Timtschenko auf US-Sanktionenliste
Einen Tag vor der Verschärfung der US-Sanktionen gegen Russland hat ein Vertrauter von Staatschef Wladimir Putin seine Anteile an einer Firma in der Schweiz verkauft. Gennadi Timtschenko, laut US-Magazin „Forbes“ der sechstreichste Mann Russlands, veräußerte am Mittwoch alle seine Aktien an dem von ihm mitgegründeten Ölhandelsunternehmen Gunvor mit Sitz in Genf, wie die Firma am Donnerstagabend mitteilte.
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Er habe damit „möglichen Sanktionen zuvorkommen wollen“. Die USA hatten in der Krim-Krise ihre Strafmaßnahmen gegen Russland am Donnerstag verschärft und weitere ranghohe russische Regierungsvertreter und Vertreter der russischen Wirtschaftselite auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Unter ihnen war auch der 61-jährige Timtschenko. Dessen Geschäfte im Öl- und Gashandel stünden „in direktem Zusammenhang“ mit Putin, erklärte das US-Finanzministerium. Sollte er Konten in den USA besitzen, seien diese ab sofort eingefroren.
Hielt auch Putin Anteile?
Gunvor teilte mit, Timtschenko habe alle seine Anteile an seinen Geschäftspartner Thorbjörn Törnqvist verkauft. Dieser sei nun mit einem Anteil von 87 Prozent Mehrheitsaktionär der Firma. So könne Gunvor seine Geschäfte ohne Angst vor Sanktionen weiterbetreiben. Eine Sprecherin des US-Finanzministeriums bestätigte das auf Anfrage: Auch die Konten von Gunvor in den USA wären eingefroren worden, hätte der Anteil Timtschenkos an der Firma mehr als 50 Prozent betragen.
Gunvor bestritt energisch, dass auch Putin selbst Anteile an dem Unternehmen besitze. Gunvor handelt mit russischem Öl und Gas. Die Firma war im Jahr 2000 von Timtschenko mitgegründet worden. Der Umsatz im Jahr 2012 betrug mehr als 90 Milliarden Dollar (etwa 65 Mrd. Euro). Damit ist das Unternehmen eines der größten in der Branche weltweit.
Visa und MasterCard stoppen Zahlungsdienste
Nach der Ausweitung der US-Sanktionen haben Visa und MasterCard die Zahlungsdienste für die Kunden einiger russischer Banken gestoppt. Die Rossija Bank, Hausbank enger Verbündeter von Putin, teilte am Freitag mit, die beiden Kreditkartenunternehmen hätten „ohne Vorwarnung“ ihre Zahlungsdienste für die Kunden der Bank eingestellt. Betroffen sei auch die hundertprozentige Tochter Sobinbank.
Auch die SMP Bank teilte mit, dass ihre Kunden nicht mehr mit ihrer Visa- oder MasterCard zahlen könnten. Die SMP wird von den Brüdern Arkadi und Boris Rotenberg kontrolliert, die auf der US-Sanktionsliste stehen. Konkret können die Kunden der betroffenen Banken mit ihren Kreditkarten keine Einkäufe mehr tätigen oder Geld von Bankautomaten abheben, die nicht zu ihrer Hausbank oder einer Partnerbank gehören.
Fitch wertet Russland ab
Unterdessen sieht es für die russische Wirtschaft alles andere als rosig aus. Angesichts des politischen Tauziehens zwischen Moskau und dem Westen in der Krim-Krise stufte nach der US-Ratingagentur Standard & Poor’s auch der Konkurrent Fitch Russland schlechter ein. Fitch teilte am Freitag mit, die wirtschaftlichen Aussichten Russlands würden von stabil auf negativ herabgesetzt. Diesen Schritt hatte Standard & Poor’s bereits am Vorabend vollzogen.
Das Herabsetzen der Perspektiven auf negativ berücksichtige die Auswirkungen möglicher Sanktionen gegen Russland, erklärte Fitch. Standard & Poor’s verwies auf die „geopolitischen Risiken“, die Investitionen aufhalten und eine Kapitalflucht zur Folge haben könnten. Die Börse in Moskau öffnete am Freitag mit rund drei Prozent im Minus.
Unverständnis in Moskau über Herabstufung
Der stellvertretende russische Finanzminister Alexej Moisejew erwartet kurzfristig keine großen Auswirkungen der Sanktionen auf den Finanzsektor des Landes. Die Kreditwürdigkeit Russlands habe unter den Strafmaßnahmen des Westens nicht gelitten, sagte Moisejew am Freitag am Rande einer Konferenz in Moskau. „Im Moment sehe ich keine schweren Konsequenzen für den Finanzsektor“, betonte er. Moisejew kritisierte in dem Zusammenhang die Herabstufung Russlands durch die Ratingagenturen S&P und Fitch. Dieser Schritt entbehre jeder Grundlage, sagte er. Der diesjährige Haushalt werde besser aussehen als erwartet.
Als Reaktion auf die von Russland betriebene Abspaltung der ukrainischen Halbinsel Krim hatte die Europäischen Union in der Nacht weitere Sanktionen verhängt. Zwölf zusätzliche, teils „sehr ranghohe“ Verantwortliche wurden mit Einreiseverboten und der Sperrung ihrer Konten in der EU bestraft. Die EU bereitet zudem Wirtschaftssanktionen vor. EU-Diplomaten zufolge zielen die Strafmaßnahmen ebenfalls auf das direkte Umfeld von Putin.
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