Auf das Doppelte angewachsen
Ein riesiger Blauwalkadaver, der vor einem kleinen kanadischen Fischerdorf angeschwemmt wurde, wird zum Touristenmagneten. Der Meeressäuger blähe sich durch das bei der Verwesung entstehende Methangas immer weiter auf und drohe zu explodieren, sagte die Gemeindeaufseherin des Dörfchens Trout River in Neufundland, Emily Butler.
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Der 25 Meter lange und rund 60 Tonnen schwere Blauwal war bereits vor einer Woche direkt unterhalb von Trout River angespült worden. Auf Fotos war zu sehen, wie sich der Kadaver bereits auf mehr als das Doppelte seines normalen Umfangs aufblähte.

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Das tote Tier liegt unmittelbar an der Uferpromenade von Trout River
Butler sagte, die 600-Einwohner-Gemeinde habe nicht die Mittel, um für eine sichere Entsorgung des toten Wals zu sorgen. Die Bundes- und Provinzbehörden lehnten ein Eingreifen ab und erklärten, der verwesende Meeressäuger solle sich selbst überlassen werden. Auch auf das Ansägen des Tieres, um die Gase frühzeitig entweichen zu lassen, wurde verzichtet. Dennoch ist der Geruch, der dem toten Tier entströmt, bereits äußerst streng.
Schaulustige als Gefahr
Doch davon lassen sich Schaulustige nicht abhalten. In den vergangenen Tagen kamen Dutzende Besucher in den Fischerort, um sich gemeinsam mit dem riesigen Kadaver zu fotografieren. Auch mehrere Übertragungswagen haben bereits Aufstellung genommen, um das mögliche Spektakel nicht zu verpassen. „Es ist sehr schwer, die Leute auf Abstand zu halten, denn man bekommt nicht oft einen Blauwal zu Gesicht“, sagte Butler gegenüber dem TV-Sender CBC.
Doch die Touristen könnten - ob beabsichtigt oder nicht - die Gefahr für eine Explosion deutlich erhöhen. „Das größte Risiko geht von jemanden mit einer scharfen Klinge aus, der ein Loch in den Kadaver schneiden will, um zu sehen, was dann passiert“, warnt Jack Lawson, Wissenschaftler des kanadischen Fischereiministeriums, „oder wenn jemand verrückt genug ist, um über das tote Tier zu gehen.“
Explosion wie bei Färöer-Wal „unwahrscheinlich“
Das hier sei aber kein kleiner Pottwal, spielte Lawson auf ein YouTube-Video an, das einen explodierenden Wal auf den Färöern zeigt. Dabei öffnete ein Wissenschaftler das Tier mit einem langen Messer an dessen Unterseite. Die Explosion war so heftig, dass die Innereien des Tieres mehrere Meter weit flogen. „Bei diesem Tier (in Neufundland, Anm.) ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass so etwas passiert, vor allem nicht spontan“, sagte Lawson.

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Langsam füllt sich der Walkadaver mit Verwesungsgas
„Wird zusammensinken wie ein Ballon“
Ab einem bestimmten Verwesungszeitpunkt würde die Haut des Tieres zunehmend durchlässig, nachdem die Fasern ihre Elastizität verlieren, so der Meerestierexperte. „Dadurch kann das Gas langsam ausströmen. Der Wal wird zusammensinken wie ein alter Ballon.“ Dennoch warnt Lawson davor, dem Tier zu nahe zu kommen, denn der Kadaver könnte Viren und Bakterien enthalten, die bei Menschen Krankheiten verursachen könnten. Sein Rat wäre es, den gestrandeten Wal entweder zu vergraben oder zu zerlegen und auf eine Deponie zu führen.
Insgesamt neun tote Tiere gesichtet
Der Wal vor Trout River ist nicht das einzige Tier, das in den vergangenen Tagen angeschwemmt wurde. Nur wenige Kilometer entfernt liegen zwei weitere Kadaver an der Westküste Neufundlands. Die Tiere verendeten alle auf hoher See, als sie unter dichtes Packeis gerieten und nicht mehr zum Luftholen an die Oberfläche gelangten. Bereits im März seien die ersten toten Blauwale dem Fischereiministerium gemeldet worden, wie die kanadische Website Global News berichtete. Insgesamt neun Tiere wurden gesichtet, jedes rund 20 Meter lang.
In den vergangenen 200 Jahren wurden 50 Blauwale in dieser Region unter dem Eis gefangen und verendeten, deshalb werde die Küste von den Einheimischen auch „Walfalle“ genannt, sagte Lawson. Blauwale versammeln sich im Frühjahr vor Neufundland, um sich an den Shrimps gütlich zu tun. Ostwinde treiben das Eis von der Belle-Isle-Straße hinaus ins offene Meer und eröffnen den Walen so Atemlöcher auf ihrer Jagd. Sind die Winde zu schwach oder fallen ganz aus, geraten die Tiere in eine tödliche Falle.
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