Attacke von rechten Politikern
Die Misshandlung des Chefs des ukrainischen Staatsfernsehens durch drei Abgeordnete der rechtsextremen Swoboda-Partei hat allgemeine Empörung ausgelöst. Laut einem von der ukrainischen „Prawda“ veröffentlichten Video waren die Parlamentarier am Dienstag in das Büro von Alexander Pantelejmonow eingedrungen und hatten ihn gewaltsam zur Unterschrift unter sein Rücktrittsschreiben genötigt.
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Sie warfen dem seit Anfang 2013 amtierenden Leiter des Staatssenders vor, während der Proteste auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew Propaganda zugunsten des inzwischen entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch betrieben zu haben.
„Diener Putins“
Auf dem Video ist zu sehen, wie die Ultranationalisten Pantelejmonow schlagen, weil er die Ausstrahlung der feierlichen Unterzeichnung des Annexionsvertrages durch Russlands Präsidenten Wladimir Putin und die prorussischen Führer der Krim erlaubt habe. Pantelejmonow wurde beschuldigt, Putin zu dienen und „Moskauer Dreck“ zu sein. Der Mob zwang ihn, eine Rücktrittserklärung zu unterschreiben - Video dazu in iptv.ORF.at. Einer der in dem Video zu sehenden Angreifer ist der einen Ponyschwanz tragende Abgeordnete Igor Miroschnitschenko, der mit zwei weiteren Swoboda-Mitgliedern Pantelejmonow stößt, an der Krawatte zieht und ihn auf einen Sessel zwingt.
Regierungschef protestiert
Während die Staatsanwaltschaft vorläufige Ermittlungen zu dem Vorfall aufnahm, wurde die Aktion von Journalistenverbänden und Politikern scharf verurteilt. Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk sprach von „untragbaren Handlungen“, Innenminister Arsen Awakow bezeichnete sie als „ungeheuerlich“. Präsidentschaftskandidat Witali Klitschko rief die Abgeordneten zum Rücktritt auf.
Auch Swoboda-Chef Oleg Tjagnibok, dessen Partei an der Koalition in Kiew beteiligt ist, wies seine Abgeordneten zurecht: „Uns muss klar sein, dass wir nicht mehr in der Opposition, sondern an der Macht sind. Wir verfügen über andere Kampfmittel, selbst gegenüber Verrätern“, sagte er.
Täter „von Gefühlen übermannt“
Der an der Gewaltaktion beteiligte Miroschnitschenko entschuldigte sein Verhalten später damit, dass er von seinen „Gefühlen“ übermannt worden sei. Einen Rücktritt lehnte der ehemalige Sportjournalist jedoch ab. Nach Angaben von Amnesty International gehört Miroschnitschenko ausgerechnet dem parlamentarischen Ausschuss an, der sich mit der Pressefreiheit beschäftigt. Die Menschenrechtsorganisation rief die Behörden auf sicherzustellen, dass „ein derartiges Verhalten in der Ukraine nicht toleriert wird“.
In einem Schreiben an Übergangspräsident Alexander Turtschinow wies die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) darauf hin, dass es schon der zweite Vorfall dieser Art binnen weniger Tage sei. Laut ihren Angaben war vor kurzem eine Gruppe in die Büros des Staatssenders in der nordukrainischen Stadt Tschernigiw eingedrungen, um dessen Direktor Arkadi Bilibajew zum Rücktritt zu zwingen.
Extreme Rechte in der Regierung
Für die ukrainische Übergangsregierung ist nicht nur der Vorfall an sich ein riesiges politisches Problem: Russland wirft der Ukraine ja vor, dass nur „Faschisten“ und „Neonazis“ Janukowitsch aus dem Amt geputscht hätten. Der Angriff auf den Fernsehchef spielt diesen Vorwürfen in die Hände. Auch Verteidigungsminister Igor Tenjuch wird der Swoboda zugerechnet.
Andrej Parubij, Gründer der neonazistischen Sozial-Nationalen Partei, die später in Swoboda aufging, ist mittlerweile Chef des Nationalen Sicherheitsrats. Er war „Kommandant“ der „Selbstverteidigungskräfte“ auf dem Maidan. Sein Stellvertreter ist Dimtri Jarosch, der Chef des „Rechten Sektors“, eines Bündnisses, das noch radikaler als Swoboda ist.
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