FPÖ-Vordenker und „Kasnudel-Hölderlin“
Seit bald zehn Jahren ist Andreas Mölzer Mitglied des Europäischen Parlaments. Er sollte die FPÖ bei der Wahl im Mai zu neuen Höhen auf Europaebene führen, und zwar als Erster einer „Doppelspitze“ - gemeinsam mit dem bisherigen Generalsekretär Harald Vilimsky. Seine umstrittenen Aussagen führten jedoch zu einem Konflikt, der in seinen Verzicht auf einen FPÖ-Listenplatz mündete.
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Eigentlich setzte FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache in den erfahrenen EU-Mandatar die Hoffnung, die Partei auf über 20 Prozent der Stimmen zu führen. Mölzers Vergleich der EU mit dem „Dritten Reich“, seine Sager über ein „Negerkonglomerat“ und ein unter einem Pseudonym veröffentlichter rassistischer Kommentar über den „pechrabenschwarzen“ Fußballer David Alaba in der von Mölzer herausgegebenen Zeitschrift „Zur Zeit“ brachten den 61-Jährigen nun in Bedrängnis.
Kein Massenstimmenbringer für FPÖ
Bei den letzten beiden Urnengängen 2004 und 2009 waren Mölzer keine Glanzstücke gelungen, was wohl weniger an ihm als am Zustand der Partei und den Umständen der Wahlen lag. Verantwortlich für die 2009 nur 12,7 Prozent an Stimmen war wohl in erster Linie die Popularität von Hans-Peter Martin, die den Blauen zu schaffen machte. Bis zum Bekanntwerden seiner umstrittenen Aussagen durfte sich Mölzer diesmal auf ein deutlich besseres Ergebnis einstellen.
Martin hatte auf eine weitere Kandidatur verzichtet, und die FPÖ befindet sich nach der Neuauflage von Rot-Schwarz im Bund laut Umfragen in einem Höhenflug. Die meisten Stimmen wären dabei wohl Stimmen für die Partei und nicht Stimmen für Mölzer gewesen: Er gilt nur für eine kleine Fraktion innerhalb der FPÖ als Stimmenbringer. Mölzer kommt aus dem ganz rechten Flügel der Partei. Er war auch einer der wesentlichen Betreiber der Spaltung der Freiheitlichen im Jahr 2002 in Knittelfeld.
„Das rechtsintellektuelle Lager bin ich allein“
Besser weniger Stimmen, dafür Rückkehr zu den alten Werten, lautete das Credo des Publizisten, der in den 90er Jahren in einem „profil“-Interview über sich selbst meinte: „Das rechtsintellektuelle Lager bin ich allein.“ Hervorgetan hatte sich der gebürtige Steirer, der mit seiner Frau und sechs Kindern am Ossiacher See in Kärnten lebt, auch in erster Linie über Medien. Als Chefredakteur der FPÖ-Wochenzeitung „Kärntner Nachrichten“ (bis 1990) wurde er ein Getreuer Jörg Haiders. 1990 wurde er Chef des Freiheitlichen Bildungswerkes, 1991 Kärntner Bundesrat.
Ein Bruch mit Haider folgte, und Mölzer, der unter anderem für die vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als „rechtsextrem“ eingestufte Postille „Aula“ schrieb, verlegte sich wieder aufs Publizieren und gründete 1997 das Magazin „Zur Zeit“, das er bis heute betreibt. Nebenbei schrieb er diverse Bücher, unter anderem den utopischen Roman „Der Graue“ und Lyrikbände. Stargermanist Wendelin Schmidt-Dengler verspottete ihn dafür als „Kasnudel-Hölderlin“.
EU-Resolution zu Auschwitz nicht unterschrieben
Der Öffentlichkeit bekannt wurde der Vorsitzende der Alten Herren des Corps Vandalia im Februar 1992: Vor dem Freiheitlichen Akademikerverband äußerte er seine Befürchtung, dass sich in Deutschland und Österreich eine „Umvolkung“ anbahne. Dieser Eklat sorgte nicht nur für massive Kritik, sondern führte indirekt auch zur Abspaltung von Heide Schmidt von der FPÖ und zur Gründung des Liberalen Forums.
Historische Ausritte kennzeichneten auch den weiteren Weg Mölzers. Die Parteispitze schockierte der EU-Abgeordnete etwa 2005 beim 60. Jahrestag zum Gedenken der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz. Als einer von nur wenigen Europaparlamentariern weigerte er sich, für eine Auschwitz-Resolution zu stimmen, die Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verurteilte, weil „mit dem Leid der Opfer tagespolitische Ambitionen verbunden werden“, wie er damals sagte.
Von FPÖ-Rechtsauslegern an die Spitze gepusht
Dass er überhaupt ins EU-Parlament kam, verdankte Mölzer einer Gewaltanstrengung des ganz rechten dritten Lagers. Mit einer Vorzugsstimmenkampagne schob er sich 2004 von Platz drei aus auf das einzige Mandat, das die damals in einer tiefen Krise befindlichen Freiheitlichen erlangten. Die politische Karriere von Spitzenkandidat Hans Kronberger war dagegen zu Ende. Im Jahr 2005 war Mölzer auch ein wesentlicher Player bei der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ.
Nach wochenlangen Querelen über seinen Parteiausschluss - nachdem er sich zum scharfen Kritiker Haiders gewandelt hatte - beschloss die Spitze der Freiheitlichen, sich abzuspalten. Mölzer stand Strache nach der Spaltung treu zur Seite. Ein publizistischer Bewunderer war der am 2. Dezember 1952 in Leoben Geborene von beiden Parteichefs. Haider, für den er eine Zeit auch als Kärntner Kulturberater arbeitete, widmete er das Werk „Jörg! Der Eisbrecher“, Strache wurde von ihm mit dem Werk „Neue Männer braucht das Land“ bedacht.
EU-Liste muss bis Freitag stehen
Mölzer wollte trotz seines Verzichts auf die Spitzenkandidatur am Dienstag weiter auf einem „wählbaren Listenplatz“ für die FPÖ kandidieren, wie sein Sprecher zuerst sagte. Möglicherweise führte ein Machtwort zum gänzlichen Rückzug. Nach seinen umstrittenen Aussagen hatte Strache am Montagabend ein persönliches Gespräch mit seinem „Libero“ - wie er ihn noch im Jänner bezeichnet hatte - geführt, am Mittwoch wollte sich ein Parteivorstand mit der Causa befassen. Die Kandidatenliste muss die FPÖ am Freitag einreichen.
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