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Pekings Kampfparolen als Bumerang

Das muslimische Volk der Uiguren ist mit den Türken verwandt. Sieben bis acht Millionen leben im Nordwesten Chinas. Peking verleibte sich 1955 das ehemalige Ostturkestan als „Autonome Region Xinjiang“ ein und siedelte dort Han-Chinesen an. Politisch, kulturell und wirtschaftlich sehen sich die Uiguren benachteiligt und kämpfen für ihre Rechte.

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Menschenrechtsgruppen werfen Chinas Behörden vor, die Uiguren zu unterdrücken. Es gebe Massenverhaftungen, Folter und Todesurteile. Seit Mitte der 1990er Jahre wurden laut Amnesty International mehr als 3.000 Uiguren festgenommen und mehr als 200 hingerichtet. Peking macht uigurische Separatisten für Anschläge mit vielen Toten verantwortlich.

Bei „Deal“ mit USA unter die Räder gekommen

Als muslimisches Turkvolk genießen die weltweit rund zehn Millionen Uiguren keineswegs die gleichen Sympathien in der Weltöffentlichkeit wie die buddhistischen Tibeter. Deren religiöses Oberhaupt, der Dalai Lama, gilt vielen als Sinnbild für Friedfertigkeit und kann auf zumindest ideelle Unterstützung rund um die Welt zählen - die Uiguren hingegen sind mit ihren Anliegen im Wesentlichen auf sich selbst gestellt. Das liegt nicht nur in ihrer eigenen Verantwortung.

Um Peking nach den Anschlägen am 11. September 2001 in New York im Kampf gegen den Terror an Bord zu holen, hatten die USA auf Drängen Chinas eine kleine, damals wenig bekannte „Ostturkestanische Islamische Bewegung“ (ETIM) als Terrorgruppe anerkannt. Seither scheinen Chinas Behörden alle uigurischen Aktivisten, die sich gegen Benachteiligung in Xinjiang auflehnen, gerne mit dem Stempel ETIM in die Nähe des Terrors zu rücken.

Oft zu Unrecht ins islamistische Eck gerückt

Dass China den Konflikt mit den Uiguren seit Jahren zum Kampf gegen Radikalislamismus umfärbt, könnte nun zum Bumerang werden. Uiguren haben nach allgemeiner Einschätzung wenig Sympathie für radikalen Islam, und ETIM spielt nach Angaben westlicher Experten seit dem Jahrtausendwechsel kaum eine Rolle. Nun scheint es aber, als würde sich die stete Propaganda über den Kampf gegen radikalen Islamismus im Nachhinein bewahrheiten.

Immer mehr vermitteln Anschläge tatsächlich das Bild islamistischen Terrors. Parallel dazu stiegen - unabhängig von allen Ideologien, Religionen und Überzeugungen - auf beiden Seiten die rassistischen Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen. Offensichtlich wurde das spätestens bei blutigen Zusammenstößen zwischen Uiguren und Han-Chinesen 2009, als rund 200 Menschen in Xinjiang ums Leben kamen.

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