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Gefängnisse zu 98 Prozent belegt

In Europa waren im Jahr 2012 rund 1,7 Millionen Menschen hinter Gittern, die meisten von ihnen in mittel- und osteuropäischen Ländern. Bei der Zahl der Häftlinge liegt Österreich unter dem europäischen Durchschnitt, bei der Höhe der Strafen und bei der Todesrate dafür darüber.

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Gemessen an der Gesamtzahl der Einwohner aller 47 untersuchten Europaratsländer kommen laut Europarat 212 Häftlinge auf 100.000 Einwohner. Demnach kamen in jedem untersuchten Land durchschnittlich 150 Häftlinge auf 100.000 Einwohner. Mit 104 Häftlingen lag Österreich deutlich darunter. Das geht aus der Gefängnisstatistik 2012 (SPACE-I-Report) des Europarats hervor, die am Dienstag in Straßburg vorgelegt wurde. 8.756 Häftlinge gab es demnach hierzulande am Stichtag 1. September 2012.

Die höchste Häftlingszahl in der Statistik wies Georgien mit 516 Insassen pro 100.000 Einwohner auf, gefolgt von Russland mit 502 und damit deutlich vor Litauen mit 334 Häftlingen. Grundsätzlich gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle. Georgien führt die Statistik auch bei der Zunahme der Häftlingszahlen an. Von 2003 bis 2012 gab es ein Plus von 251 Prozent. In Zypern waren es 117 Prozent mehr und in Österreich acht Prozent plus. Insgesamt ging die Zahl der Häftlinge in Europa von 2011 auf 2012 um 90.000 zurück.

Drei bis zehn Jahre Haft im Durchschnitt

Über ein Drittel der verurteilten heimischen Häftlinge (38,5 Prozent) musste eine Strafe zwischen drei und zehn Jahren absitzen, ein weiteres Drittel eine Strafe von eins bis drei Jahren. Zehn Prozent hatten eine Strafe von zehn Jahren und mehr bekommen. Die häufigste Straftat (28 Prozent) war demnach Diebstahl, gefolgt von Drogendelikten und Raub (18 bzw. 17 Prozent) sowie Mord bzw. Mordversuch. Im Europavergleich war eine Strafe zwischen einem Jahr und drei Jahren Haft für Raub am häufigsten.

Viele Ausländer, wenige Frauen

Deutlich über dem Durchschnitt von 21 Prozent lag der Ausländeranteil unter Österreichs Gefängnisinsassen. Hier war Österreich mit rund 47 Prozent auf Platz fünf zu finden - hinter Zypern (53 Prozent), Liechtenstein (63), Luxemburg (69) und der Schweiz (74). 40 Prozent davon kamen aus anderen EU-Staaten, 30 Prozent waren noch nicht verurteilt. In den letzten zehn Jahren sei der Anteil der ausländischen Häftlinge vor allem in Süd- und Westeuropa deutlich gestiegen, so der Bericht. In den meisten zentral- und osteuropäischen Ländern liegt der Anteil der ausländischen Häftlinge unter zehn Prozent.

Frauen stellen laut Statistik nur einen kleinen Anteil der Häftlinge, nur in Zypern, Finnland, Ungarn, Island, Russland und Spanien lag der Anteil über sieben Prozent aller Häftlinge. In Österreich lag der Anteil der Frauen bei 6,6 Prozent. Jugendliche Häftlinge werden in den meisten Ländern in eigenen Anstalten untergebracht und werden damit laut Europarat in der Statistik nur bedingt erfasst.

Todesrate in Haft über Durchschnitt

Auch die Todes- und Suizidraten sind laut Bericht hierzulande hoch. In Österreich gab es 15 Suizide pro 10.000 Häftlinge (13 in absoluten Zahlen), im Gegensatz zu acht pro 10.000 Häftlinge im Europavergleich. Höher ist der Wert nur in Luxemburg, Montenegro, Finnland, Slowenien und Frankreich. Laut Europarat kommen in Österreich 2,9 Häftlinge auf einen Vollzugsbeamten.

In Summe gab es in Österreich 42 Todesfälle pro 10.000 Insassen, im europäischen Durchschnitt waren es 30. Österreich liegt mit insgesamt 37 in Haft Verstorbenen somit an zehnter Stelle. Der Mittelwert der Altersverteilung der Häftlinge liegt in Österreich bei 33 Jahren. Mit Ausgaben von 99 Euro pro Häftling und Tag lag Österreich laut Bericht ungefähr im Schnitt von 103 Euro.

Überfüllte Gefängnisse europaweit

Überfüllte Haftanstalten gab es im Westen wie im Osten Europas. Durchschnittlich sind die Gefängnisse zu 98 Prozent belegt. Serbien stand dabei an der Spitze mit 159 Häftlingen für 100 verfügbare Zellenplätze, gefolgt von Italien (145 Häftlinge für 100 Plätze) und Zypern (140 für 100 Plätze). In Österreich waren die Haftanstalten mit 100,3 Insassen pro 100 Plätze ausgelastet.

Unzumutbare Enge in Gefängnissen ist ein Problem in mehr als 20 europäischen Ländern, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) immer wieder verurteilt. Menschenwürdige Haftbedingungen gehören zu den Grundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention, die alle 47 Europaratsländer zwischen Island und Russland unterschrieben haben.

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