„Undifferenzierte Schuldzuweisungen“
Die Parteispitze der SPÖ gab sich am Montag trotz klaren Verfehlens des selbst gesteckten Wahlziels gelassen. Das Abschneiden sei „kein Grund zum Traurigsein“, so etwa Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ). Sowohl Spitzenkandidat Eugen Freund als auch Wahlkampfleiter Norbert Darabos wurde gute Arbeit attestiert.
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Die parteiinterne Harmonie wurde jedoch von der Kritik des burgenländischen SPÖ-Landesrats Peter Rezar getrübt. Am schlechten Abschneiden der SPÖ sei „in erster Linie sicher der Kanzler selbst“ schuld, so Rezar im „Kurier“.
Probleme für Faymann bei Bundesparteitag
Rezar drängt auf die rasche Einführung der Vermögenssteuer und Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent. Die Vermögenssteuer sei eine „zentrale Ansage“ von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) im Wahlkampf gewesen. „Wenn diese roten Kernforderungen bis Herbst nicht auf Schiene sind, wird Faymann beim Bundesparteitag ärgste Probleme kriegen“, so Rezar gegenüber der Zeitung.
Nun müsse man rasch Glaubwürdigkeit wiedererlangen. Sollte die ÖVP nicht mitgehen, solle Faymann die Koalition „platzen lassen“, deponierte Rezar neuerlich. Eine Koalition mit der FPÖ schloss er nicht aus und kritisierte, dass sich Faymann zu sehr aus der Tagespolitik zurückziehe: „Es ist klass und lieb, wenn er Conchita Wurst empfängt, aber dann will ich auch die Vermögenssteuer haben.“
Zurechtweisung von Niessl
Der burgenländische SPÖ-Landesparteichef Hans Niessl wies Rezar wegen dessen Kritik zurecht. „Das ist nicht in Ordnung“, sagte Niessl am Dienstag gegenüber der APA: „Kritik ja, aber die ist an den Finanzminister zu richten.“ Mit Rezar will er noch am Dienstag sprechen und die „Linie festlegen“. Allerdings pocht auch Niessl auf rasche Ergebnisse in den nächsten Monaten und macht Druck: „Es muss Ergebnisse geben in Bezug auf die Steuerreform. Wenn es keine Ergebnisse in der Regierung gibt, muss man sich überlegen, ob man weitermacht. Mit Blockierern in der Regierung zu sitzen ist schwierig.“
Von Neuwahlen will der Landesparteichef allerdings noch nicht sprechen, ebenso wenig von einer Koalition mit der FPÖ: „Es gibt einen Bundesparteitagsbeschluss, und solange der aufrecht ist, kann es keine Koalition geben.“ Mit Personen wie etwa Andreas Mölzer könne man keine Koalition bilden, betonte Niessl.
Prammer: Vorwürfe „vollkommen entbehrlich“
Auch Nationalratspräsidentin und SPÖ-Vizechefin Barbara Prammer verteidigte Faymann umgehend. Die Aussagen von Rezar seien „vollkommen entbehrlich“: „Undifferenzierte Schuldzuweisungen sind die völlig falsche Reaktion auf das Ergebnis der EU-Wahl.“ Eine Koalition „mit dieser Strache-FPÖ“ schließt Prammer außerdem aus. Österreich habe die Finanz- und Wirtschaftskrise gut gemeistert und stehe, verglichen mit den meisten anderen europäischen Ländern, hervorragend da. Das sei wesentlich das Verdienst der rot-schwarzen Koalitionsregierung.
Ostermayer: „Nicht nachgedacht“
Auch Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) hat die Aussagen Rezars am Montag zurückgewiesen. In Sachen Koalition mit der FPÖ verwies Ostermayer auf den aufrechten Parteitagsbeschluss gegen eine derartige Zusammenarbeit. „Es ist entweder nicht nachgedacht worden, oder man hat bewusst etwas gesagt, um medial vorzukommen“, so Ostermayer im ORF-„Report“.
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Darabos sind die Aussagen „Fehlanalysen, die in keinster Weise nachvollziehbar sind“ und „schlussendlich auch nicht wirklich durchdacht“. Sich auf Kosten der Partei in der Öffentlichkeit zu profilieren sei zudem „kein besonders guter Stil“. Die Vorsitzende der Jungen Generation, Katharina Kucharowits, deponierte ebenfalls „ein klares Nein zur Koalition mit der FPÖ“. Rezars Aussagen sind für sie „unfassbar“.
Faymann verweist auf Krise auf dem Arbeitsmarkt
Faymann selbst führte das Verfehlen des Wahlziels darauf zurück, dass sich viele Arbeitnehmer zu wenig von der SPÖ vor der Krise auf dem Arbeitsmarkt geschützt gesehen hätten. Auch den in Europa insgesamt starken Zulauf zu weit rechts stehenden Parteien sieht Faymann im Zusammenhang mit der Krise.
Dass es nicht zu Platz eins reichte, schrieb Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser der Mobilisierung zu, die nicht ausreichend geklappt habe. Bures betonte, man habe die Zahl der Mandate gehalten und an Prozenten zugelegt.
Gusenbauer: Ergebnis, „mit dem man leben kann“
Für den ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat die EU-Wahl ein anständiges Ergebnis gebracht, „mit dem man gut leben kann“. Bei allem Geraunze sei festzustellen, dass die Leute die proeuropäischen Parteien gestärkt hätten. Die ÖVP habe einen guten Spitzenkandidaten gehabt, sagte Gusenbauer am Montagabend in Richtung Wahlsieger. Bei der SPÖ, die sich im Wesentlichen auf ihren Stammwählerbereich konzentriert habe, glaube er nicht, dass der Spitzenkandidat noch zusätzlich sehr viele Stimmen gebracht habe, sagte Gusenbauer.
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