Themenüberblick

Blockaden und Gewalt in Ostukraine

Gleichzeitig mit der EU-Wahl am Sonntag sind auch die Ukrainer zu den Urnen gerufen. 35 Millionen von den insgesamt 45 Millionen Einwohnern sind wahlberechtigt. Allerdings ist die Wahl im Osten des Landes nur unter schwierigen Bedingungen durchführbar. Auf der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim findet die Wahl nicht statt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Im Westen der Ukraine öffneten die Wahllokale bereits um 8.00 Uhr (7.00 Uhr MESZ). Schon kurz nach der Öffnung drängten sich in Kiew, Charkiw und Odessa zahlreiche Menschen in den Wahllokalen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. In den östlichen Teilen des Landes, besonders in den umkämpften Regionen Donezk und Lugansk mit insgesamt rund fünf Millionen Wahlberechtigten, sind zwei Drittel der Bezirkswahlkommissionen nicht zugänglich.

Wähler

Reuters/David Mdzinarishvili

In Kiew ist das Interesse an der ukrainischen Präsidentenwahl groß

Mitarbeiter von Wahlkommissionen in der Ostukraine sind nach Angaben aus Kiew Opfer von Entführungen geworden. Zudem werde die Bevölkerung von „Terroristen“ vor der Wahl eingeschüchtert, Wahllokale würden attackiert und Wahlunterlagen und Büros zerstört. Eine knappe Stunde nach Wahlbeginn war die Stimmabgabe nur in 308 von insgesamt 2.430 Wahlbüros im Gebiet Donezk möglich, teilte Kiew mit. Es gebe allerdings noch nicht aus allen Teilen der Regionen Informationen.

Italienischer Journalist getötet

Die Gewalt im Osten der Ukraine hält an. Erst am Samstag wurde offenbar ein italienischer Journalist getötet. Wie das Außenministerium in Rom am Sonntag mitteilte, wurde Andrea Ronchelli nahe der Rebellenhochburg Slawjansk durch Mörserbeschuss getötet. Zwar sei seine Leiche noch nicht identifiziert worden, alles deute jedoch darauf hin, dass Ronchelli tot sei, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Kiew will landesweite Wahl

Kiew hält dennoch an einer Wahl in der gesamten Ukraine fest und will die Abstimmung trotz der Blockade in der Ostukraine auch für gültig betrachten, da keine Mindestbeteiligung vorgeschrieben ist. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die über 1.000 Wahlbeobachter stellt, zeigte sich ebenfalls optimistisch, dass die Wahl in der ganzen Ukraine stattfinden kann. Aus Sicherheitsgründen will die OSZE aber voraussichtlich keine Wahlbeobachter in die Ostukraine schicken. Erst kürzlich war das Team einer internationalen Militärbeobachtermission mehr als eine Woche lang von den Separatisten als Geisel genommen worden.

Wahl auch mit Ausfällen legitim?

In Anbetracht der heiklen Situation hat das ukrainische Parlament noch schnell ein neues Wahlgesetz verabschiedet. Sollte in einem der 250 Wahllokale nicht gewählt werden können, hat das laut dem neuen Gesetz keinen Einfluss auf die Legitimität der Wahlen, so der ukrainische Jurist Wadim Galajtschuk im Gespräch mit der APA in Kiew. Wenn es „zu gefährlich“ sei, die Stimmzettel zu überstellen, dann werde das nicht getan, und die Stimmen aus diesem Wahllokal würden nicht mitgezählt.

Internationale Anerkennung als erklärtes Ziel

Das alles würde die „Legitimität in keiner Weise gefährden“, versichert Galajtschuk. Diese Meinung teilt freilich nicht jeder. So warf das russische Außenministerium die Frage auf, „ob Wahlen im Kanonendonner wirklich den demokratischen Normen des Wahlprozesses entsprechen“. Und Russlands Präsident Wladimir Putin sieht die Ukraine in einem „echten Bürgerkrieg“, für den die USA eine Mitverantwortung trügen.

Putin betonte am Freitag, dass aus russischer Sicht immer noch der im Februar gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch legitimer Staatschef sei. „Grundsätzlich kann es keine Wahl geben, da Janukowitsch als Präsident im Amt ist. Aber auch wir wollen, dass endlich Ruhe einkehrt (in der Ukraine), und werden die Wahl des ukrainischen Volkes respektieren.“

Umso mehr ist man in Kiew verständlicherweise daran interessiert, die Wahl so weit wie möglich rechtlich abzusichern. Denn nur eine internationale Anerkennung der Präsidentschaftswahl kann dem neuen ukrainischen Präsidenten seine Legitimität für Verhandlungen und Reformen sichern und die zu erwartende russische Kritik parieren.

Angst vor Gewalt

Um die Sicherheit der Wahl zu garantieren, will das Innenministerium in Kiew laut Medienberichten am Wahltag mehr als 55.000 Polizisten und 20.000 Freiwillige einsetzen. Allein in Kiew würden etwa 8.300 Sicherheitskräfte patrouillieren.

Die Ukraine fürchtet am Wahltag russische Provokationen und Gewaltakte der Separatisten in den abtrünnigen Regionen. In den letzten Tagen wurden bei Kämpfen zwischen Separatisten und der ukrainischen Armee Dutzende Menschen getötet.

Links: