Überraschung und Betroffenheit
Die Nachricht vom Ende des Unterhaltungsshow „Wetten, dass..?“ hat bei den ehemaligen Moderatoren Emotionen ausgelöst. Thomas Gottschalk (63) reagierte überrascht. „Dann hätte ich das Ding auch gleich selbst an die Wand fahren können“, sagte der Entertainer am Samstagabend in einem Telefongespräch mit dem Magazin „Der Spiegel“ (Onlineausgabe).
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Der zitierte Satz sei dem „spontanen Schock geschuldet“, wie er am Sonntag in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur dpa schrieb. Gottschalk habe durch den Anruf von der Einstellung der Show erfahren, so „Der Spiegel“. Gottschalk moderierte zwischen 1987 und 2011 insgesamt 151 Ausgaben. Moderator Markus Lanz hatte am Ende der aktuellen Sendung Samstagabend das Aus für den Showklassiker nach 33 Jahren verkündet.

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Die ehemaligen Moderatoren Frank Elstner, Thomas Gottschalk und Wolfgang Lippert
„Ich trauere still“
Gottschalk wird nach eigenen Worten „mit Anfragen zum Ende von ,Wetten, dass..?‘ überschüttet“. „Aus verständlichen Gründen“, so der ehemalige Moderater der Show am Sonntag in der E-Mail. „Weder Häme noch Besserwisserei sind jetzt gefragt“, formulierte Gottschalk weiter. „Natürlich habe ich eine ganz besondere Verbindung zu ,Wetten, dass..?‘ und kann eine leichte Wehmut nicht leugnen, finde aber im Moment keine rechten Worte, diese zitatfähig zu formulieren. Ich trauere, wie man so schön sagt, still. Und das will bei mir was heißen.“
Elstner: Das geht an die Nieren
Der Erfinder von „Wetten, dass..?“, Frank Elstner (71), reagierte betroffen auf die angekündigte Einstellung. „Wetten, dass Ende! Das geht an die Nieren. Alles andere wäre gelogen!“, teilte der Moderator über den Kurznachrichtendienst Twitter in der Nacht zum Sonntag mit. „Dem Nachwuchs gehört die Zukunft im Netz! Ich bin dabei. Freue mich!“, schrieb Elstner allerdings weiter. Der Unterhalter erfand die Sendung 1981.

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Gottschalk durfte Michail Gorbatschow und Arnold Schwarzenegger begrüßen
Lanz: Passt nicht mehr in die Zeit
Lanz (45) selbst bedauerte, dass „Wetten, dass..?“ mit der Entwicklung der TV-Landschaft nicht mehr habe Schritt halten können. Die Show sei etwas, „was das deutsche Fernsehen eigentlich dringend braucht. Aber offenbar passt es im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig in die Zeit. Die Zeit ist doch ein bisschen kalt geworden, vielleicht kann man’s so sagen“, teilte der Moderator der vom ZDF beauftragten Agentur all4radio mit. Lanz bezeichnete die Show als „feine Familienunterhaltung“ ohne „Zynismus“ und „Sarkasmus“.
Schwerer Unfall als Wendepunkt
Der schwere Unfall von Samuel Koch bei einer Wette gilt als Wendepunkt der Sendung. Einem Millionenpublikum stockte der Atem, als Koch vor laufenden Kameras am 4. Dezember 2010 in der 192. Ausgabe der Show schwer verunglückte. Noch dazu war es die erste Wette des Abends. Der damals 23-jährige Hobbykunstturner wollte auf Sprungstelzen, die er sich unter die Füße geschnallt hatte, mehrere ihm entgegenkommende Autos überspringen. Die Wette ging beim vierten Versuch schief. Koch streifte den entgegenkommenden Wagen, an dessen Steuer ausgerechnet sein Vater saß.
Koch stürzte mit einem dumpfen Schlag auf den Boden und blieb reglos liegen. Den Zusehern war die Fassungslosigkeit anzusehen. Nach einigen Augenblicken brach das ZDF die Livesendung zum ersten Mal in der Geschichte ab. Koch kam mit schwersten Verletzungen an Halswirbelsäule und Rückenmark in die Uniklinik Düsseldorf. Die Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma. Er blieb gelähmt und schrieb ein Buch: „Samuel Koch - Zwei Leben“. In Gottschalk jedoch reifte daraufhin der Entschluss aufzuhören. Im Dezember 2011 verabschiedete er sich von seinem Publikum.
Drei Folgen noch
Vor dem endgültigen Aus zu Jahresende will das ZDF 2014 noch drei Folgen von „Wetten, dass..?“ ausstrahlen. „Wir gehen jetzt in die Sommerpause und sehen uns am 4. Oktober wieder mit den letzten drei Ausgaben von ‚Wetten, dass..?‘“, sagte Lanz. Die letzten Ausgaben kommen am 4. Oktober aus Erfurt, am 11. November aus Graz und am 13. Dezember aus Nürnberg.
„Der Rückgang der Zuschauerzahlen zeigt, dass sich die Sehgewohnheiten verändert haben und das Format an Anziehungskraft verloren hat“, begründete ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler den Schritt seines Senders. "Es ist uns nicht leicht gefallen, einen Klassiker wie „Wetten, dass..?" vom Schirm zu nehmen.“

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Bei Gottschalk auf dem Sofa: Fiona Pacifico Griffini-Grasser mit ihrem Ehemann dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser
„Nicht mehr im Verhältnis zur Resonanz“
„Der Aufwand einer so großen Show steht aber nicht mehr im Verhältnis zur Zuschauerresonanz“, sagte Himmler und betonte, man habe „gemeinsam entschieden, dass wir noch die drei geplanten Ausgaben in 2014 machen. In den letzten Jahren hat sich im Showbereich sehr viel verändert. Das trifft alle Sender und Unterhaltungsprogramme, besonders hart aber ,Wetten, dass..?‘ als traditionsreichste Show in Deutschland.“
„Konzept bleibt einzigartig“
Ein Türchen ließ Himmler jedoch noch offen: Die Rechte an der Marke will der Sender behalten und gegebenenfalls auch wieder aktivieren. „Das Konzept, das Frank Elstner Anfang der 80er Jahre für das ZDF erfunden hat, bleibt einzigartig“, so Himmler weiter. „Deshalb schließe ich nicht aus, dass es irgendwann noch einmal auflebt. Wir suchen aber weder einen neuen Moderator, noch planen wir eine Fortsetzung in absehbarer Zukunft. Die Hauptredaktion Show arbeitet jetzt an neuen Ideen für den Samstagabend.“

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Markus Lanz versucht, die Balance zu halten
Moderator Lanz unter Druck
Dass die Sendung am Samstag in Offenburg die letzte vor der Sommerpause sein würde, stand seit längerem fest. Moderator Lanz, der die Show 2012 von Gottschalk übernommen hatte, kämpfte seither mit Kritik und sinkenden Einschaltquoten. Die Illustrierte „Bunte“ hatte im Vorfeld der Sendung von Samstag berichtet, der Moderator wolle seinen über drei Staffeln laufenden Vertrag definitiv nicht verlängern. Eine ZDF-Sprecherin sagte dazu: „Wir kommentieren keine Gerüchte. Und zu Vertragsinhalten können wir keine Auskunft geben.“
Einer Umfrage zufolge sind 42 Prozent der Deutschen für die Einstellung der Unterhaltungssendung, fast ebenso viele - 41 Prozent - dagegen. Das teilte am Mittwoch das Hamburger Magazin „Stern“ mit. Zuvor hatte bereits eine Umfrage des Magazins „Focus“ ein ähnliches Bild gezeichnet: 39 Prozent der Befragten befürworteten, die Show fortzuführen. 40 Prozent würden sie hingegen absetzen.
„Zwei Millionen Euro pro Ausgabe“
ZDF-Intendant Thomas Bellut hatte sich vor wenigen Wochen zur Zukunft der Sendung geäußert. Dem „Handelsblatt“ sagte er, er wisse nicht, wie lange es die Sendung noch geben werde. „In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist.“ Die Kosten von „Wetten, dass..?“ bezifferte Bellut pro Ausgabe auf rund zwei Millionen Euro. „In besonderen Fällen“ könne die Show „auch mal 2,5 Millionen Euro“ kosten, sagte er. Im Februar hatte Unterhaltungschef Oliver Fuchs noch optimistisch in die Zukunft geblickt und ein Winter-„Wetten, dass..?“ ins Auge gefasst.
ORF: Entscheidung nachvollziehbar
„Die Gründe, die das ZDF für den Ausstieg aus ‚Wetten, dass ..?‘ nennt, decken sich auch mit unseren Beobachtungen des internationalen Marktes. Die stabilen Quoten in Österreich konnten diesen Trend leider nicht aufhalten“, kommentierte am Sonntag ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner in einem Statement gegenüber der APA das Aus für die Sendung.
„Wirtschaftlich und programmstrategisch können wir als Kopartner diese Entscheidung nachvollziehen und müssen diese zur Kenntnis nehmen“, so Zechner. „ORF und ZDF bekräftigen den Wunsch, die Stärken der erfolgreichen Zusammenarbeit in den Bereichen Film und Serie auch für zukünftige Schnittstellen im Unterhaltungsbereich zu nutzen. Der ORF bedankt sich bei seinem langjährigen Partner ZDF und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ‚Wetten, dass ..?‘ über all die Jahre möglich machten und noch bis Jahresende möglich machen werden.“
In Deutschland wieder aufgeholt
Die Ausgabe am Samstag hatte in ORF eins mit durchschnittlich 495.000 Zusehern und 21 Prozent Marktanteil keine berauschenden Quoten. Im Gegenteil: Seit Anfang 2013 hatten nur das Open Air am 8. Juni und die Sendung vom 14. Dezember 2013 schlechtere Einschaltziffern. Der Donna-Leon-Krimi „Schöner Schein“ erreichte in ORF2 mit 526.000 mehr Zuseher als die parallel laufende Familienshow mit Lanz.
Anders hingegen die Zahlen aus Deutschland: Laut dpa verzeichnete das ZDF 6,84 Millionen Zuschauer (23,1 Prozent Marktanteil) und damit eine Million mehr als bei der Februar-Sendung, die mit 5,85 Millionen Zuschauern den historischen Tiefpunkt in 33 Jahren „Wetten, dass..?“-Geschichte markiert hatte. Die Wiederholung des Krimis „Schönen Schein“ bei ARD interessierte dagegen nur 4,57 Millionen Menschen.
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