Themenüberblick

Mit Moskau zur Unabhängigkeit

1992 hat Abchasien seine Unabhängigkeit von Georgien erklärt. Ein zweijähriger Sezessionskrieg mit 8.000 Toten war die Folge. Nach über einem Jahrzehnt des Waffenstillstands erkannte Russland Abchasien im Zuge des Kaukasus-Kriegs von 2008 als souveräne Republik an. Bis heute steht die eurasische Großmacht fest an der Seite der abtrünnigen Provinz.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auf internationalem Parkett hat es ein abchasischer Präsident nicht leicht. Dazu braucht es gar keine Unruhen, wie sie zurzeit die Hauptstadt Suchumi erfasst haben. Denn das Staatsoberhaupt des Landes an der östlichen Schwarzmeer-Küste kann nur wenigen Staatschefs auf Augenhöhe begegnen. Erkennen doch nur fünf Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UNO) Abchasien als unabhängigen Staat an.

Dass sich das in der nächsten Zeit ändert, ist eher unwahrscheinlich. Seit sich die Provinz 1992 von Georgien loslöste, sprach sich die internationale Gemeinschaft immer für die territoriale Integrität Georgiens aus. Abchasien sollte zwar größtmögliche Autonomierechte erhalten, aber dennoch Teil des georgischen Staates bleiben.

Blutiger Konflikt

Von Abchasien wurde diese Lösung freilich immer abgelehnt. War die abtrünnige Provinz doch der Meinung, die eigene Unabhängigkeit hart erkämpft zu haben. Tatsächlich dürfte der zweijährige Sezessionskrieg zwischen Abchasien und Georgien an die 8.000 Todesopfer gefordert haben. Die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) geht von je 4.000 Toten auf beiden Seiten aus. Eine Viertelmillion Menschen waren bis zur Unterzeichnung des Waffenstillstands im Mai 1994 zu Flüchtlingen geworden - Abchasien hat heute in etwa gleich viele Einwohner.

15 Jahre stand Abchasien in der Folge unter internationaler Beobachtung. Russland entsandte im Rahmen einer Friedensmission der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) rund 1.500 Soldaten in die Region. Als es im August 2008 zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Georgien und der ebenfalls abtrünnigen Provinz Südossetien kam, griff Russland nicht nur auf der Seite Südossetiens in den Konflikt ein, sondern stockte seine Truppen in Abchasien auf über 9.000 Mann auf. Innerhalb weniger Tage verlor Georgien jegliche Kontrolle über Südossetien und Abchasien. Kurz darauf erkannte Russland Abchasien als unabhängige Republik an.

Großer Bruder Russland

Bis heute folgten mit Nicaragua, Venezuela, Tuvalu und Nauru - im Gegenzug für russische Finanzhilfe - lediglich vier weitere UNO-Mitgliedsstaaten dem russischen Beispiel. Dementsprechend isoliert steht Abchasien auf der internationalen Bühne. Das hat das Land allerdings nicht davon abgehalten, mit finanzkräftiger russischer Hilfe ein verhältnismäßig funktionierendes Staatswesen aufzubauen. Nachdem es in den Jahren zuvor immer wieder zu Unstimmigkeiten gekommen war, beurteilten internationale Beobachter die jüngsten Präsidentenwahlen im Jahr 2011 sogar als weitestgehend demokratisch.

Sowohl wirtschaftlich als auch politisch ist Abchasien aber nach wie vor von Moskau abhängig. Wie sich ein möglicher Staatsstreich in der abtrünnigen Provinz auf die Beziehungen zum großen Nachbarn auswirken wird, ist im Moment offen. Tatsächlich wird aber auch eine neue Führung in Abchasien nicht auf die russische Unterstützung verzichten können. Dafür sorgt schon allein Georgien, das seine Besitzansprüche auf den Landstrich an der Schwarzmeer-Küste noch immer aufrechterhält.

Links: