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Arbeiter fordern erstmals Sozialleistungen

Zehntausende Arbeiter einer der größten Schuhfabriken in China streiken für die Zahlung von Sozialleistungen. Seit Montag letzter Woche sei die Zahl der Teilnehmer am Arbeitskampf von zunächst 30.000 auf etwa 50.000 Angestellte gewachsen, sagte der Aktivist Liu Dong. Jeden Tag legten weitere Angestellte die Arbeit nieder.

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Der Streik, der allerdings nicht ununterbrochen läuft, wird von Experten als Dammbruch bezeichnet. Die Streikenden wiesen erst am Mittwoch das jüngste Angebot der Arbeitgeber als unzureichend zurück. Die Arbeiter der taiwanesischen Schuhfabrik Yueyuen in Dongguan in der Provinz Guangdong forderten gesetzlich vorgeschriebene Sozialleistungen wie Zuschüsse zur Kranken-, Arbeits- und Pensionsversicherung. Auch mit ihren Löhnen und Anstellungsverträgen seien sie unzufrieden, erklärte die Organisation China Labour Watch (CLW). Die Fabriksführung hatte wiederholt damit gedroht, den Streikenden zu kündigen.

Firma fertigt auch für adidas und Puma

Ein Sprecher von Yueyuen sagte, die Firma habe bessere Sozialleistungen angeboten. Die neuen Konditionen sollten am 1. Mai in Kraft treten. Die Streikenden lehnten das Angebot jedoch ab. Hunderte Polizisten blieben in dem riesigen Industriegebiet stationiert, einige mit Schilden und Schäferhunden.

Streik in chinesischer Schuhfabrik

Reuters

„Die Arbeiter fordern nicht mehr Geld, sondern ihr Recht ein“

Yueyuen bezeichnet sich als größten Schuhhersteller der Welt und produziert nach eigenen Angaben für die deutschen Firmen adidas und Puma sowie für Nike und New Balance aus den USA. Das Unternehmen hatte 2012 nach eigenen Angaben 423.000 Beschäftigte. Im vergangenen Jahr liefen 313 Millionen Paar Schuhe bei Yueyuen vom Band. Adidas erwartet keine Lieferengpässe durch den Streik - ähnlich wie Konkurrenten lässt adidas seine Sportartikel bei weltweit über 1.000 Zulieferern produzieren.

Experten sehen „Meilenstein“

Bisher hatten meist ausstehende Löhne und Gehälter die Arbeiter in China auf die Straßen getrieben. Aber der Massenstreik in Dongguan kündige einen Wandel an, sagte Geoffrey Crothall von der unabhängigen Organisation China Labour Bulletin (CLB) in Hongkong. Er wertete den Streik als einen Meilenstein. „Die Ansprüche der Arbeiter in China wachsen“, so Crothall. „Sie fordern nicht mehr Geld, sondern ihr Recht ein.“

Streik in chinesischer Schuhfabrik

Reuters

„Die Ansprüche der Arbeiter in China wachsen“

Es sei kein Zufall, dass der Streik eine Firma aus Taiwan treffe. Während sich große internationale Konzerne in ihren Fabriken meist an die gesetzlichen Vorgaben hielten, seien die Bedingungen in Werken von Konzernen aus Chinas Festland, Hongkong und Taiwan oft wesentlich schlechter. „Sie kommen damit durch“, sagte Crothall.

Weit verbreitetes Problem

Fehlende oder ungenügende Sozialleistungen für Angestellte sind ein weit verbreitetes Problem in China. CLW mahnt das Problem seit Jahren an. Von den mehr als 400 in den vergangenen zehn Jahren kontrollierten Unternehmen habe nicht eine Firma alle nach chinesischem Gesetz vorgeschriebenen Sozialleistungen für seine Angestellten gezahlt, teilte CLW mit.

Bei dem Yueyuen-Streik handelt sich um den größten Arbeitskampf in China in der jüngsten Vergangenheit. Zuletzt hatte es häufiger Proteste von Arbeitern gegeben. Ein Grund dafür ist, dass Fabriken in der Hauptproduktionsregion im Süden des Landes zunehmend über Arbeitskräftemangel klagen. Die Arbeiter sehen das als Gelegenheit, bessere Bedingungen zu verlangen. Der Konflikt zeigt außerdem, dass sich chinesische Arbeiter immer besser informieren und organisieren und dafür auch moderne Mittel wie Soziale Netzwerke und das Internet nutzen.

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