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Chance für alte Forderung?

Beim Sparen im Schulsystem gehen jetzt die Länder in die Offensive. Der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), will dem Bund bei den Gesprächen diese Woche vorschlagen, die Kompetenzen für alle Lehrer an die Länder abzugeben. Dieses Ziel verfolgen die Landeshauptleute schon länger. Bisher waren sie damit allerdings immer gescheitert.

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Jetzt erhöht Niessl mit einigen seiner Kollegen den Druck, wie das Ö1-Mittagsjournal am Dienstag berichtete. Niessl verweist auf einen einstimmigen Beschluss der LH-Konferenz aus dem Jahr 2009, wonach die Landes- und Bezirksschulräte aufgelöst werden sollen und es eine Bildungsdirektion gibt, die im Rahmen der Bundesverwaltung geführt werde.

„Bis zu 1.500 Dienstposten einzusparen“

„Das würde zu einem sehr großen Einsparpotenzial führen - und da bin ich dafür“, so Niessl. Damit wären bis zu 1.500 Dienstposten durch Nicht-Nachbesetzungen einzusparen. Das sei eigentlich eine größere Summe als die Vorgabe an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Diese Effekte der Effizienz in der Verwaltung sollte man auch umsetzen, so Niessl weiter. Das sei nun auch die Grundlage für die Verhandlungen mit der Ministerin.

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) weist auf die Beschlüsse der LH-Konferenz hin. Wenn die Länder die gesamte Lehrerverwaltung übernähmen, wäre das ein gewaltiges Einsparungspotenzial". Es sei klar, dass es falsch wäre, bei den Schülern einzusparen. Bildungsministerin Heinisch-Hosek hatte vergangene Woche nach Kritik aus den eigenen Reihen von ihren Schulsparplänen ablassen müssen. Unverändert sollen aber heuer 57 Mio. und 2015 60 Mio. Euro in ihrem Ressort eingespart werden.

Kaiser für zentrale Bildungspolitik

Doch die Einigkeit der LH ist nicht ganz durchgängig. Der Kärntner Peter Kaiser (SPÖ) hält nichts davon, die Lehrerkompetenzen gänzlich den Ländern zu überlassen. Österreich brauche bei seiner Größe und Einwohnerzahl eine zentrale Bildungspolitik, Veränderungen müssten sehr breit diskutiert werden, von Schnellschüssen halte er nichts.

„Für mich ist Bildung im wesentlichen Bundessache.“ Kaiser plädiert für Verwaltungseinsparungen in anderen Bereichen etwa durch eine bessere Zusammenarbeit bei der Lehrerausbildung. Die Einsparungen sollten außerdem langfristig und gestaffelt erfolgen, und dürften nicht im pädagogischen Bereich stattfinden, so Kaiser - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Pröll: Ländervorschläge umsetzen

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) verwies am Dienstag bei einer Pressekonferenz zwar ebenfalls auf den Reformvorschlag der Länder. Die Frage der Zuständigkeit für die Lehrer wollte er zunächst aussparen: „Da werden wir keine Einigung erzielen.“ Beim Einsparungsbedarf sieht er auch das Finanzministerium gefragt: „Da darf man sich nicht aus der Verantwortung stehlen.“

Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) pochte am Rande einer Pressekonferenz auf die Umsetzung der Ländervorschläge. Gleichzeitig betonte er: „Es ist klar, dass die Bundesländer die Ressortmaßnahmen nicht ersetzen werden können.“ Der oberösterreichische Landeshauptmann Joseph Pühringer (ÖVP) drängte bereits wiederholt darauf, im Bildungsbereich Personal, Finanzen und Organisation an die Länder zu übertragen.

Wallner für „größere Reform“

„Man muss sich halt trauen“, forderte der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ein „grundsätzliches Bekenntnis“ zu einer „größeren Reform“. Doppelgleisigkeiten sollten laut Wallner durch Zusammenführung in länderverwaltete Bildungsdirektionen beseitigt werden. Bisher sei das von der SPÖ blockiert worden, dabei könnten die Länder die Schulverwaltung sicher mit weniger Bürokratie durchführen.

Er halte es für möglich, dass dadurch die geforderten rund 60 Mio. Euro jeweils für die Jahre 2014 und 2015 eingespart werden könnten. Damit würden zudem mehr Mittel im Klassenzimmer ankommen. Er sei nach wie vor „massiv verärgert“, dass die Bildungsministerin gerade dort mit dem Sparen beginnen wolle.

Forderung in gemeinsamer Aussendung formuliert

Die Landeshauptleute der ÖVP-regierten Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg forderten am Dienstag in einer gemeinsamen Aussendung neuerlich eine dezentrale Schulverwaltung ein. Eine einseitige Verschiebung von Kosten an die Länder werde man jedenfalls nicht akzeptieren, so die Landeshauptleute unisono im Vorfeld des ersten Schulgipfels.

„Anstatt Einsparungen in den Klassenzimmern vorzunehmen und die Qualität der ländlichen Schulen zu gefährden, fordern wir die Bildungsministerin auf, die seit Jahren vorliegenden Vorschläge der Länder zu Reformen in der Schulverwaltung endlich aufzugreifen“, erklärten die fünf Länderchefs. Die gemeinsame Position aller Länder von 2009 sei nach wie vor gültig und auch bei den Regierungsverhandlungen neuerlich eingebracht worden. Der Bund solle weiter die Grundgesetzgebung übernehmen, die Länder wären über Bildungsdirektionen für Ausführungsgesetz und Vollzug zuständig. Es sei „höchst an der Zeit“, den Vorschlag anzunehmen.

„Die Länder sind gerne bereit, hier ihren Beitrag zu leisten, und sind der tiefen Überzeugung, dies effizienter und kostengünstiger durchführen zu können als dies derzeit der Fall ist“, so die ÖVP-Landeshauptleute weiter. Eine Neuorganisation der aufgeblähten Schulverwaltung sei ein „Gebot der Stunde“, unabhängig von Einsparungserfordernissen. Der Ländervorschlag könne die nötigen Einsparungen bringen und zugleich eine moderne Schulverwaltung gewährleisten. Am Unterricht zu sparen gehe dagegen in die falsche Richtung.

Leitl und Moser wollen „Kompetenzdschungel“ lichten

Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Christoph Leitl, findet den „Kompetenzdschungel“ im Schulbereich überzogen. Beseitige man diesen, seien die umstrittenen Sparvorgaben für das SPÖ-geführte Bildungsressort durchaus umsetzbar. „Wenn man das wegbringt, sind die 57 Mio. Euro locker erreichbar“, sagte Leitl bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Leitl spricht sich im Ö1-Mittagsjournal für einen Wettbewerb der Schulen aus. An der Bürokratie sparen und nicht an den Standards, gibt Leitl den Teilnehmern an den kommenden Verhandlungen über Sparmaßnehmen im Bildungsbereich auf den Weg - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Wie Rechnungshof-Präsident Josef Moser verwies auch Leitl auf die hohen Kosten der Kompetenzzersplitterung im heimischen Schulwesen. Während in Finnland von vier Euro drei direkt in die Schule flössen, seien es in Österreich nur zwei, so der WKO-Präsident. Moser hatte am Dienstag im Ö1-Morgenjournal den "Kompetenzdschungel kritisiert - mehr dazu in oe1.ORF.at.

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