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Spät erreichte Beschlussfähigkeit

Der ÖIAG-Aufsichtsrat hat am Mittwochabend nach einem Sitzungschaos den geplanten Syndikatsvertrag mit America Movil doch noch unterschrieben. Mit dem Pakt müssen die beiden Großaktionäre der Telekom Austria (TA) ihre Entscheidungen künftig gemeinsam fällen. Die Allianz wurde von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler und dem Finanzchef von America Movil besiegelt. Dem Beschluss war ein Sitzungschaos vorausgegangen.

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Mit dem Syndikatsvertrag würden die „erfolgreich eingeführten Marken Telekom Austria und A1 für alle Kunden und Kundinnen“ erhalten bleiben, teilte die ÖIAG mit. Der Aktionärspakt mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer Verlängerungsoption um fünf Jahre sieht laut ÖIAG ein „Österreich-Paket“ mit sieben Punkten vor.

Zentrale bleibt in Österreich

Österreich bleibe langfristiger Kernaktionär mit einer Sperrminorität (25 Prozent plus mindestens eine Aktie), die Unternehmenszentrale in Österreich sei abgesichert worden, und die Aktie der TA soll auch in Zukunft an der Wiener Börse notieren. Zu der Kritik der Arbeitnehmervertreter, die eine Jobgarantie forderten, heißt es von der Staatsholding lediglich, dass es eine „Berücksichtigung der spezifischen Anliegen und Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Österreich“ gibt.

Der mexikanische Partner verkündete indessen, dass er alle nicht den beiden Syndikatspartnern gehörenden Anteile zu einem Preis von 7,15 Euro übernehmen wolle. Durch die Zusammenarbeit wird ein öffentliches Pflichtangebot ausgelöst. Die Aktie schloss heute mit 6,65 Euro. Zugleich teilte America Movil mit, man unterstütze eine Kapitalerhöhung um eine Mrd. Euro. Um ihre Sperrminorität von 25 Prozent zu erhalten, müsste demnach auch die ÖIAG neues Kapital zeichnen.

Generaldirektor mit mexikanischen Aufpassern?

Die ÖIAG sichert sich mit dem Vertrag den Aufsichtsratsvorsitz und darf auch weiterhin den Generaldirektor nominieren. Laut „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) werden aber America Movil und Carlos Slim die „alleinige industrielle Führerschaft und Kontrolle über die Telekom-Austria-Group“ zugesichert. Die Zeitung zitierte aus einem Entwurf des Syndikatsvertrages. Demnach soll America Movil künftig sowohl im Aufsichtsrat als auch im Vorstand die Mehrheit haben. Der Generaldirektor bekomme zwei Aufpasser aus Mexiko, heißt es in dem Bericht.

ÖIAG-Chef zufrieden

ÖIAG-Chef Rudolf Kemler lobt den Pakt dennoch: „Heute ist ein guter Tag“, wird er in der ÖIAG-Ausendung zitiert - trotz des Sitzungschaos zuvor. Die langfristige Partnerschaft werde einen massiven zukünftigen Wachstumskurs in Osteuropa ermöglichen. Kemler hält den Vertrag für die sinnvollste Lösung: „Die notwendigen Zukunftsinvestitionen können nicht vom Staat und somit mit Steuergeldern getätigt werden“.

Der Finanzchef von America Movil, Carlos Garcia Moreno, der den Vertrag für die Mexikaner unterschrieben hat, erklärte: „Als strategisch gut positioniertes Unternehmen kann die Telekom Austria nunmehr finanziell gestärkt sowie mit größerem Radius agieren.“

Freude bei Spindelegger und Ametsreiter

Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) als oberster Eigentümervertreter und Hannes Ametsreiter als Generaldirektor der Telekom Austria begrüßten ebenso wie Daniel Hajj als CEO von America Movil den Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und der mexikanischen America Movil. Auch IV-Chef Georg Kapsch strich in der ZIB2 die Vorteile hervor. Spindelegger sieht durch die Zusammenarbeit die Chance, dass die TA ihren Wachstumskurs in Zentral- und Osteuropa fortsetzen kann. America Movil sei ein „starker Partner, der ihr eine langfristige Perspektive bietet“.

Schlechte Vorbereitung

Der angestrebte Pakt musste am Mittwoch unterzeichnet werden, sonst wäre eine einjährigen Sperre aufgrund des Übernahmegesetzes in Kraft getreten. Für das „Okay“ war die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder - also sieben der insgesamt 14 Aufseher - notwendig.

Allerdings waren bis in die Abendstunden nur sechs anwesend. Zusätzlich zu den fünf Arbeitnehmervertretern, die geschlossen gegen den Pakt waren, fehlten auf Kapitalseite neben Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer, die sich schon vor Tagen entschuldigen hatte lassen und die ebenfalls dagegen war, auch ÖIAG-Aufsichtsratschef Peter Mitterbauer (Miba) und Ex-Lenzing-Finanzvorstand Thomas Winkler. Kommentatoren sprachen von einer dilettantischen Vorbereitung, den wichtigsten Beschluss des Gremiums seit einiger Zeit so zu gefährden. Mitterbauer wurde schließlich am Abend aus dem Ausland eingeflogen.

Laut „Kurier“ ist aber dennoch fraglich, ob das ÖIAG-Kontrollgremium beschlussfähig ist. Das ÖIAG-Gesetz schreibt nämlich 15 Mitglieder vor, derzeit besteht das Gremium aber nur aus 14 Mandataren. Maria-Elisabeth Schaeffler schied vor einiger Zeit aus und wurde nicht nachbesetzt. „Gut möglich, dass Anfechtungsklagen kommen“, schreibt die Zeitung.

Muhm: „Nur Nachteile für Österreich“

Der Direktor der Arbeiterkammer (AK) Wien, Werner Muhm, hatte am Mittwoch seine Kritik an dem geplanten Pakt bekräftigt und so das Fernbleiben der Belegschaftsvertreter argumentiert. „Ein Syndikatsvertrag zwischen der ÖIAG und dem Telekomkonzern von Carlos Slim würde für die Telekom Austria und damit für Österreich nur Nachteile bringen“, so Muhm in einer Aussendung.

Es gebe keine Absicherung der Beschäftigten in Österreich. Auch Investitionen in den Standort Österreich seien weder mit definierten Zielen noch mit quantitativen Zahlen untermauert, zitierte Muhm aus dem Vertrag.

Weiters existiere kein Businessplan und daher auch keine Vereinbarung über die künftige strategische Ausrichtung und die Verwendung der Kapitalerhöhung. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat würden de facto ausgehebelt, und die ÖIAG hätte lediglich im Bereich von Kapitalmaßnahmen eingeschränkte Vetorechte.

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