„Das war’s“
Harald Schmidt ist nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr im Fernsehen. Einen besseren Tag zum Abschiednehmen hätte sich der 56-Jährige nicht wünschen können. Das Hoeneß-Urteil bot „Dirty Harry“ am 13. März noch einmal Gelegenheit zu einem kleinen Feuerwerk der bösen Pointen. Aber gleichzeitig wurde deutlich, warum seine Show am Ende nur noch ein Nischenprogramm war.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Ich habe gegenüber Hoeneß einen Vorteil: Ich werde heute entlassen“, scherzte er. Und er fand noch mehr Berührungspunkte: „Wir haben beide Millionen verzockt - er Euro, ich Zuschauer.“ Nach seiner Haft drohe Hoeneß wohl noch Sicherungsverwahrung am Tegernsee bei Ehefrau Susi. Schmidt blieb sich in seiner Abschiedsshow treu. So unsentimental wie er hat sich wohl noch nie eine TV-Größe verabschiedet. Für die Aufzeichnung brauchte er gerade einmal 40 Minuten, auf das übliche Warming-up verzichtete er gleich ganz - „nicht nötig“.
Seitenhieb auf eigenes Publikum
Die Zuschauer begrüßte er mit den Worten, er freue sich, dass sie heute zu seiner letzten Sendung eingeschaltet hätten. „Schöner wäre natürlich gewesen, Sie hätten’s in den letzten drei Jahren mal gemacht.“ Alsdann nahm der Meister zusammen mit seinen ehemaligen Sidekicks Olli Dittrich, Nathalie Licard, Jürgen Vogel, Pierre Krause, Bastian Bielendorfer und Klaas Heufer-Umlauf an einem festlich gedeckten Tisch Platz und verspeiste dort mit ihnen Würstchen und Kuchen.
Es war überdeutlich, dass sich keiner der Beteiligten in irgendeiner Weise vorbereitet hatte, und dennoch oder gerade deshalb wurde es eine lustige Runde. Dann gab’s noch ein kurzes Lied von Judith Holofernes, und anschließend verabschiedete sich Schmidt auch schon ganz nonchalant mit den Worten: „Das war’s. Fantastische 19 Jahre! Ihnen alles Gute und schönen Abend.“ Im Ganzen eine würdige Abschiedsshow, das Studio - besetzt mit eingeschworenen Fans - tobte.
Im wahrsten Sinn des Wortes museumsreif
Dass eine so bizarre Veranstaltung nur noch ein Nischenprogramm sein kann, machte die letzte Sendung ebenfalls deutlich. Schmidt hat zuletzt selbst zugegeben, dass sich die Sache totgelaufen hat. In gewisser Weise war sie schon vor zehn Jahren reif fürs Museum, denn bereits damals wanderte Schmidts erster Studioschreibtisch ins Bonner „Haus der Geschichte“. 19 Jahre nach der ersten Ausgabe ist nun die ganze Show Geschichte.
TV-historisch betrachtet, gebührt Schmidt das Verdienst, den politisch korrekten Witz des „Scheibenwischer“-Kabaretts zu Grabe getragen zu haben. Gleichzeitig ist er Opfer seines eigenen Erfolgs geworden, denn heute regt auch der böseste Gag kaum noch jemanden auf. Künftig will Schmidt sein Studio in Köln-Mülheim für Stand-up-Comedy nutzen, ohne Kameras und ganz spontan. Ob das funktioniert?
Zukunft als Hausmann?
Zu Hause im Villenviertel Köln-Marienburg gäbe es für den Familienvater einiges zu tun, er hat fünf Kinder im Alter zwischen sechs und 19 Jahren. Aber im WDR-Radio enthüllte er neulich: „Erziehung - da misch ich mich nicht ein. Ich finde, es muss einer das Kommando haben, das ist meine Frau.“ Als er von der Moderatorin gefragt wurde, was seine Frau dazu sage, erwiderte er: „Sie sagt - wollen Sie’s wirklich hören? -: ‚Ich wünsch mir so oft einen Partner.‘“
Natürlich weiß man bei ihm nie, ob das ernst gemeint ist. Schmidt hat schon vor langer Zeit eine Kunstfigur gleichen Namens erschaffen, die er in der Öffentlichkeit seitdem durchgängig verkörpert. Nun muss er selbst mit sich ausmachen, ob er dieses zweite Ich in Pension schicken kann. Und ob dann noch genug übrig bleibt. In der Abschiedssendung kündigte er an, sich nun ins Privatleben zurückziehen zu wollen. „Ich weiß nur noch nicht, in welches.“
Christoph Driessen, dpa
Links: