Neue Schulden für Slim-Deal
Die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG) muss zwischen 250 und 280 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen, um nach dem am Mittwoch unterzeichneten Syndikatsvertrag mit America Movil (Amov) weiterhin die Sperrminorität an der Telekom Austria (TA) halten zu können. Das gab ÖIAG-Chef Rudolf Kemler am Donnerstag bekannt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Eine geplante Kapitalerhöhung soll der mit rund vier Mrd. Euro verschuldeten TA frisches Eigenkapital bringen. Demnach wird America Movil rund eine Mrd. Euro zuschießen und ihren Aktienanteil entsprechend erhöhen. Das Geld soll in den Ausbau der Infrastruktur sowie in Übernahmen gesteckt werden. Um die Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) weiter zu halten, muss die ÖIAG daher ihren Anteil ebenfalls aufstocken.
ÖIAG-Chef Kemler warb am Donnerstag erneut für den umstrittenen Syndikatsvertrag mit dem mexikanischen Milliardär Carlos Slim, der die beiden TA-Großaktionäre zu gemeinsamen Entscheidungen zwingt. Amov habe künftig zwar die Mehrheit in Aufsichtsrat und Vorstand, dafür gebe es in der Satzung ein Vetorecht für Kapitalmaßnahmen. Das gehe über die Rechte hinaus, die man mit der Sperrminorität alleine habe.

APA/Jobert Jäger
ÖIAG-Chef Rudolf Kemler und Amov-Finanzchef Carlos Garcia Moreno
„Zentrale in Wien ist Jobgarantie“
Die TA-Zentrale bleibe für die Dauer des Vertrages in Österreich. „Das ist die Jobgarantie“, welche die Gewerkschafter gefordert hätten, sagte Kemler und strich hervor, dass die Rechte der rund 4.500 Beamten - das ist rund die Hälfte der 9.000 Mitarbeiter in Österreich - nicht angetastet werden. Amov-Finanzchef Carlos Garcia Moreno ließ hingegen unbeantwortet, ob er in den nächsten zwei Jahren Jobs bei der TA streichen will. Dafür sei es zu früh, zuerst werde das Management umgekrempelt.
Genauer Anteil noch unklar
Die Mexikaner bekommen die industrielle Führerschaft und können die TA im Amov-Konzern konsolidieren. In einem ersten Schritt bündelt Slim seinen Anteil an der TA von derzeit 26,8 Prozent mit jenen 28,4 Prozent der Staatsholding ÖIAG. Gemeinsam kommen die beiden Partner so auf gut 55 Prozent. Während der Staat längerfristig lediglich die Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie anstrebt, will der Mexikaner sein Paket vergrößern.
In einem zweiten Schritt bietet er den übrigen TA-Eigentümern 7,15 Euro je Aktie. Das entspricht einer Prämie von rund elf Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate. Wie viel Prozent Slim am Ende halten wird, dürfte erst in einigen Monaten feststehen. Moreno sagte, der Konzern habe keine festgesetzte Zielgröße für einen künftigen TA-Anteil. An der Börse legte die Aktie bis zu acht Prozent auf 7,2 Euro zu.
Telekombranche vor großem Umbruch
Mit dem Machtwechsel bei der TA will der mexikanische Milliardär Carlos Slim die Weichen für weitere Übernahmen in Zentral- und Osteuropa stellen. Man wolle bei der erwarteten Konsolidierung im europäischen Telekommarkt mitmischen, so Moreno. Die Telekombranche in Europa stehe vor enormen Veränderungen. Es gebe hier 150 Provider, während es in den USA nur vier und in China nur zwei seien.
„Spindelegger ein Lehrling in der Wirtschaft“
Kritik an der neuen Allianz kommt nach wie vor von den TA-Belegschaftsvertretern. Sie fordern eine Arbeitsplatzgarantie. „Eine Partnerschaft auf Augenhöhe ist das nicht,“ so TA-Betriebsratschef Walter Hotz. „Egal, was ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler an dem Vertrag schönreden will - wir haben die industrielle Führungsrolle in der Telekom mit gestern abgegeben und damit die Chance auf eine aktive Industriepolitik vertan“, so auch AK-Direktor Werner Muhm. Es gebe zudem keine Absicherung der Beschäftigten in Österreich.
Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger geht unterdessen mit Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hart ins Gericht. Den neuen Syndikatsvertrag nannte Rasinger einen „Unterwerfungsvertrag“ und „Spindelegger ist ein Lehrling in der Welt der Wirtschaft“. Laut Rasinger hat künftig Slim das Sagen. Dass die ÖIAG den Aufsichtsratschef und den Generaldirektor stellen dürfe, sei reine Optik. Spindelegger ist als Finanzminister oberster Eigentümervertreter der ÖIAG.
Links: