Ganze Landstriche verwüstet
Die Überflutungen der letzten Woche haben auf dem westlichen Balkan ein unglaubliches Ausmaß an Zerstörung hinterlassen. Am Montag zog die Regierung in Bosnien-Herzegowina eine erste Zwischenbilanz - samt Vergleichen mit der Zeit nach dem Bosnien-Krieg vor rund 20 Jahren.
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Ein Viertel der rund 3,8 Millionen Einwohner seien von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten. An die 100.000 Privathäuser, rund 230 Schulen und Gesundheitseinrichtungen seien unbrauchbar, sagte Außenminister Zlatko Lagumdzija. Der Minister wollte bei einer Pressekonferenz am Montag in Sarajewo noch keine Angaben zur Zahl der Todesopfer machen. Er verwies darauf, dass diese noch nicht feststehe. In Bosnien, Serbien und Kroatien dürften mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen sein.

AP/Amel Emric
Häuser wurden - wie hier nahe Tuzla - reihenweise dem Erdboden gleichgemacht
Häuser wurden mit Schlamm überschwemmt, Bäume reihenweise weggerissen, auf dem Land lägen in den Dörfern die Kadaver unzähliger ertrunkener Tiere. „Die Folgen der Flut sind erschreckend“, sagte Lagumdzija. „Die materiellen Schäden sind nicht kleiner als die, die vom Krieg (1992 bis 1995) verursacht wurden.“ Während des Kriegs hätten zahlreiche Menschen ihr gesamtes Hab und Gut verloren, so der bosnische Außenminister. „Heute stehen sie wieder vor dem Nichts.“
Über 2.000 Erdrutsche und 500.000 Evakuierte
In dem Land, nicht einmal so groß wie Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und das Burgenland zusammen, wurden über 2.000 Erdrutsche gezählt. Rund 500.000 Menschen mussten in Bosnien aus ihren Häusern fliehen. In Serbien betrug die Zahl der Obdachlosen bis Montag rund 25.000.

APA/ORF.at
„Wir haben Informationen darüber, dass eine halbe Million Bosnier entweder evakuiert wurden oder ihre Häuser wegen des Hochwassers oder Erdrutschen verlassen“, sagte der Leiter des Katastrophenschutzes, Fahrudin Solak. Auf dem westlichen Balkan waren in den letzten Tagen die größten Regenmessungen seit Beginn der Messungen vor 120 Jahren gefallen.
Warnung vor Landminen erneuert
In Bosnien wiederholten die Behörden eine Warnung vor Landminen, die der Krieg hinterlassen habe und die nun vom Hochwasser freigelegt und vertragen worden seien. Das nationale Zentrum für die Beseitigung von Landminen ersuchte um internationale Unterstützung in Form von Sicherheitsausrüstung und Satellitenscreenings von Minenfeldern.

Reuters/Dado Ruvic
Wasser, so weit das Auge reicht - hier bei Brcko in Bosnien-Herzegowina
Im nordbosnischen Maglaj blieb kaum ein Haus von den Fluten verschont. Fast alle Gebäude in der Stadt am Fluss Bosna waren mit Schlamm und Geröll bedeckt. Die Stadt sei zwei Tage lang praktisch „versunken“ gewesen, sagte Bürgermeister Mehmet Mustabasic. „Es wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis Maglaj wieder das ist, was es war.“
EU will laut Außenministerium bei Wiederaufbau helfen
Laut Angaben von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sicherte die EU-Kommission Kroatien, Serbien und Bosnien ihre Hilfe zu. Dabei gehe es nicht nur um Rettungskräfte aus EU-Ländern, die sich bereits im Einsatz befinden, sondern auch um Gelder für den Wiederaufbau, sagte Kurz am Montag.
Für den Wiederaufbau können nun Kroatien und Serbien, nicht aber Bosnien, bei der EU Gelder aus dem Solidaritätsfonds beantragen. Dieser steht Mitgliedsstaaten und Beitrittskandidaten nach schweren Katastrophen zur Verfügung, um öffentliche Infrastruktur zu reparieren und die Kosten für Nothilfe zu tragen. Serbien und Kroatien hätten bereits angekündigt, um die Gelder anzusuchen, sagte EU-Kommissar Johannes Hahn. Es bleibe bis Ende Juli, Anfang August dafür Zeit.
Mittel aus Topf für humanitäre Hilfe
Aber auch Bosnien-Herzegowina soll EU-Gelder erhalten. „Es braucht Hilfe der Union sowohl für Serbien als auch für Bosnien. Ich bin froh, dass beide Kommissare mir zugesichert haben, dass es Bestrebungen der EU geben wird, hier Unterstützung zu leisten“, sagte Kurz.
Die Mittel für Bosnien könnten laut seinen Angaben aus dem Bereich humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa kommen, auch könnte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle aus seinen Mitteln etwas beisteuern. Die EU leistet in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten bereits Katastrophenhilfe. Nach Angaben der EU-Kommission sind bereits 450 Helfer aus 14 EU-Ländern im Einsatz.
Spendenmöglichkeiten
- Caritas, „Hochwasserhilfe Südosteuropa“, PSK, IBAN: AT92.6000.0000.0770.0004, BIC: OPSKATWW
- Rotes Kreuz, „Flut in Südosteuropa“, Erste Bank, IBAN: AT57.2011.1400.1440.0144, BIC: GIBAATWWXXX
- Diakonie, „Fluthilfe“, Erste Bank, IBAN: AT85.2011.1287.1196.6333, BIC: GIBAATWWXXX
- Malteser Hospitaldienst, „Hochwasserhilfe Südosteuropa“, PSK, IBAN: AT43.6000.0000.0100.0999, BIC: OPSKATWW
- Volkshilfe, „Hochwasser am Balkan“, PSK, IBAN: AT77.6000.0000.0174.0400, BIC: OPSKATWW
- Hilfswerk Austria International, „Hochwasser Bosnien“, BAWAG P.S.K., IBAN: AT71.6000.0000.9000.1002, BIC: OPSKATWW
- Arbeiter Samariter Bund, Bank Austria, IBAN: AT97.1200.0006.5412.2001, BIC: BKAUATWW
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