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Vom Sicherheitschef zum Milliardär

Mit Kohle und Stahl ist Rinat Achmetow zum reichsten Mann der Ukraine geworden. Inzwischen besitzt der aus einer tatarischen Bergarbeiterfamilie stammende Oligarch über seine Holding System Capital Management mehr als 100 Firmen, darunter Fernsehsender und Telekommunikationsunternehmen. Im industriell geprägten Donez-Becken, dem Donbass, zieht der 47-Jährige als graue Eminenz die Fäden.

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Die Ursprünge seines Startkapitals legte der verheiratete Vater zweier Söhne allerdings nie offen. Eng verbunden ist Achmetows Aufstieg mit dem politischen Erfolg des inzwischen gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch, der ebenfalls aus dem Gebiet Donezk stammt. So gilt der Unternehmer als Hauptfinanzier von dessen Partei der Regionen, für die er jahrelang im Parlament saß. Während Janukowitschs Amtszeit von 2010 bis 2014 verdreifachte sich Achmetows Vermögen nach Schätzungen des Magazins „Forbes“ auf mehr als 15 Milliarden US-Dollar (knapp elf Mrd. Euro).

Zwischen Donezk und Hyde-Park-Luxus

Der am 21. September 1966 in Donezk geborene Achmetow arbeitete zunächst als Sicherheitschef für den mächtigen Geschäftsmann Achat Bragin. Nachdem Bragin im Oktober 1995 bei einem Bombenattentat getötet worden war, übernahm der Ökonom Stück für Stück die Macht. International erregte der bekennende Muslim Aufsehen mit dem Erwerb des teuersten Penthouses im prestigereichen Londoner Luxuskomplex One Hyde Park für etwa 221 Millionen Dollar (161 Mio. Euro). Doch stets beteuert der unscheinbar wirkende Mann, sein Hauptwohnsitz sei weiterhin Donezk.

Imperium vom Aufstand bedroht

So wie andere Oligarchen hatte sich Achmetow bisher aus dem Konflikt in der Ukraine herausgehalten und sich auf keine Seite geschlagen. Doch in den letzten Tagen erkannte Achmetow offenbar, dass seine Taktik der Neutralität nicht zielführend ist. Die Aufstände und Kämpfe drohten zuletzt seine Geschäftsgrundlage - die Stahl- und Bergbauwerke - zu schädigen. Mit seinem nunmehrigen Eintreten für die Einheit der Ukraine verfolgt Achmetow daher durchaus eigene Interessen. Er positioniert sich verstärkt als der entscheidende Player in der Region, um den weder Kiew noch Moskau herumkommen werden.

Bereits in der Vorwoche ließ Achmetow seine „Armee“ - die Berg- und Stahlarbeiter - ausrücken, um die Trümmer der Separatisten in Mariupol aufzuräumen. Mit Baggern rissen sie in Mariupol die Barrikaden aus Autoreifen und Paletten nieder, die die Aufständischen nach der Vertreibung aus dem besetzten Rathaus zurückgelassen hatten. Die Polizei half ihnen dabei, die maskierten Separatisten ließen sich nicht blicken. Insgesamt beschäftigt Achmetow in seinem Firmenimperium 300.000 Menschen.

Angst vor Schicksal als Zwergstaat

Seit die Separatisten Donezk zuletzt für unabhängig erklärten, droht sein Firmenimperium aufs Abstellgleis zu geraten. Denn Russland schwieg zu der Bitte der Rebellen nach einem Anschluss der Region an den großen Nachbarstaat. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Donezk in absehbarer Zeit neben Gebieten wie Abchasien und Südossetien in Georgien, Bergkarabach in Aserbaidschan und Transnistrien in Moldawien einreihen könnte.

All diese selbst ernannten Ministaaten entstanden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. Kaum ein Land erkennt sie an, die meisten Länder ignorieren sie schlicht. Würde sich Achmetow mitsamt seinem auf dem Export aufgebauten Firmenimperium plötzlich in der rechtlichen Grauzone eines Zwergstaates wiederfinden, dürfte das seinen Geschäften empfindlich schaden.

Link:

Rinat Achmetow (Wikipedia)