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SPÖ bleibt Zweite

Die EU-Wahl in Österreich ist geschlagen - um 17.00 Uhr haben die letzten Wahllokale geschlossen. Laut ORF-Hochrechnung gelingt es der ÖVP trotz leichter Stimmenverluste, Platz eins zu halten. Die SPÖ hält Platz zwei. Die FPÖ legt stark zu und kommt auf Platz drei. Die Grünen machen ebenfalls einen Sprung und landen klar auf Platz vier. NEOS schafft als fünfte Partei den Einzug ins EU-Parlament. Alle Kleinparteien verfehlen den Einzug deutlich.

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Die Volkspartei mit Spitzenkandidat Othmar Karas muss zwar leichte Verluste hinnehmen, bleibt aber laut Hochrechnung mit 27,3 Prozent vor der Kanzlerpartei SPÖ. Diese stagniert bei knapp unter 24 Prozent und hält damit klar Platz zwei - das erklärte Wahlziel, mit Spitzenkandidat Eugen Freund der ÖVP den ersten Platz abzujagen, verfehlt die Partei von Kanzler Werner Faymann damit aber klar.

FPÖ vor Grünen und NEOS

Die meiste Bewegung gibt es auf den folgenden Plätzen: FPÖ, Grüne und NEOS dürften das frei gewordene Stimmenpotenzial von der nicht mehr angetretenen Liste Martin (17,7 Prozent) und dem BZÖ abgeschöpft haben. Die Freiheitlichen mit Spitzenkandidat Harald Vilimsky erobern Platz drei zurück und legen um fast sieben Prozentpunkte auf fast 20 Prozent zu. Stark auch die Zugewinne der Grünen, die die 15-Prozent-Marke knacken. NEOS schafft auf Anhieb fast acht Prozent und den Sprung ins EU-Parlament - aber mit deutlichem Abstand zu den Grünen.

Alle anderen Listen - Europa anders, BZÖ, REKOS und EU-Stop - verfehlten den Einzug. Die Überraschung unter den Kleinparteien ist jedenfalls EU-Stop. Die einzigen dezidierten Austrittsbefürworter fuhren mit mehr als zwei Prozent das beste Ergebnis der Kleinparteien ein. In Kärnten erhielt die Liste sogar mehr als vier Prozent.

Hochrechnung von 19.34 Uhr

SORA/ORF

FPÖ verdoppelt Mandate

18 Mandatare entsendet Österreich nach Straßburg und Brüssel. Nach Sitzverteilung bedeutet das Wahlergebnis, dass die FPÖ ihre Mandatszahl im Europaparlament von zwei auf vier verdoppelt. Die ÖVP kommt auf fünf - ein Mandat weniger als bisher. Die Grünen mit Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek kommen auf drei Sitze (plus eins). Unverändert bei fünf Sitzen bleibt die SPÖ. Ein Mandat erzielt NEOS.

Karas: „Wunderschöner Tag“

ÖVP-Spitzenkandidat Karas sprach von einem „wunderschönen Tag“. „Wir haben alle unsere Wahlziele erreicht, wir sind als Erste mit deutlichem Vorsprung durchs Ziel gegangen“, so Karas trotz des Verlustes von mehr als zwei Prozentpunkten. Auf die Frage, ob er, Karas, nun der nächste österreichische EU-Kommissar werden wolle (er hatte selbst Interesse angemeldet, Anm.), wollte Karas am Wahlabend nicht eingehen. In Medien war in den letzten Monaten wiederholt spekuliert worden, ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger könnte vom Finanzministerium in die EU-Kommission wechseln. Spindelegger, der am Wahlabend gemeinsam mit Karas auftrat, gratulierte Karas und dem gesamten Wahlkampfteam.

Die Spitzenkandidaten Ulrike Lunacek (Grüne), Othmar Karas (ÖVP),  Harald Vilimsky (FPÖ), Angelika Mlinar (NEOS) und Eugen Freund (SPÖ)

APA/Harald Schneider

Die Spitzenkandidaten der fünf künftig im EU-Parlament vertretenen österreichischen Parteien

Ernüchterung bei SPÖ

Ernüchterung herrschte bei der SPÖ. Kanzler Faymann räumte am Wahlabend ein, dass seine Partei das selbst gesteckte Wahlziel verfehlte. Man habe aber sehr hart gearbeitet, und Freund sei ein guter Spitzenkandidat gewesen. Nicht gerade begeistert hatte zuvor Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) reagiert: Man dürfe jetzt nicht zum Alltag übergehen. Natürlich habe man sich mehr erwartet. SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos und Klubchef Andreas Schieder versuchten das Positive am Ergebnis zu sehen. Sie verwiesen etwa darauf, dass SPÖ und ÖVP gleich viele Mandate hätten und sich der Abstand verringert habe.

FPÖ: „Großartiger Erfolg“

FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky war erfreut über das „Sensationsergebnis“ der FPÖ. Er sei „mehr als zufrieden“, sagte Vilimsky. „Wir sind der Sieger des Abends, alle anderen schauen alt aus“, sagte er. SPÖ und ÖVP seien „picken geblieben“. Dass das noch zu Beginn des Wahlkampfs ausgegebene Ziel - Platz eins oder zwei - verfehlt wurde, spielte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl herunter. Man sei in „Schlagdistanz“ zur SPÖ und beim nächsten Mal werde man vorne stehen.

Jubel herrschte auch bei den Grünen. Es sei das der sechste Wahlerfolg in den vergangenen Monaten, freute sich Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner und sagte, dass der Erfolg auf den Themenwahlkampf seiner Partei zurückzuführen gewesen sei. Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek verwies darauf, dass dies das beste Ergebnis in der Geschichte der Grünen auf Bundesebene sei. Als Grund für den Erfolg sieht Lunacek, dass die Grünen als einzige Partei einen Themenwahlkampf geführt hätten.

NEOS-Spitzenkandidatin Angelika Mlinar zeigte sich über das Abschneiden ihrer Partei ein wenig enttäuscht. „Wir haben uns ein sehr ambitioniertes Wahlziel gesetzt und nicht ganz erreicht“, sagte sie. „Insofern ist da auch eine gewisse Bitternis dabei.“ Mlinar sprach von einem „unglaublich mutigen Wahlkampf“ - Kritiker sprachen von neoliberalen Ansagen. Einen Teil der Verantwortung nahm Mlinar auf ihre Kappe.

Ehrenhauser und Stadler enttäuscht

Europa-anders-Spitzenkandidat Martin Ehrenhauser zeigte sich ernüchtert ob des Abschneidens des Wahlbündnisses. Zwar glaube er noch an eine Verbesserung des Ergebnisses von derzeit etwa zwei Prozent laut Hochrechnungen, aber natürlich habe man sich etwas anderes vorgestellt. Dass man zudem hinter der Liste EU-Stop liegt, „gibt schon ein trauriges Bild ab“, so Ehrenhauser. Deren Parteichef Robert Marschall zeigte sich „sehr zufrieden“ mit dem Abschneiden. Er wolle nun weiterarbeiten wie bisher. Jede Stimme für seine Partei sei der „maximale Protest gegen die EU“.

REKOS-Spitzenkandidat Ewald Stadler zeigte sich vom Nichteinzug ins EU-Parlament mit knapp einem Prozent enttäuscht. BZÖ-Chef Gerald Grosz zeigte sich nicht überrascht über das Abschneiden seiner Partei mit weniger als einem Prozent. Das BZÖ will er weiterführen, aber inhaltlich neu aufstellen.

Regionale Überraschungen

Regional zeigte das Wahlergebnis einige Überraschungen: In Innsbruck holten die Grünen ebenso Platz eins wie in der Stadt Graz. Die FPÖ eroberte dagegen die beiden umliegenden Bezirke Graz-Umgebung und Voitsberg. Auch in Vorarlberg schnitten die Grünen stärker als wohl von den meisten erwartet ab und eroberten in dem ÖVP-Kernland auch den Bezirk Bludenz. Die ÖVP eroberte in zwei Bezirken im Waldviertel - Horn und Zwettl - als einzige Partei eine absolute Mehrheit. In Wien hält die SPÖ laut Hochrechnung Platz eins, die Grünen landen vor der FPÖ auf Platz zwei - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Die Motive der Wähler

Bei der Nachwahlbefragung zeigte sich, dass es eine deutliche Alterskluft gibt: Der Politologe Peter Filzmaier betonte, je älter ein Wähler sei, desto eher wähle er SPÖ und ÖVP. Die FPÖ habe bei Jüngeren mehr gewonnen, die Altersstruktur sei aber relativ konstant. Das Gros der unter 30-Jährigen habe vor allem Grüne und NEOS gewählt.

Die Verteilung der Wählerstimmen nach EU-Befürwortern und -Gegnern zeige, dass die FPÖ bei den Gegnern „fast ein Monopol“ habe, so Filzmaier. Bei allen anderen Parteien seien die Befürworter voran, die auch in Summe die Mehrheit bildeten.

Als innenpolitisches Signal wollen laut der Befragung vor allem die Wähler von FPÖ (44 Prozent) und NEOS (29 Prozent) ihr Votum verstanden wissen. Am niedrigsten ist dieser Anteil erwartungsgemäß bei den Wählern der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. Auch bei den Grünen sei dieser Anteil mit 17 Prozent - für eine Oppositionspartei - überraschend gering, so Filzmaier, der sich das vor allem mit dem dezidiert europäischen grünen Wahlkampf erklärt - mehr dazu in EU-Wahl 2014 (news.ORF.at).

Wahlbeteiligung stagniert

Die Wahlbeteiligung fiel mit rund 46 Prozent ähnlich aus wie beim letzten EU-Urnengang - und lag leicht über der prognostizierten EU-weiten Wahlbeteiligung. Am Sonntag wird zwar um 23.00 Uhr von Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) ein vorläufiges Endergebnis verkündet, darin sind allerdings die Briefwahlstimmen und die in einem „fremden“ Wahlkreis abgegebenen Wahlkarten noch nicht enthalten. Sie werden erst am Montag ausgezählt. In der Hochrechnung sind die Wahlkarten bereits berücksichtigt.

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