Themenüberblick

Einander widersprechende Urteile

Schon seit Inkrafttreten des ORF-Gesetzes 2010 sorgt das Facebook-Verbot für Diskussionen. Im Folgenden ein Überblick über die bisherigen Entscheidungen der Behörden und Gerichte:

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

17. Juni 2010: Der Nationalrat beschließt nach langem Tauziehen mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ das neue ORF-Gesetz. Neben anderen Einschränkungen im Onlinebereich ist laut Paragraf 4f dem ORF die Bereitstellung von Sozialen Netzwerken „sowie Verlinkungen zu und sonstige Kooperationen mit diesen“ verboten, es sei denn, sie finden in Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Überblicksberichterstattung im Internet statt.

1. Oktober 2010: Das Gesetz tritt in Kraft.

2. Februar 2012: Die Medienbehörde KommAustria beanstandet per Bescheid insgesamt 39 Facebook-Auftritte des ORF. In dem Verfahren geht es ausschließlich um die Facebook-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Senders, andere Soziale Netzwerke wurden nicht untersucht, heißt es von der Medienbehörde.

3. Februar 2012: Das Verbot lässt auch in der Politik die Wogen hochgehen, SPÖ und Opposition treten für eine Gesetzesänderung ein, die ÖVP warnt vor „Schnellschüssen“. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) fordert, der ORF solle dem Spruch der Medienbehörde Folge leisten: „Der ORF muss rasch alle seine Auftritte in den sozialen Medien restlos einstellen.“

2. Mai. 2012: Auch der Bundeskommunikationssenat (BKS) kommt zum Schluss, dass die Facebook-Aktivitäten des ORF nicht mit dem ORF-Gesetz im Einklang sind, und lehnt die ORF-Berufung als unbegründet ab. Der ORF kündigt den Gang vor die Höchstgerichte an.

4. Mai 2012: FM4 und Ö3 übergeben ihre Facebook-Seiten an Fans.

21. Mai. 2012:: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) räumt dem ORF im Streit über seine Facebook-Seiten keine aufschiebende Wirkung ein. Der ORF darf „seine“ Facebook-Seiten damit nicht betreiben.

14. Juni 2012: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) räumt dem ORF im Streit über seine Facebook-Seiten aufschiebende Wirkung ein. Der ORF darf damit seine Facebook-Auftritte, die ihm zuvor von der KommAustria und dem BKS untersagt worden sind, vorerst bis zur Entscheidung der Höchstrichter weiterführen.

14. November 2012: Der VwGH bestätigt das Facebook-Verbot für den ORF. Die Beschwerde des öffentlich-rechtlichen Senders gegen einen entsprechenden Bescheid des BKS wird „als unbegründet abgewiesen“. Der VwGH kommt wie schon vor ihm der BKS und die KommAustria zu dem Schluss, dass es das Ziel des Gesetzgebers war, „derartige Onlineangebote aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich anderen Medienunternehmen vorzubehalten“.

15. Dezember 2012: Der ORF darf seine Facebook-Angebote wieder betreiben, da der VfGH der Beschwerde des Senders aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Ansonsten bestünde für den ORF „ein unverhältnismäßiger Nachteil“.

26. Juli 2013: Der VfGH hebt das Facebook-Verbot für den ORF auf. Das Höchstgericht sieht in dem Verbot eine Unverhältnismäßigkeit sowie einen Verstoß gegen das Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit.

17. September 2013: Der BKS verbietet dem ORF neuerlich seine Facebook-Präsenz. In einem neuen Bescheid, der auf dem Spruch des VfGH basiert, wonach das ORF-Gesetz in Sachen Social-Media-Verbot verfassungswidrig sei, verbietet der BKS nun de facto neuerlich die normale Nutzung Sozialer Netzwerke. Der BKS argumentiert nun, dass der ORF auf Facebook gegen das gesetzliche Verbot ständiger Foren verstoße. Der ORF wendet sich erneut an den VfGH und erreicht eine aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde.

Links: