Lawrow fordert Informationen von NATO
Die russische Regierung hat einen Abzug der Truppen von der Grenze zur Ukraine angekündigt. Die Soldaten kehrten in ihre Kasernen zurück, sobald die derzeitigen Manöver beendet seien, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag. Zugleich forderte er von der NATO Informationen über die militärischen Aktivitäten des Verteidigungsbündnisses in Osteuropa.
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Lawrow betonte jedoch, dass es „keine Beschränkungen“ für Truppenbewegungen auf russischem Staatsgebiet gebe. Russland hatte nach dem Umsturz in der Ukraine die Schwarzmeer-Halbinsel Krim in sein Staatsgebiet eingegliedert. Zudem stationierte Moskau Zehntausende Soldaten an der Ostgrenze der Ukraine, was Befürchtungen über eine weitere Intervention schürte.
NATO-General glaubt nicht an Rückzug
Die im Grenzgebiet zur Ukraine stationierten russischen Truppen stellen laut NATO-General Philip Breedlove eine unmittelbare Gefahr dar. Die rund 40.000 Soldaten könnten innerhalb von zwölf Stunden angreifen „und sie könnten ihre Ziele in drei bis fünf Tagen erreichen“, sagte er der „New York Times“ (Mittwoch-Ausgabge).

Reuters
Ein Panzer bei einem russischen Manöver nahe der Grenze zur Ukraine
Es handle sich um „sehr große, gut ausgerüstete Einheiten“, fügte der Kommandant der NATO-Truppen in Europa hinzu. „Ich glaube, sie haben alle Möglichkeiten und sie können jede Entscheidung treffen, die sie wollen.“ Breedlove äußerte Zweifel an der Ankündigung Moskaus, die Soldaten aus dem Grenzgebiet zurückzuziehen. Zwar bewege sich ein Bataillon von 400 bis 500 Mann, „aber wir können nicht bestätigen, dass es das Schlachtfeld verlässt“.

AP/Virginia Mayo
NATO-General Philip Breedlove
Turtschinow: Lage an Grenze angespannt
Die Regierung in Moskau warf der NATO im Gegenzug vor, zur Sprache des Kalten Krieges zurückzukehren. Lawrow forderte daraufhin eine Deeskalation in der Kommunikation zwischen beiden Seiten. Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow sagte laut der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS, die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze im Süden und Südosten sei weiterhin angespannt. Turtschinow sagte in einem lokalen Fernsehsender am Mittwoch: „Die Situation an dieser Grenze ist stabil, aber die Bedrohung bleibt.“
Militärgüter sollen zurückgegeben werden
Russland hat sich zur Herausgabe von auf der Krim beschlagnahmten ukrainischen Militärgütern bereiterklärt. Das auf der Schwarzmeer-Halbinsel verbliebene Eigentum der ukrainischen Streitkräfte könne jetzt übergeben werden, teilte das russische Außenministerium am Donnerstag in Moskau mit. Die Russen hatten im Zuge der Machtübernahme auf der Krim und der Kapitulation des ukrainischen Militärs unter anderem Dutzende Schiffe sowie Waffen vorübergehend in ihren Besitz gebracht.
Das Außenministerium in Moskau informierte die Ukraine in einer Note außerdem über die offizielle Beendigung aller Verträge über die Stationierung der russischen Schwarzmeer-Flotte auf der Krim. Neben dem Anstieg des Preises für Gas aus Russland entgehen der Ukraine nun auch die Pachteinnahmen.
NATO-Warnung an Moskau
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnte Moskau vor einem Vorrücken russischer Truppen in den Osten der Ukraine. „Falls Russland in der Ukraine weiter einzugreifen versucht, dann zögere ich nicht, das einen historischen Fehler zu nennen“, sagte Rasmussen am Mittwoch in Brüssel zum Ende eines Treffens der NATO-Außenminister. Er sei „ernsthaft besorgt“ über die russische Truppenpräsenz an der Grenze zur Ukraine.
Moskau bedauerte die Entscheidung der NATO, die Beziehungen zu Russland vorerst einzufrieren. Auch das sei ein Rückfall in das „Vokabular aus der Zeit des Kalten Krieges“. Russland wolle „eine russische Einflusssphäre wiederherstellen, die sich über den gesamten früheren sowjetischen Raum erstreckt“, kritisierte Rasmussen. „Das wäre eine Fehlkalkulation mit riesigen strategischen Folgen“, sagte er zu einem möglichen russischen Vordringen in die östliche Ukraine. Stattdessen solle Moskau die Lage durch einen Rückzug der Truppen deeskalieren. Die Ukraine müsse selbst und ohne Einmischung von außen über ihre künftige Verfassung entscheiden.
UNO: Krim weiter Teil der Ukraine
Die UNO sieht laut USA und westlichen Diplomaten die Halbinsel Krim weiter als Teil der Ukraine an. Das sei die juristische Folge des Votums der Generalversammlung Ende März, sagte die UNO-Botschafterin der USA, Samantha Power, am Mittwoch vor dem Senat in Washington.
100 Staaten hatten in der UNO-Hauptversammlung das Referendum für ungültig erklärt, das der Regierung in Moskau als Grundlage für die Annexion diente. Zwar war das Votum für Russland nicht verbindlich. Mehrere westliche Diplomaten, die namentlich nicht genannt werden wollten, sagten allerdings ebenfalls, dass die UNO deswegen intern weiter die Krim als Teil der Ukraine einstufe. Das sei auch von der UNO-Justizbehörde OLA bestätigt worden, hieß es.
Ukraine will Russland klagen
Die Ukraine will Russland unterdessen wegen der Annexion der Krim vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag klagen. „Wir betrachten die Krim als integralen Teil der Ukraine“, sagte der ukrainische Übergangsaußenminister Andrej Deschtschiza am Dienstag in Brüssel.
Die Ukraine plane, beim höchsten UNO-Gericht eine Klage „gegen das russische Handeln auf der Krim“ einzureichen. „Ich denke, dass wir die Krim mit internationaler Unterstützung wieder zur Ukraine zurückbringen können“, sagte er. Im Moment sammle die Regierung in Kiew noch Daten: „Das könnte noch ein bisschen dauern.“
Festnahmen wegen Terrorvorwürfen
Das russische TV meldete am Donnerstag die Festnahme von 25 Ukrainern wegen Terrorverdachts. Die Männer hätten bereits Anschläge auf Militäreinrichtungen in mehreren russischen Gebieten geplant, berichtete der Kanal NTV unter Berufung auf den Geheimdienst. Die Verdächtigen, darunter drei Mitglieder des ultranationalistischen Rechten Sektors, sollen einen Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes bestätigt haben.
Schuldzuweisungen wegen Toten auf Maidan
Die ukrainische Übergangsregierung beschuldigte wiederum den russischen Geheimdienst und ihre entmachteten Vorgänger, für das Blutvergießen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew verantwortlich gewesen zu sein. Der gestürzte prorussische Präsident Viktor Janukowitsch habe den „kriminellen Befehl“ für die tödlichen Schüsse Mitte Februar gegeben, hieß es in einem am Donnerstag vorgelegten Zwischenbericht zu den Protesten. Moskau wies die Anschuldigungen zurück.
Agenten des russischen FSB hätten bei der „Planung und Umsetzung des sogenannten Anti-Terror-Einsatzes“ geholfen, sagte der ukrainische Sicherheitschef Valentin Naliwaitschenko an der Seite von Innenminister Arsen Awakow.
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