EU-Vergleich zu verlorenen Arbeitsplätzen
Österreich hat in den letzten elf Jahren durch die Verlagerung von größeren Betrieben ins Ausland brutto 6.872 Arbeitsplätze verloren. Von Betriebsschließungen waren 5.236 Arbeitsplätze betroffen, der größte Teil fiel allerdings durch Insolvenzen weg, nämlich 14.307. Der größte Teil der Verlagerungen fand innerhalb von Europa statt. Zweite große Zielregion war Asien mit China und Indien.
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Was die Verlagerung von Arbeitsplätzen betreffe, habe Österreich eine leicht negative Nettoposition, so Studienautor Ulrich Schuh von EcoAustria am Mittwoch in Wien anlässlich der Präsentation einer Studie über Betriebsschließungen und Betriebsverlagerungen in Europa. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sah allerdings das „Klischee“ widerlegt, dass Arbeitsplätze in hohem Ausmaß durch Abwanderung verlorengehen.
Mitterlehner will „Leitbetriebe“ anlocken
Die Studie zeigt aus Mitterlehners Sicht, dass zwei Drittel der Arbeitsplätze durch Insolvenzen und Schließungen verloren gingen. Eine Analyse der Wertschöpfungskette, nämlich wie viele kleinere Unternehmen durch eine Insolvenz mitgezogen werden, fehle noch. Ein Aufbau einer solchen Datenbank sei aber geplant. Der Minister sieht in den Studienresultaten den Anlass für „die Erarbeitung einer neuen Standortstrategie für Leitbetriebe“. Dabei will er vor allem mit gesenkten Lohnnebenkosten und Bürokratieabbau locken.
Die EcoAustria-Studie basiert auf 3.300 Restrukturierungsfällen mit 1,26 Millionen betroffenen Arbeitsplätzen in 27 europäischen Ländern. Berücksichtigt wurden nur Fälle, wenn entweder mehr als 100 Arbeitnehmer oder mindestens zehn Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten betroffen waren. Als Datengrundlage diente der European Restructuring Monitor (ERM), der auf der Auswertung von medialen Berichten basiert.
33 insolvent, 32 geschlossen, 25 abgewandert
Bei den 94 erfassten österreichischen Fällen handelt es sich bei 33 um Insolvenzen, bei 32 um Schließungen und bei 25 um Verlagerungen. Insgesamt waren 29.537 Arbeitsplätze von den Restrukturierungen betroffen, mit 14.307 fast die Hälfte von Insolvenzen, 6.872 von Verlagerungen und 5.236 von Schließungen. Weitere gut 3.000 konnten nicht exakt zugeordnet werden. Im Verhältnis zu den insgesamt Beschäftigten waren in Österreich 0,7 Prozent von Restrukturierungen ihrer Betriebe betroffen. Österreich liegt damit im europäischen Mittelfeld.
Am schlechtesten schnitten Irland und Großbritannien mit 1,8 bzw. 1,1 Prozent ab, gefolgt von Dänemark, Finnland und Schweden. Von Restrukturierungen verhältnismäßig geringer betroffen waren etwa Deutschland, Italien und Norwegen. Österreich weicht laut Studie vom Europadurchschnitt insofern ab, als den Insolvenzen eine größere Bedeutung zukomme, so Schuh. Dabei spielten auch einige Großinsolvenzfälle wie jene von Alpine und dayli mit insgesamt 12.300 verlorengegangenen Jobs eine Rolle.
Abwanderung vor allem EU-intern
Der Großteil der Verlagerungen der 27 untersuchten Länder fand innerhalb von Europa statt und hier besonders in die EU-15-Länder, nach Polen und die restlichen neuen EU-Mitgliedsstaaten. Es ergab sich eine Nettoverschiebung von den alten in die neuen Mitgliedsstaaten. Als zweite große Zielregion war Asien von Bedeutung, vor allem China und Indien. Für Österreich war es ähnlich, so Schuh. Auch die Herkunftsländer lagen großteils in Europa. Am stärksten betroffen von Verlagerungen waren Industrie und Handel.
Mehr als die Hälfte der betroffenen Arbeitsplätze entfiel auf den Produktionssektor - auch in Österreich. Hier war auch die Bauwirtschaft von Bedeutung. Seit 2010 seien die Verlagerungen wieder rückläufig, so Schuh. Bei den Gründen für die Restrukturierungen spielten die ungünstige Marktsituation und Kosten eine wesentliche Rolle - Produktionskosten im Allgemeinen und Arbeitskosten im Speziellen. Die Wirtschaftskrise hatte 2009 den größten Einfluss, wirke aber noch nach, so Schuh.
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