Themenüberblick

Wie weit darf Mann am Knöchel gehen?

„Es ist immer so aufregend, wenn Mode einen neuen Körperteil entdeckt“, hat in diesem Frühjahr der „Guardian“ frohlockt und nicht lange mit der Sensation des entdeckten Körperteils hinter dem Berg gehalten: „Dieses Jahr ist es der Knöchel.“ Traut man einigen Modeauguren, dann ist bei Frau und Mann der Knöchel in diesem Sommer nicht luftig nackt, sondern gut und bunt verpackt: in Socken.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Dass Frauen im Bereich des Modischen immer schon mehr durften und entsprechend mehr Fantasie an den Tage legten als Männer, wird beim Thema Strümpfe besonders deutlich. Für Männer - gerade im Business-Outfit - hieß die Losung in unseren Breitengraden stets: möglichst dezent, zum Zwirn und Schuh passend - und auf gar keinen Fall darf man das Bein sehen.

Bunte Socken

ORF.at/Zita Köver

Wie viel Farbe und „Socken“ darf sein? Zu Jeans geht viel, im Business-Bereich geht Exzentrik um den Knöchel viel deutlicher ins Auge.

Wer in der Sommersaison 2014 in die Kaufhäuser schaut, entdeckt nicht nur beim Freizeitsocken des Mannes - der, man muss es sagen, mitunter das Einfallstor für absolute Geschmacklosigkeit bot (quasi zum Pendant der Schweinchenkrawatte wurde) - eine interessante Tendenz: Ausgerechnet in Sachen eleganter Kleidung lautet die Losung nun offenbar: Farbe bekennen - und das in Tönen, die die ganze Breite eines Pantone-Fächers auszureizen scheinen. Die Zeiten des Loriot’schen „Steingraus“ und „frischen Mausgraus“ sind beim Männerstrumpf vorbei: Aquablau, Havannabraun, Feuerrot heißen die Modefarben.

Geschäftsmann steht nur mit Socken bekleidet an einem See

Corbis/Michael Prince

Nacktes Bein zeigen im Business-Bereich: Absolutes Tabu für den Mann, selbst wenn der Strumpf ganz bunt sein sollte

Was geht?

„Wie Sie sehen, trage ich heute selbst grün-blau gestreifte Socken zu einem maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug“, sagte der Designer Christopher Bailey der deutschen „Zeit“.

Strumpf und „Britishness“

Anderswo beantwortete man die Frage nach der Sockenfarbe immer schon etwas extravaganter. Christopher Bailey, Jahrgang 1971 und seit 2001 Kreativdirektor bei Burberry, sieht in der Frage der Sockenfarbe grundsätzlich eine Trennscheide zwischen Kontinent und den britischen Inseln. Mit kleinen Details versprühe man „gut dosierte Extravaganz“, verriet er der deutschen „Zeit“ und machte gerade im Effekt eines sorgsam ausgewählten Paares möglichst farbiger Socken den Ausweis der „Britishness“ aus.

„Farbige Strümpfe und Socken werden seit einigen Jahren immer stärker bewusst als modisches Accessoire eingesetzt. Die Männer werden mutiger und stilsicherer, und das zeigt sich auch durch Farbe und Muster am Bein“, erläutert wiederum Sockenhersteller Paul Falke.

Christopher Bailey mit Models

picturedesk.com/Camera Press

Christopher Bailey von Burberry: Bunte Edelsocken als Teil von „Britishness“

„Briten waren uns immer schon voraus“

Für Ö3-Modeexpertin Romana Nachbauer war man in Sachen bunte Strümpfe für den Herrn in Großbritannien immer schon extravaganter als auf dem Kontinent, wie sie ORF.at verrät. Kulturgeschichtlich bedeute die Farbe des Fußzwirns ja auch die Zugehörigkeit zu einem gewissen Clan, erinnert sie mit Blick auf Schottland.

Herausgeber Christian Rainer mit schwarz-weiß gestreiften Socken

picturedesk.com/Starpix

Christian Rainer: „Socken sind verboten“

Dass gerade in diesem Frühjahr bunte Socken Hochkonjunktur haben, liegt für sie auch an dem momentanen Trend zu bunten Sneakern - und auch daran, dass Hosen eine Zeit lang immer kürzer getragen wurden und damit der Socken rein optisch mehr in den Mittelpunkt rückte.

„Grundsätzlich gilt bei uns aber weiterhin: Im strengen Businessbreich bleibt Zurückhaltung nach wie vor Pflicht. Vor allem bleibt es tabu, als Mann nacktes Bein zu zeigen. Dort, wo man den Dresscode lockern kann, etwa, indem man den Anzug mit einem T-Shirt kombiniert, da kommt der farbige Akzent im Strumpfbereich ins Spiel“, so Nachbauer.

Als Trend sieht sie „knallig, gestreift und getupft“. Was gar nicht gehe: „Bunt im Sinne von Comicfiguren, die sich auf dem Socken tummeln.“

„Für den Mann gibt es nur Stutzen“

Für „profil“-Herausgeber Christian Rainer, vielen hierzulande eindeutiger Vorreiter im Bereich des markanten Männer-Fußzwirns, ist die Frage des „bunten Sockens“ ganz eindeutig geregelt, wie er gegenüber ORF.at festhält: „Erstens: Socken sind verboten. Abseits von körperlicher Ertüchtigung gibt es für Männer ausschließlich Kniestrümpfe vulgo Stutzen. Zweitens: Das Stecktuch passend zur Krawatte und die Strümpfe wiederum dazu – geht gar nicht.“ Dass man „knallfarbige Strümpfe“ für etwas „Auffälliges“ hält, kommentiert Rainer in Punkt drei: „Da lacht der Lord.“

Gerald Heidegger, ORF.at

Links: