Themenüberblick

Vorentscheidung für US-Angebot

Der US-Konzern General Electric (GE) liegt im Übernahmepoker um Alstom derzeit deutlich voran. Der Verwaltungsrat des umworbenen französischen Industriekonzerns sprach sich am Dienstagabend für eine bevorzugte Behandlung des Milliardenangebots von GE aus. Bis zu einer Vertragsunterzeichnung kann allerdings noch viel passieren.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das GE-Angebot über 12,35 Milliarden Euro für die Alstom-Energiesparte werde bis zum 2. Juni von unabhängigen Mitgliedern des Verwaltungsrates geprüft, so Alstom, das vor allem für den Bau des Hochgeschwindigkeitszugs TGV bekannt ist. Im Verlauf der Prüfung ist GE an sein Angebot gebunden, während Alstom zwar nicht mit anderen Interessenten aktiv verhandeln, wohl aber andere Angebote prüfen darf.

Siemens-Tauschangebot erwartet

Der deutsche Rivale Siemens bekomme ebenfalls die Gelegenheit, ein konkretes Angebot abzugeben, sagte Alstom-Chef Patrick Kron Mittwochfrüh. Die Deutschen hatten erst am Dienstag ein eigenes Offert angekündigt. Dieses wurde allerdings an die Bedingung geknüpft, vier Wochen lang Zugang zu Daten des französischen Unternehmens zu bekommen. Zudem müssten Managementinterviews geführt werden können, hieß es. Alstom zeigte sich am Mittwoch damit einverstanden. Siemens werde einen fairen Zugang zu Informationen erhalten, versicherte Kron.

Siemens äußerte sich am Mittwoch unzufrieden: „Leider haben wir keine Antwort auf unseren Brief vom 26. April erhalten.“ Die Alstom-Führung habe bisher „nicht alle Möglichkeiten gleichermaßen in Betracht gezogen“, so Siemens. „Wir sind besonders enttäuscht von der mangelnden Kooperation des Vorstandschefs“, so Siemens. Dieser sei an einem „direkten Dialog“ über das mögliche Geschäft nicht interessiert.

Grafik zeigt Gegenüberstellung Alstom, Siemens und General Electric

APA/Martin Hirsch; ORF.at

Der „Figaro“ hatte zuvor berichtet, Siemens sei bereit, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und U-Bahn-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die Energietechniksparte kaufen könnte. Der Münchner Konzern bewertete letztere Sparte mit 10,5 bis elf Milliarden Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten Unternehmen Alstom würde Siemens laut „Figaro“ einen Anteil von 19 Prozent beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach behalten wollen. Die Alstom-Führung halte eine Übernahme durch Siemens allerdings für „zu kompliziert“ - vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der Produktpalette gebe.

Parallel zum Übernahmepoker um Alstom greift Siemens auch nach dem Gasturbinen-und Kompressorengeschäft des britischen Motorenherstellers Rolls-Royce. Beide Unternehmen bestätigten am Mittwoch Verhandlungen über einen Verkauf. Ein Angebot an Rolls-Royce sei von der Zustimmung des Siemens-Aufsichtsrates abhängig, sagte ein Sprecher. Das Gremium tagt am Dienstag.

Konzernchefs in Elysee-Palast zitiert

Alstom hatte in den vergangenen Monaten heimlich nur mit GE über eine Übernahme verhandelt. Die französische Regierung hatte mit Empörung darauf reagiert. Am Montag schaltete sich Präsident Francois Hollande höchstpersönlich ein und empfing die Konzernchefs von GE und Siemens hinter verschlossenen Türen. Hollande machte dabei deutlich, dass für ihn nur ein „einziges Kriterium“ zähle: die Schaffung von Arbeitsplätzen und Geschäftstätigkeit in Frankreich. Zugleich hob er hervor, dass der Staat „natürlich“ ein Wort mitzureden habe.

Für Siemens ein kleines Deja-vu mit neuen Vorzeichen: Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte 2004 als Finanzminister eine Übernahme von Alstom-Anteilen durch Siemens noch blockiert. Angesichts der US-Konzernkraft von GE wird nun zehn Jahre später von politischer Seite doch eine europäische Lösung mit Siemens-Beteiligung präferiert.

Gewerkschaft fordert Teilverstaatlichung

In Deutschland herrscht allerdings die Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust bei der Siemens-Bahnsparte. Die IG Metall stellte für den Fall eines Tauschgeschäfts klar, dass sie Sicherheiten für die rund 11.500 Beschäftigten der Sparte einfordern werde. Generell stehe die Gewerkschaft einer Einigung zwischen Siemens und Alstom nicht ablehnend gegenüber, betonte der deutsche IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler am Dienstag allerdings.

Bei einem Treffen mit Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg forderten französische Gewerkschafter eine neue Teilverstaatlichung von Alstom. Vor der Nationalversammlung in Paris rechtfertigte er am Dienstag die Einmischung der Regierung in die Verhandlungen. Kein Staat auf der Welt würde es akzeptieren, wenn ein von öffentlichen Aufträgen lebendes Aushängeschild der nationalen Industrie innerhalb kürzester Zeit verkauft würde, sagte der Minister. Das Energietechnikgeschäft von Alstom sei für Frankreich strategisch von größter Bedeutung.

Links: