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Staatsanwalt prüft den Vorfall

In den USA ist ein Mann nach dem Abbruch seiner Hinrichtung an einem Herzinfarkt gestorben. Die Exekution von Clayton Lockett sei nach wenigen Minuten gestoppt worden, weil es Probleme mit der Giftinjektion gegeben habe, teilte die Gefängnisverwaltung des US-Staates Oklahoma mit.

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Dienstagabend kurz nach 18.00 Uhr wurde Lockett in den Hinrichtungsraum in einem Gefängnis in Oklahoma-City geführt. Dem Todeskandidaten wurde eine nicht erprobte Giftmischung verabreicht, worauf er zehn Minuten später laut Reuters den Kopf hob und zu stammeln begann. Daraufhin wurde die Hinrichtung gestoppt, doch da hatte der Todeskampf bereits eingesetzt.

Verurteilter Mörder Clayton Lockett

AP/Oklahoma Department of Corrections

Clayton Lockett starb 43 Minuten nach der ersten Injektion

„Das war völlig verpfuscht“

Der Mann wälzte sich minutenlang auf der Bahre, rang nach Luft und starb schließlich 43 Minuten nach der ersten Spritze an einem Herzinfarkt. Als die Gefängnisverwaltung merkte, dass etwas schiefgegangen war, ließ sie die Jalousien zum Besucherraum schließen. „Es war schrecklich anzusehen. Das war völlig verpfuscht“, sagte Locketts Anwalt David Autry gegenüber der Agentur AP. „Sie hätten auf eventuelle Probleme bei einem ungeprüften Exekutionsvorgang vorbereitet sein müssen“, kritisierte Autry die Gefängnisverwaltung. Vor allem der Abbruch der Hinrichtung sei falsch gewesen, so der Anwalt.

Nach Angaben der Justizvollzugsbehörde von Oklahoma wurde hinterher festgestellt, dass der Giftcocktail nicht wie geplant gewirkt hatte. Eine der Substanzen sei nicht in den Blutkreislauf des Verurteilten gelangt. „Wir glauben, dass eine Vene gerissen ist und daher die Drogen nicht wirken konnten. Der Gefängnisdirektor erwirkte dann den Stopp der Hinrichtung“, sagte Jerry Massie, Sprecher der Gefängnisverwaltung. Doch an diese Theorie will Locketts Anwalt nicht glauben. Lockett habe keine problematischen Venen gehabt, so Autry. „Er war in guter Verfassung. Er hatte kräftige Arme und gut sichtbare Adern.“

Alle Exekutionen für zwei Wochen verschoben

Oklahomas Gouverneurin Mary Fallin ordnete per Dekret eine Untersuchung des Vorfalls an und ließ für die kommenden zwei Wochen alle Exekutionen aussetzen. Die Hinrichtung von Charles Warner, die für 20.00 Uhr (Ortszeit) angesetzt war, wurde ebenfalls verschoben. Erstmals seit 80 Jahren waren zwei Hinrichtungen an einem Tag anberaumt. Lockett war im Jahr 2000 wegen der Vergewaltigung und Ermordung einer jungen Frau verurteilt worden, die er entführt und lebendig begraben hatte. Warner wurde wegen der Vergewaltigung eines elf Monate alten Mädchens im Jahr 1997 schuldig gesprochen.

„Zu Tode gefoltert“

Die Anwältin von Warner äußerte massive Kritik an den Behörden: „Clayton Lockett wurde zu Tode gefoltert“, sagte Madeline Cohen. Sie forderte eine unabhängige Untersuchung. „Ohne Frage, wir müssen vollständige Antworten darüber erhalten, was schiefgegangen ist.“ Sie forderte die Behörden auf, Informationen über die eingesetzten Mittel zu veröffentlichen, darunter deren Herkunft und Wirksamkeit.

Auch das regionale Büro der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation ACLU verurteilte das Vorgehen und besonders die Geheimhaltung der Behörden über die eingesetzten Mittel. „Unser Bundesstaat hat sich vor der Nation und der Welt blamiert“, hieß es in einer Mitteilung der ACLU Oklahoma.

Gefängnisse kämpfen mit Nachschubproblemen

Die Staatsanwaltschaft prüft nach eigenen Angaben den Vorfall. Locketts Anwälte verlangten umgehend Auskunft über die bei der Hinrichtung eingesetzten Mittel. Das oberste Gericht verweigerte das mit der Begründung, die Hersteller der Medikamente, durch die unter anderem Atmung und Bewusstsein ausgesetzt werden, müssten geschützt werden. Die US-Strafvollzugsbehörden haben bei den Mitteln für die tödlichen Giftspritzen seit längerem Nachschubprobleme, da sich die europäischen Hersteller der Mittel weigern, diese weiter für Hinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

In Oklahoma wurde erstmals bei der Hinrichtung das Sedativ Midazolam verwendet. Es wirkt krampflösend und entspannend und wirkt bereits nach kürzester Zeit. Auch in Florida wurde das Mittel bereits in einer Dreifachkombination eingesetzt, doch dort wurde die fünffache Dosis gespritzt. In weiterer Folge wird laut Behörden üblicherweise Vecuroniumbromid injiziert, das die Atmung lähmt, und Kaliumchlorid, das zum Herzstillstand führt. Doch diese beiden Mittel sollen bei Lockett nicht mehr verabreicht worden sein.

„Das könnte der Wendepunkt sein“

Da zugelassene Medikamente fehlen, verwenden viele US-Staaten mittlerweile neue und nicht erprobte Giftmischungen von nicht bundesweit zertifizierten Herstellern, was aber auf scharfe Kritik stößt. „Dieser Fall könnte der Wendepunkt sein“, zeigte sich Richard Dieter, Direktor des Informationszentrums über die Todesstrafe (DPI), zuversichtlich. Seine Organisation beobachtet seit den 1990er Jahren Hinrichtungen in den USA. „Das könnte zu einem Stopp aller Exekutionen führen, bis die Staaten sicherstellen können, das sie sie problemlos durchführen können.“

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