Kriegsgegner von 1980 bis 1988
Die einst verfeindeten Nachbarländer Irak und Iran wollen ihre diplomatischen Beziehungen weiter ausbauen und normalisieren. Nach „Jahren der Spannungen und der schlechten Beziehungen“ im Ersten Golfkrieg hätten sich die Beziehungen beider Länder „wieder normalisiert“, sagte der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki gegenüber mehreren Medien.
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Besonders die USA sind wegen der Annäherung unter dem Motto „Vom Feind zum Freund“ alarmiert, denn die beiden ehemaligen Kriegsgegner haben auch schon über Waffengeschäfte verhandelt. Aus amerikanischer Sicht würde das eine klare Verletzung von UNO-Resolutionen gegen den Iran in Zusammenhang mit dem Atomstreit darstellen. Doch Waffen sind nur ein Teilaspekt der Gespräche: Teheran ist auf allen Ebenen daran interessiert, sich wirtschaftlich im Irak zu etablieren.
Mehrere bilaterale Abkommen
Offiziell heißt es aus dem iranischen Außenministerium, der Iran sei bereit, beim Wiederaufbau des Irak zu helfen und zur Sicherheit im Nachbarland beizutragen. Mehrere bilaterale Abkommen zu Kooperationen in den Bereichen Wissenschaft und Technologie, Post und Kommunikation, Gesundheit, Zollbestimmungen und Kultur sind bereits vor einigen Jahren unterschrieben worden, auch der Güteraustausch wird durch neue Infrastrukturmaßnahmen forciert.
Besonders im Fokus ist auch eine Pipeline, die Erdgas in den Irak und nach Syrien bringen soll. Die Pipeline mit einer Gesamtlänge von 1.500 Kilometern soll in beide Länder je 25 Millionen Kubikmeter Gas täglich liefern. Ein 225 Kilometer langer Abschnitt der Gasleitung soll dabei über den Irak und dessen Hauptstadt Bagdad bis zur syrischen Grenze verlaufen. Der Iran besitzt nach Russland die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt. Täglich werden dort rund 600 Millionen Kubikmeter Gas gefördert. Nicht ausgeschlossen werden spätere Gaslieferungen über diese Pipeline auch in andere Länder, darunter auch nach Europa.
Iran ortet Potenzial
Die Iraner sehen in den Entwicklungen im Nachbarland großes Potenzial für die eigene Zukunft: Wirtschaftliche, politische und sogar kulturelle Beziehungen wurden in der Zeit nach dem Sturz Saddam Husseins schrittweise intensiviert. Heute ist der Irak ein lukrativer Markt für iranische Produkte, langfristig auch attraktiv für iranische Investitionen. Mit der Renaissance des schiitischen Halbmondes durch die neue schiitische Führung im Irak konnte Teheran im Laufe der Zeit wohl mehr Einfluss gewinnen als die USA.
Das alles schmeckt den Amerikanern gar nicht. Sie werfen dem Iran vor, schiitische Milizen im Irak auszubilden und auszurüsten, um das Nachbarland zu destabilisieren und damit Washington und seine irakischen Verbündeten zu schwächen. Teheran hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Schon immer verstand es Teheran ausgezeichnet, zu improvisieren und von seinen tatsächlichen Problemen abzulenken.
Teheran will regionale Macht ausbauen
Ein wesentlicher Bestandteil der iranischen Politik ist der Ausbau der regionalen Vormachtstellung. Ein gutes Beispiel dafür ist der Irak. Um von den eigenen Problemen abzulenken, wollen die Machthaber in Teheran das politische Chaos im Irak nach dem Abzug der US-Truppen für ihre Zwecke nutzen.
Denn in Zeiten, wo der wichtigste Bündnispartner in der Region, Syriens Präsident Baschar al-Assad, mit einem blutigen Bürgerkrieg zu kämpfen hat, trachtet Teheran nach schiitischem Einfluss in dem von Sunniten dominierten Nahen und Mittleren Osten. Daher nutzt man die Chance, die Fühler immer weiter nach Bagdad auszustrecken.
Arian Faal, APA
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