Kassenschlager nach Rezept
Sie sind ein Hollywood-Mythos, obwohl man sie oft zielsicher vorhersagen kann: die Sommerblockbuster. Von 1975 bis heute hat sich das Wesen des ferientauglichen Straßenfegers verändert. Aber manche Trends setzen sich seit damals fort.
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Ganz genau wollte es Walt Hickey vom Filmblog FiveThirtyEight wissen. Er durchforstete die Internet Movie Database, eine verlässliche Quelle, in der grundlegende Fakten über so gut wie alle Filme zu finden sind, die jemals im Kino liefen. Hickey nahm alle Streifen seit 1975 her, die dort von Usern als „Blockbuster“ klassifiziert wurden und mehr als 50.000 Besucher im Kino hatten. Dann machte er sich an Statistiken, kategorisierte die Filme und durchforstete sie sogar nach typischen Szenen wie Verfolgungsjagden.

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Der neue „Planet der Affen“
Ein Beispiel sind Actionszenen: In 36 Prozent der Filme fand eine Verfolgungsjagd statt, in 35 Prozent fiel jemand aus großer Höhe herunter, in 34 Szenen explodierte etwas - in 20 Prozent der Filme war das ein Auto, in elf Prozent ein Gebäude und ebenfalls in elf Prozent der Fälle ein Mensch. Was nicht verwundert, denn 46 Prozent der Blockbuster sind Actionfilme.
Trend zu Gewalt und Action
Bei der Kategorisierung in Filmtypen kann ein Titel in mehrere Sparten fallen, es gibt viele Überlappungen. Daraus ergibt sich folgende Verteilung: 46 Prozent Actionfilme, 42 Prozent Abenteuerfilme, 32 Prozent Thriller, 32 Prozent Komödien, 29 Prozent Drama, 23 Prozent Science-Fiction, 22 Prozent Fantasy, 17 Prozent Family, 17 Prozent Krimis, 15 Prozent Liebesfilme. Thanatos killt Eros, der Tod ist attraktiver als die Liebe.
Der Trend hin zu mehr Gewalt und mehr Action ist dabei nicht zu leugnen. 70 Prozent der Blockbuster, die seit 2010 in die Kinos kamen, werden als gewaltvoll gelistet, im langjährigen Mittel sind es 40 Prozent. Ein Detailbeispiel: Verfolgungsjagden kommen seit 2005 in 50 Prozent der Blockbuster vor - bei einem Mittelwert von 36 Prozent über die Jahre hinweg müssen es früher viel weniger gewesen sein. Aber es gab sie: Man erinnere sich etwa an die legendäre Skiverfolgungsjagd von James Bond am Anfang von „The Spy Who Loved Me“.
Wie in Filmen gekämpft wird
Noch stärker sieht man das anhand von Menschen, die bei Explosionen ums Leben kommen: Das kam in sieben bis acht Prozent der Filme 1980 vor, in 36 Prozent der Blockbuster 2013. Ebenfalls auffällig: Die Zahl der Kinokassenschlager mit Morden ist von 1980 mit 30 Prozent auf deutlich über 60 Prozent 2013 gestiegen - aber die Menge an Blut, die man im Film sieht, blieb gleich. Das heißt: Mord wird heute als saubere Sache dargestellt. Das Leid, der Schmerz, die Wunden, das Ekelhafte wird nicht mehr vermittelt.

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Klassische Katastrophen-Action in „Storm Hunters“
Und wie wird gekämpft? Im langjährigen Durchschnitt finden in 30 Prozent der untersuchten Filme Massenschießereien statt, in 27 Prozent Faustkämpfe, in 21 Prozent Duelle mit Gewehren, in 16 Prozent der Fälle wird jemandem ins Gesicht geschlagen, in 13 Prozent wird geohrfeigt, und zwölf Prozent der Kämpfe werden mittels Schwert ausgetragen.
Vater-Sohn weit vor Mutter-Tochter
Aber immerhin - es gibt ja nicht nur Actionfilme, sondern auch Komödien und eine Handvoll Liebesfilme. Dort stehen zwischenmenschliche Beziehungen und Familienthemen im Vordergrund. Am öftesten steht in Blockbuster die Beziehung zwischen Vater und Sohn im Mittelpunkt (31 Prozent), wobei die sich natürlich trefflich auch für Actionfilme nutzen lässt, siehe den neuen „Godzilla“-Film.
Die Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau spielt in 24 Prozent der Filme eine wichtige Rolle, jene zwischen Mutter und Sohn in 23 Prozent, zwischen Vater und Tochter in 21 Prozent, zwischen Liebespärchen ohne Trauschein in zwölf Prozent und die zwischen Mutter und Tochter in elf Prozent.
Comics weit in Führung
In der Statistik schlagen übrigens Marvel-Superheldenverfilmungen und ähnliche Streifen stark zu Buche. Seit 2010 basiert jeder dritte Blockbuster auf einer Comicvorlage, der Trend wurde 2000 vom ersten neuen „X-Men“-Film losgetreten. Zum Vergleich: 19 Prozent der Filme basieren auf einem Roman, sechs Prozent auf einer Fernsehserie.
Die publikumsträchtigeren Filme, die derzeit in die heimischen Kinos kommen, passen in dieses Schema. Blockbuster nach den Kategorien von Walt Hickey werden sie wohl nicht alle werden - vor allem die Liebesfilme, die nicht weltweit starten, sondern europazentriert sind. Aber um die Marvel-Verfilumng „Guardians of the Galaxy“ (Filmstart 28. August) muss man sich wohl keine Sorgen machen - und der vierte „Transformers“-Teil bricht bereits alle Rekorde.

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Teil vier der „Transformers“ - Sequels sind gefragt
Warum es so viele Fortsetzungen gibt
A propos Fortsetzungen: Während 1975 20 Prozent der Blockbuster Sequels waren, waren es 2013 bereits über fünfzig Prozent. An millionenschweren Erfolgsrezepten hält sich Hollywood fest wie ein Ertrinkender am Strohhalm. Auf Science-Fiction setzen diesen Sommer auch „Jupiter Ascending“ mit Channing Tatum und Mila Kunis, die düstere Zukunftsvision „The Purge: Anarchy“ (31. Juli) und ein weiteres Sequel - „Planet der Affen - Revolution“ (7. August).
Klassische Katastrophen-Action bietet das Wetterdrama „Storm Hunters“ (22. August). Eine Komödie, die diesen Sommer anläuft und ihr Publikum finden wird, ist „22 Jump Street“ (1. August).
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