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Nowotny: „Gibt eine Diskussion“

EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hat die Handlungsbereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Abwehr einer Deflation in der Euro-Zone bekräftigt - und angedeutet, dass die EZB eine weitere Leitzinssenkung erwägt.

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„Wir sind derzeit in einer Situation, wo die Inflationsraten so niedrig sind, dass die Gefahr einer Verringerung des Wirtschaftswachstums besteht. Wir werden uns unterhalten, welche Maßnahmen wir hier setzen können“, sagte Nowotny am Dienstag in Wien. Ob die EZB bei ihrem nächsten Ratstreffen kommende Woche eine weitere Zinssenkung beschließen könnte, ließ er offen. „Es gibt eine Diskussion, die in diese Richtung geht“, sagte er.

Die Inflation im Euro-Raum wird laut Nowotny auf absehbare Zeit niedrig bleiben. Zwar zeichne sich für 2014 und 2015 eine wirtschaftliche Erholung ab, sagte Nowotny. Die Teuerungsrate dürfte in diesem Zeitraum jedoch deutlich unter der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent bleiben. Die Einhaltung dieses Ziels sei aber mittelfristig zu erwarten, fügte der Chef der österreichischen Notenbank hinzu.

Investoren rechnen fix mit Senkung

Auf den Finanzmärkten wird jedenfalls bereits fix mit einer baldigen Zinssenkung gerechnet. Bereits Anfang Mai hatten viele Investoren auf einen Zinsschritt gewettet, der dann aber ausblieb. Nach der letzten Sitzung des EZB-Rats hatte Notenbankchef Mario Draghi aber betont, der Rat fühle sich „wohl damit, beim nächsten Mal zu handeln“. Diese Aussage war deutlich konkreter, als viele Fondsmanager und Banken erwartet hatten. In der Folge sei es daher zu einem „Stimmungsumschwung von großen Spekulanten wie Hedgefonds“ gekommen, so Niall Delventhal vom Devisenbroker DailyFX.

Strafzinsen für Banken?

Marcel van Leeuwen, Geschäftsführer von DWPT Deutsche Wertpapiertreuhand, rechnet damit, dass die EZB nicht nur den Leitzins nochmals etwas senkt, sondern auch den Einlagenzins. Diesen Zins bekommen Banken normalerweise auf überschüssiges Geld gutgeschrieben, das sie bei der Zentralbank parken.

In der Krise senkten die Währungshüter diesen Zins auf null Prozent, um ein Austrocknen des Kreditmarkts zu verhindern (viele, vor allem kleine und mittlere Unternehmen bekommen keinen oder schwieriger Kredite von den Banken, Anm.). Geschäftsbanken verdienen also nichts mehr damit, wenn sie Geld bei der EZB anlegen. Senkt die EZB den Einlagenzins unter Null, würde sie den Banken de facto einen Strafzins aufbrummen, wenn diese Geld bei ihr horten.

Mit den steigenden Erwartungen an die EZB wachse aber auch das Enttäuschungspotenzial, warnte DailyFX-Analyst Delventhal gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Da kann ein Euro-Kurs von 1,40 Dollar schnell in greifbare Nähe rücken.“ Auch ein Sprung über diese psychologisch wichtige Marke sei denkbar.

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