Sparüberlegungen im Förderdschungel
Seit den 1980er Jahren ist sie Ländersache, wird aber vom Bund finanziert, und dieser überlegt, den Topf für die Förderoffensiven zu streichen: Es geht um die Wohnbauförderung. Diese hat sich seit Mitte der 1990er Jahre ohnedies vom Wohnungsneubau hin zu Sanierungen von Wohnraum und Wohnbeihilfen für Bedürftige verschoben. Wenn das Land Vorarlberg nun mit 1. April seine Wohnbauförderung umstellt, dann wird dieser Trend hin zur sozialen Wohnbauförderung deutlich.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Seit 1996 - so zeigen es die zuletzt vorliegenden Daten - liegt der Bundesbeitrag bei der Wohnbauförderung bei 1,78 Mrd. Euro eingefroren. Seit 2008 ist die Zweckbindung zudem gefallen, was nach sich gezogen hat, dass immer weniger Mittel in den Wohnungsbau geflossen sind.
Offensive mit einem Haken
Vor der Wahl versprach die Regierung im Rahmen einer Wohnbauoffensive 276 Mio. Euro Wohnbauförderung. Und zwar unter der Bedingung, dass die Länder den gleichen Beitrag drauflegen. Doch die Bundesländer holen das Geld nur teilweise ab, weil sie sich die Kofinanzierung nicht leisten wollen oder können.

ORF.at/Sabine Koder
Es hakt beim Wohnungsneubau seit Mitte der 1990er Jahre
Auch der Bund würde sich das im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verankerte Geld angesichts von Sparzwängen gerne ersparen. Vor einer Woche kamen Berichte auf, dass man im Finanzministerium überlege, den Topf für die Förderoffensive zu kürzen oder ganz zu streichen. Eine Entscheidung soll laut APA im Mai fallen.
Ein neuer Topf fürs Fördergeld vom Bund
Das im Jänner beschlossene Abgabenänderungsgesetz sieht ja vor, dass Unternehmensgewinne bis 30.000 Euro steuerbegünstigt in Wohnbauanleihen investiert werden können. Eine Steuerbegünstigung für andere Wertpapierpapiere fällt aber weg. Das Finanzministerium erwartet sich daraus ab der Jahresmitte Geldzuflüsse von 300 Mio. Euro für den Wohnbau und überlegt, im Gegenzug die Wohnbauförderung zu streichen. Allerdings fehlt für dieses Vorgehen ein politischer Konsens. Von „Überlegungen in diese Richtung“ ist die Rede.
Knapp drei Milliarden Euro haben die Länder, so sagen es Daten des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), 2010 für Wohnbauförderung ausgegeben. Vom Bund kommt mit den 1,78 Mrd. Euro immer der gleiche Sockel, der aber nie inflationsangepasst wurde. Die Kosten im Wohnungs- und Siedlungsbau sind per Stand 2012 dagegen um 56 Prozent gestiegen.
Mehr Sanierung, weniger Neubau
Der Schwerpunkt der Förderung hat sich seit 1996 verschoben. Wurden 1996 für den Wohnungsneubau noch 46.177 „Förderungszusicherungen“ registriert, waren es 2010 nur noch 27.594. Die Zahl der geförderten Sanierungen wurde dagegen von 82.317 auf 123.284 ausgeweitet. 1996 flossen noch fast drei Viertel der Fördermittel in den Neubau. 2010 machten Sanierung und Wohnbeihilfen schon gut 40 Prozent aus.

ORF.at/Sabine Koder
Förderschwerpunkt verschob sich Richtung Sanierung
Das Beispiel Vorarlberg
Die zum 1. April 2014 in Vorarlberg in Kraft tretende neue Wohnbauförderungsrichtlinie verdeutlicht diese Entwicklung: Das System wurde vereinfacht, zudem werden soziale Aspekte stärker gewichtet. 2014 stehen dafür 171 Mio. Euro zur Verfügung, davon 75 Mio. Euro vom Bund. Mit Blick auf die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen werde der Erhalt der Bundesmittel eine „Kernforderung“ bleiben, sagt Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).
Von bisher fünf Förderstufen wurde das System auf eine Basisförderung umgestellt. Diese kann durch Boni für Kinder, niedriges Einkommen, für eine verdichtete Bauweise sowie für energetische, ökologische oder barrierefreie Ausführung erhöht werden. Ein Zwei-Personen-Haushalt mit zwei Kindern und einem monatlichen Einkommen von 3.200 Euro erhielt bisher rund 45.500 Euro, das sind nun 67.600 Euro. Zudem wurde die Laufzeit von 27 auf 35 Jahre verlängert, damit soll die Rückzahlungsbelastung verringert werden.
Mit der Sanierungsförderung, die seit 2014 in Kraft ist, will das Land künftig Gesamtsanierungen stärker unterstützen. Vorarlberg verfügt derzeit über 150.000 Wohneinheiten, davon zwei Drittel privat, ein Drittel Mietwohnungen. Bis 2018 sollen rund 2.500 gemeinnützige Neubauwohnungen entstehen, so etwa Einheiten in zehn Gemeinden, die bisher keine gemeinnützigen Wohnungen angeboten hätten. „Der gemeinnützige Wohnbau dehnt sich auf die ländlichen Gebiete aus, auch um möglichen Abwanderungstendenzen entgegenzutreten“, lautet das Ziel des Landeshauptmanns.
Das Problem bei der Neubauförderung
Österreichweit lagen die Fördermittel für den Neubau l 2010 bei 1,73 Mrd. Euro und damit nominell nur knapp über dem Wert von 1996 (1,67 Mrd. Euro). Der Inflationsbedingte Wertverlust liegt bei 760 Mio. Euro. Außerdem gehen nicht die gesamten Fördermittel in den Bau an sich, entfällt doch gut ein Drittel der Förderungen für den Neubau auf Annuitätenzuschüsse - also Zinsförderungen für teilweise bereits vor Jahren errichtete Gebäude. Dass unter diesen Rahmenbedingungen neuer geförderter Wohnraum nicht wie der Frühlingsbärlauch aus dem Boden sprießt, lässt sich leicht ermessen.
AK rüstet sich für Politdebatte
Die Arbeiterkammer (AK) rüstet sich schon jetzt für die politische Diskussion über die Zukunft der Wohnbauförderung. „Völlig unakzeptabel ist für die AK eine vom Finanzministerium geplante Kürzung oder Streichung der 276 Millionen Wohnbaugelder. Weil die Wirtschaft Steuergeschenke bekam, Stichwort GmbH Light und Gewinnfreibetrag, darf dafür nicht der Wohnbau auf der Strecke bleiben“, polterte AK-Präsident Rudolf Kaske zuletzt. Die Länder hätten ohnehin in den vergangenen Jahren zu wenig gebaut und die Wohnbaugelder zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet.
Auch AK-Direktor Werner Muhm stieß in ein ähnliches Horn: „Teile der Wohnbaugelder sollen gestrichen werden, und das ist mehr als ein Gerücht. Anders als von manchen behauptet wird, ist das kein notwendiger Beitrag für die Sanierung der Hypo, sondern weil Steuergeschenke an die Wirtschaft gemacht wurden und so der Budgetpfad abgesichert werden soll.“
Kaske drohte auch, dass die Arbeitnehmer ihren Beitrag in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttolohns für die Wohnbauförderung nicht mehr zahlen wollten, wenn die Zweckbindung der Wohnbaugelder nicht wiederkomme. Mit anderen Worten: Es scheint innerkoalitionären Verhandlungsbedarf bis zum Mai zu geben.
Links: