekanzlerin also mitzuverantworten hat. Da nun „jeder nachrechnen kann, was wirklich am Ende des Tages übrig bleibt“, bewarb Riess in ihrer nunmehrigen Position Eigenvorsorge als „eminent wichtig“.
Zuvor hatte bereits der Allianz-Konzern eine Werbeoffensive für die hauseigenen Vorsorgeprodukte gestartet und dabei ebenso auf das Pensionskonto verwiesen, das der Bevölkerung die Bedeutung privater Vorsorge vor Augen führen werde. Die AK warnte demgegenüber: „Lieber eine zweite und dritte Meinung einholen, ehe Sie einen Vertrag mit langer Laufzeit unterschreiben.“ Gerade für junge Menschen seien solche Verträge oft problematisch, wenn sie auf das angesparte Kapital lange keinen Zugriff haben.
Späterer Pensionsantritt als erklärtes Ziel
Dabei stellte die Arbeiterkammer klar, dass sie prinzipiell nichts gegen das Pensionskonto habe, im Gegenteil: Dieses biete für alle Versicherten eine einfache Pensionsberechnung auf Basis einer einheitlichen Rechtslage. Erstmals könne man damit „ablesen, wie hoch die bisher erworbenen Pensionsansprüche sind“. Das Pensionskonto schaffe zudem Sicherheit für die Versicherten: Ein rückwirkender Eingriff, etwa durch spätere Pensionsreformen, sei nun nicht mehr möglich.
Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bewarb das Pensionskonto am Mittwoch einmal mehr als Schritt in Richtung „Klarheit und Transparenz“ für die Versicherten „auf Basis einer einheitlichen Rechtslage“. Über den politischen Zweck hinter der „größten Verwaltungsreform in der Zweiten Republik“ ließ Hundstorfer freilich keinen Zweifel: „Mit dem Pensionskonto wird die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters unterstützt. Ein Jahr länger arbeiten bringt in Summe eine Erhöhung der Pension um rund zehn Prozent.“
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