Themenüberblick

„Wechselseitige Kommunikation“ erlaubt

Der ORF darf nicht nur Seiten auf Facebook betreiben, sondern auch die Beitrags- und Kommentarfunktion nutzen. Das entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Mittwoch. Im langjährigen Streit über die Nutzung Sozialer Netzwerke durch den ORF ist laut VfGH-Präsident Gerhart Holzinger nun ein Schlussstrich gezogen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Bundeskommunikationssenat (BKS) hatte vergangenen Herbst ein Verbot verfügt: Der ORF verstoße auf Facebook gegen das gesetzliche Verbot ständiger Foren, hieß es in dem Bescheid. Dem widersprach nun der VfGH: Die Beteiligung des ORF an Sozialen Netzwerken sei zulässig, auch Foren auf Seiten Sozialer Netzwerke dürften betrieben werden. Holzinger begründete das damit, dass das Verbot „in die Rundfunkfreiheit des ORF eingreift“. Er sieht die Sache nun endgültig entschieden, und zwar nicht nur für Facebook, sondern auch für alle anderen Sozialen Netzwerke.

VfGH-Präsident Gerhart Holzinger

ORF.at/Günter Hack

Holzinger bei der Begründung

„Unverhältnismäßiger Eingriff“

Holzinger betonte, der ORF dürfe zwar selbst kein Soziales Netzwerk betreiben, bestehende Netzwerke aber sehr wohl nutzen. Der vom BKS angedachte Weg, der ORF müsse - vereinfacht gesagt - die Beitrags- und Kommentarfunktion bei Facebook-Seiten deaktivieren, komme nicht infrage, so der VfGH.

Der ORF „wäre dadurch des eigentlichen Zweckes des Sozialen Netzwerkes beraubt“, und das sei die „wechselseitige Kommunikation“ zwischen dem ORF und seinem Publikum. Ein solches Verbot sei „ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit“.

Fast unendliche Geschichte

Der Streit über das Verbot beschäftigt seit Jahren Behörden und Gerichte: Die Medienbehörde KommAustria und der BKS waren 2012 zu dem Schluss gekommen, dass die Facebook-Aktivitäten des ORF nicht mit dem ORF-Gesetz in Einklang seien. Die KommAustria hatte 39 entsprechende Facebook-Angebote des öffentlich-rechtlichen Senders beanstandet, der ORF beim BKS dagegen Beschwerde eingelegt. Dieser lehnte die ORF-Berufung als unbegründet ab, woraufhin sich der ORF an den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof wandte.

Diese widersprachen einander, was eine aufschiebende Wirkung der Beschwerde betrifft. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte 2012 schließlich das Verbot, ehe es der VfGH im Juli 2013 aufhob. Wenige Monate später verbot der BKS die Facebook-Präsenz erneut, diesmal aber mit dem Verweis auf das gesetzliche Verbot ständiger Foren.

Wrabetz: „Richtungsweisende Entscheidung“

Der VfGH habe „eine richtungsweisende und für die multimediale Weiterentwicklung der ORF-Programme wichtige Entscheidung im Sinne des Publikums getroffen“, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Die „unakzeptable Einschränkung des ORF, mit seinem Publikum zu kommunizieren, wurde dadurch aus der Welt geschafft“. Er freue sich, „dass der VfGH unseren Argumenten gefolgt ist. Für den ORF ist es wichtig, dass nun in dieser zentralen Zukunftsfrage Klarheit geschaffen wurde“, sagte der ORF-Generaldirektor.

Grüne und NEOS erfreut

Auch der Mediensprecher der Grünen, Dieter Brosz, begrüßte das Urteil: „Der ORF darf nicht von der Zukunft - und das ist auch die Präsenz in Sozialen Medien wie Facebook - abgeschnitten werden.“ Auch NEOS begrüßte die Aufhebung des Verbots: „Der ORF muss über die Nutzung aller Medienkanäle frei bestimmen können“, so NEOS-Mediensprecher Niko Alm. Es sei schließlich „die Pflicht des ORF, dort Angebote zu schaffen, wo die Mediennutzung heutzutage passiert“. Kritik übte Alm an der langwierigen Klärung des Falls.

„Bei aller berechtigten Kritik an der Programmgestaltung, muss der ORF als Medienhaus die Möglichkeit haben, eine große Reichweite zu erzielen“, so Alm. Hier dürfe der ORF aber nicht zu Passivität gezwungen werden, sondern sollte „aktiv die Entwicklung von Apps, Onlineangeboten und neuen, vor allem mobilen und sozialen Formaten vorantreiben“ können.

Links: