Sinkende Popularität während Amtszeit
Mit der Präsidentschaftswahl in der Slowakei neigt sich auch die zehnjährige Ära von Ivan Gasparovic im Präsidentenpalast dem Ende zu. Am 15. Juni läuft seine zweite Amtszeit aus, ein weiteres Mal kann sich der Staatschef nicht um den höchsten Staatsposten bewerben. Und er hätte es wohl auch sonst kaum getan: Die Popularität des bald 73-Jährigen ist aktuell auf einem historischen Tiefpunkt angelangt.
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Politik war nie eine Herzensangelegenheit des Juristen. Vor seiner Karriere als Staatsmann war er zunächst Staatsanwalt und danach Dozent der Juridischen Fakultät der Comenius-Universität in Bratislava. Der aus dem mittelslowakischen Poltar stammende Rechtsexperte wurde nach der Wende Generalstaatsanwalt der Tschechoslowakei, kurz vor der Teilung des Staates konnte ihn aber Vladimir Meciar in die Politik locken.
Gasparovic wurde zur rechten Hand des umstrittenen Regierungschefs mit dem autoritären Führungsstil, Parlamentarier seiner HZDS und für sechs Jahre schließlich auch Parlamentspräsident der Slowakei. 1998 überwarf sich Meciar mit seinem ersten Vertrauensmann, und Gasparovic versuchte einen Neustart mit einer eigenen Partei. Die Bewegung für Demokratie (HZD) wurde aber nie zu einer relevanten politischen Kraft. Bei der folgenden Präsidentschaftswahl 2004 konnte Gasparovic aber dank seiner Partei kandidieren.
Überraschender Sieg bei Präsidentschaftswahl
Seinen ersten großen Erfolg im Alleingang hat Gasparovic verschlafen. Geweckt wurde er in der Wahlnacht erst von einem Telefonat seiner Freunde, die ihm den unerwarteten Einzug in die Stichwahl mitteilten. Mit dieser Möglichkeit hatte Gasparovic gar nicht gerechnet und irrte - wie sämtliche Beobachter und Meinungsumfragen. Völlig überraschend hatte er es tatsächlich geschafft, den favorisierten christlich-konservativen Außenminister Eduard Kukan zu schlagen und trat in der zweiten Wahlrunde gegen seinen einstigen Parteichef Meciar an - und siegte.
Verholfen hatte ihm dazu zweifellos auch die Unterstützung der damals führenden Oppositionspartei, der sozialdemokratischen SMER von Robert Fico. Das Tandem Gasparovic/Fico erwies sich auch bei der folgenden Präsidentschaftswahl 2009 als sehr erfolgreich. Obwohl sich der Präsident stets als überparteilich, als Staatsoberhaupt aller Slowaken präsentierte, sickerten die von ihm geäußerten Worte „er fühle sich als Parteimitglied der SMER“ an die Öffentlichkeit durch und sorgten für Unmut.
Unter dem Motto „Gemeinsam für die Slowakei“ lächelten Gasparovic und Fico - inzwischen Ministerpräsident - auch gemeinsam von Wahlplakaten. Wie einst Meciar, versuchte Fico damit seine Hauptrivalin, die spätere Ministerpräsidentin Iveta Radicova, aus dem Präsidentenpalast fernzuhalten. Mit Erfolg: Radicova unterlag 2009 in der Stichwahl gegen Gasparovic. Fico habe die Präsidentschaftswahl für Gasparovic gewonnen, urteilten daher viele Beobachter.
Vor allem in der ersten Amtszeit sehr unauffällig
In seiner Amtsführung fiel vor allem der markante Unterschied zu seinem Vorgänger Rudolf Schuster auf, der enorm aktiv und reisefreudig gewesen war und immer wieder runde Tische zu verschiedenen aktuellen politischen Themen veranstaltet hatte. Besonders in seiner ersten Amtszeit erschien Gasparovic vielen als nahezu unsichtbar. Auslandsreisen mied er eher und mischte sich auch in innenpolitische Konflikte kaum ein. Dennoch nahmen viele Slowaken auch positive Seiten ihres Präsidenten wahr. Gasparovic punktete bei vielen in der Eishockeynation nicht politisch, sondern als Eishockeyfan und Hobbyrennfahrer.
Die Wahrnehmung änderte sich jedoch in seiner zweiten Amtszeit deutlich: Konnte er in den ersten vier Jahren trotz aller Unterstützung der SMER im Wahlkampf noch als „überparteilicher Präsident“ gesehen werden, änderte sich das nach der Wiederwahl. In seiner zweiten Amtszeit war seine Nähe zur Fico-Partei nicht mehr zu übersehen. Kritiker sprachen gar von einer „verlängerten Hand Ficos“ im Präsidentenpalast.
Umstrittener Umgang mit Vetorecht
Gasparovics Umgang mit dem Vetorecht sorgte wiederholt für heftige Kritik. Etwa als er 2010 das umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz unterschrieb, laut dem der slowakische Pass entzogen wird, sobald eine Person die Staatsbürgerschaft eines fremden Landes annimmt. Die Regelung sorgt bis heute für Verstimmungen zwischen Bratislava und Budapest. Für Aufregung sorgte auch der Streit über die Ernennung von Jozef Centes zum neuen Generalstaatsanwalt der Slowakei, die Gasparovic hartnäckig und entschlossen verweigerte, obwohl der Kandidat ordnungsgemäß vom Parlament gewählt worden war.
Der Konflikt um Centes, der auch im Ausland für Aufsehen sorgte, kam für viele Beobachter ziemlich überraschend - Gasparovic galt nämlich lange Zeit als „der schweigende Präsident“. In den gesamten zehn Jahren seiner Amtszeit trug er bis auf eine einzige Ausnahme keinen Bericht zur Lage der Nation vor, obwohl das von der Verfassung der Slowakei vorgesehen ist.
Bekannt für späte oder ausbleibende Reaktionen
Auch von tiefschürfenden Ereignissen wie dem Skandal rund um die Geheimdienstakte Gorilla, den folgenden Massenprotesten und dem Sturz der Regierung Radicova wegen des Euro-Rettungsschirms ließ sich Gasparovic nur ungern dazu veranlassen, eindeutig Stellung zu beziehen. Oft reagierte er auf aktuelle Ereignisse viel zu spät oder überhaupt nicht.
In Verlauf seiner zweiten Amtszeit nahm auch seine Popularität rapide ab: Während er 2006 noch die Unterstützung von 76 Prozent der Bewohner genoss, sahen ihn Ende des Vorjahres nur 48 Prozent seiner Mitbürger als vertrauenswürdig an. Nach dem Auslaufen seiner Amtszeit am 15. Juni will sich Gasparovic aus der Politik definitiv zurückziehen.
Martina Kobzova, dpa
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