Themenüberblick

EU-Ziel: 31 Sackerl pro Kopf

Jeder EU-Bürger wirft im Schnitt pro Jahr rund 198 Plastiksackerl in den Müll - 98 Prozent davon werden nur ein einziges Mal benützt. Dieser Ressourcenverschwendung soll nun der Riegel vorgeschoben werden. Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament über einen Vorschlag der europäischen Grünen ab, der es den einzelnen Mitgliedsländern gestatten soll, Einwegsackerl ganz zu verbieten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Wir sagen dem Plastiksackerl in der gesamten EU den Kampf an“, zeigt sich Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen in Österreich, kämpferisch. Bisher ist ein Verbot aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, geht es nach dem Vorschlag der Grünen, sollen die einzelnen Mitgliedsländer nun frei wählen können, welche Maßnahmen sie zur Reduktion des wachsenden Plastikmülls umsetzen.

Bisher dürfen die EU-Staaten Plastiksackerl nicht untersagen. Das legt die Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle fest. Den entsprechenden Artikel 18 will die EU-Umweltkommission nun kassieren. Zudem werden Sondersteuern und Abgaben ins Spiel gebracht. Segnet das europäische Parlament den Vorschlag ab, haben die nationalen Regierungen zwei Jahre Zeit, um eigene Maßnahmen umzusetzen.

Einwegsackerl um 80 Prozent reduzieren

Erklärtes Ziel ist es, die dünnwandigen Einwegsackerl bis 2017 um 50 Prozent und bis 2019 um weitere 30 Prozent zu reduzieren. Außerdem sollen Plastiksackerl im Lebensmittelverkauf in Zukunft nicht mehr gratis vergeben werden. „Unser Vorschlag ist ein wichtiger Schritt, um die unnötige Ressourcenverschwendung und die Vermüllung der Landschaft zu reduzieren. Ich appelliere an die Parlamentarier der anderen Fraktionen, dem Druck der Plastiklobby standzuhalten und den grünen Vorschlag zu unterstützen“, meinte Brunner in einer Aussendung.

198 Plastiksackerl pro Kopf

Laut den Zahlen der EU-Umweltkommission wurden in der EU 2010 schätzungsweise 986 Mrd. Plastiksackerl verwendet, was wiederum einen Verbrauch pro EU-Bürger von 198 ausmacht - der größte Teil davon aus leichtem Kunststoff. Dabei sind die Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Ländern gravierend. Während in Dänemark oder Finnland nur vier Plastiktaschen pro Person und Jahr verbraucht werden, liegt dieser Wert etwa in Polen, Portugal und der Slowakei bei rund 470. Österreich hat sich mit einem Verbrauch von 51 Sackerln pro Jahr bereits dem EU-Ziel von 31 angenähert.

Gebühren, Steuern und Verbote

Die großen Unterschiede sind darauf zurückzuführen, das einzelne Länder, trotz Einschränkungen durch das EU-Recht, bereits Maßnahmen ergriffen haben. In Dänemark zum Beispiel werden Einwegsackerl besteuert, in Großbritannien wird unabhängig von der Entscheidung in Brüssel ab 2015 eine Gebühr auf Plastiksackerl eingehoben, und Italien hat ein komplettes Verbot für die dünnwandigen Sackerln, wie sie an den Obsttheken üblich sind, erlassen.

Plastikmüll am Ostseestrand zwischen Juliusruh und Glowe

APA/dpa/Stefan Sauer

In jedem Quadratkilometer Meer schwimmen heute bis zu 46.000 Stück Plastikmüll

In Österreich, wo der Anteil der Pastiksackerl am gesamten Müllaufkommen mit 0,01 Prozent nur gering ist, wurde 2011 ein Fünfpunkteplan ins Leben gerufen. Unter anderem wurde mit einigen Supermarktketten ein Pilotprojekt zum verstärkten Einsatz von biologisch abbaubaren Tragtaschen oder solchen mit hohem Anteil an Recyclingmaterial ins Leben gerufen. Einige Händler haben Plastiktragtaschen mittlerweile ganz aus dem Sortiment genommen.

Bedrohung für Meerestiere

„Maßnahmen für eine Reduktion der Plastiksackerl sind ein erster wichtiger Schritt, die Plastikmülllawine wird dadurch zwar kleiner, rollt aber trotzdem weiter. Ein besonderes Problem, dem wir uns endlich stellen müssen, ist die Verschmutzung unserer Flüsse“, erklärt Brunner mit Hinweis auf die jüngsten Berichte über Plastikmüll in der Donau und in den Weltmeeren. Plastiksackerl halten mitunter 100 Jahre lang. Sie wurden in den Mägen von Seevögeln, Schildkröten und Walen gefunden. Die EU-Kommission schätzt, dass 94 Prozent aller Vögel in der Nordsee Plastik in sich aufgenommen haben.

Link: