Bettler: Caritas-Kritik an Bundeskriminalamt
Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, hat gestern nach dem Hintergrundgespräch des Bundeskriminalamts (BK) Kritik an Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle Menschenhandel im BK, geübt. „Niemand bettelt aus Jux und Tollerei, es handelt sich um verzweifelte Menschen, die unter unvorstellbar prekären Armutsverhältnissen leben“, so Schwertner.
Schwertner weist Zahlen zurück
Der Caritas-Generalsekretär betonte, dass es schon jetzt klar geregelt und „entsprechend zu verurteilen“ sei, „wenn es in einem Einzelfall um Menschenhandel gehen sollte“. Laut einer Studie würden Bettler zwischen 20 und 30 Euro pro Tag erhalten, Menschen mit Behinderung etwas mehr. Dass das, wie von Tatzgern für einen Fall angegeben, in die Höhe von 300 Euro im Schnitt und 1.000 Euro zu Spitzenzeiten gehen könne, wies Schwertner zurück.
„Von Realität keine Ahnung“
Die 20 bis 30 Euro würden „kaum für ein menschenwürdiges Überleben“ reichen, so der Caritas-Vertreter. „Wer hier von mafiösen Strukturen spricht, hat von der Realität keine Ahnung. Menschen, die betteln, geben ihr Wissen weiter, bilden Fahrgemeinschaften, nehmen Sammeltaxis in Anspruch oder teilen sich Wohnungen, weil sie sich die Mieten sonst nicht leisten können. An diesem Verhalten lässt sich nichts Verwerfliches erkennen, es wird aber derzeit als ‚organisiertes‘ Betteln bestraft“, betonte Schwertner.
Caritas: Verunsicherung der Bevölkerung
„Vom Betteln wird niemand reich. Hören Sie auf die Bevölkerung zu verunsichern und Bettler zu kriminalisieren!“, appellierte Schwertner. Aus Sicht der Caritas sei es völlig unverständlich, warum Betteln unter Strafe steht. „Das einzige, was wir alle tun können, ist, direkt zu helfen - vor Ort in den Herkunftsländern und hier bei uns. Aufmerksamkeit, teilen und ein Stück internationaler Gerechtigkeit sind aus Caritas Sicht die richtige Lösung“, sagte der Generalsekretär der Wiener Caritas.
Schwertner stellte auch in Abrede, dass es ein gemeinsam geplantes Projekt zwischen Caritas und Bundeskriminalamt gebe. Der leitende Beamte habe lediglich um einen Termin bei der Caritas ersucht, der vergangenen Donnerstag stattgefunden habe.